Sie beschreiben in Ihrem Buch, wie Frauen im Büroalltag systematisch unterdrückt werden. Ist das wirklich noch so? Gerade die Millennials wachsen doch mit dem Mantra der Gleichberechtigung auf.
Wer behauptet, im Job herrsche Gleichberechtigung, sollte seine Statistiken auf den neuesten Stand bringen. Ich kenne unzählige Frauen, die die absurdesten Geschichten erleben. Eine Projektmanagerin etwa, die gerade eine Kundenbesprechung auf höchster Ebene geleitet hatte, wurde von einem ihrer Männerkollegen gefragt, ob sie mal eben Kaffee für alle holen könnte. Eine andere erlebte, wie ihre Idee für ein neues Projekt vom Chef begeistert angenommen wurde - um diese dann einem männlichen Kollegen weiterzureichen, damit er sie umsetzt. Ich könnte ewig weiterreden ...
Man könnte sagen: Selbst schuld, warum hauen die Frauen nicht auf den Tisch!
Das Problem ist, dass wir mit dem Begriff "Führung" immer noch Männlichkeit verbinden. Eine ehrgeizige Kollegin empfinden wir unterbewusst als negativ. Da ist es kein Wunder, dass sich viele Frauen als Mogelpackung sehen, sobald sie Erfolg haben. Und gute Job-Pitches mit "Glück" rechtfertigen und nicht mit dem, was wirklich dahintersteckt: nämlich Können. Wir alle müssen umdenken und Chefsein und Erfolg zu normalen, femininen Charakterzügen machen.
Deshalb rufen Sie zu "Feminist Fight Clubs" auf. Was genau sollen die tun?
Das sind Mentorinnengruppen - mit dem Unterschied, dass alle ungefähr auf derselben Hierarchiestufe sind. Es ist simpel: Sucht euch fünf Leute, trefft euch einmal im Monat in einem Café, fragt, wie ihr einander unterstützen könnt. Indem ihr zum Beispiel in Meetings immer wieder die Namen der anderen fallen lasst oder grundsätzlich aufhört, Kolleginnen als "nett und hilfsbereit" zu beschreiben, das lässt sie nämlich schwach wirken. Sagt doch lieber: "Sie ist intelligent, souverän und fair."
Bringen solche Treffs wirklich etwas?
Auf jeden Fall! Schon allein, weil wir merken, dass unsere Probleme nicht eingebildet sind. Außerdem hat sich gezeigt, dass solches Gruppenmentoring genauso erfolgreich sein kann, wie eine einzelne hierarchisch höhere Mentorin.
Wenn Frauen nett auftreten, sind sie schwach. Wenn sie forsch sind, gelten sie als "bossy". Gibt es einen Mittelweg?
Das Verhältnis zwischen Frauen und Macht ist ein Dilemma. Um erfolgreich zu sein, muss eine Frau gemocht werden, doch um gemocht zu werden, darf sie nicht allzu erfolgreich sein. In meinem Buch empfehle ich daher das "Gender-Judo": Herzlich und empathisch auftreten, aber gleichzeitig dominant und ehrgeizig. Natürlich sollte keine Frau dazu genötigt werden, aber viele weibliche Führungskräfte haben verstanden, dass es auch um Machtspiele geht. Das Gute: Je mehr Frauen an die Macht kommen, desto normaler werden auch ihre unterschiedlichen Führungsstile.
Manche Frauen machen es ja wie Angela Merkel: Sich bloß nicht zu feminin kleiden oder geben. Sind sie damit nicht auch Teil des Problems?
Angela Merkel wird allein durch ihre mächtige Rolle einen viel größeren Einfluss auf junge Frauen haben als ihre Kleiderwahl. Wenn wir uns dabei zu sehr auf ihr Outfit konzentrieren, reproduzieren wir das Problem viel mehr. Vielleicht mag sie auch ganz einfach keine Kleider.
Fazit: Nützlich sowohl für Berufseinsteigerinnen als auch für Erfahrene. In kurzen Kapiteln gibt es fundierte Tipps und passende Formulierungen zu allerlei Stolperfallen im Bürodschungel. Die "New York Times"-Redakteurin zeigt an typischen Bürosituationen, was gegen männliche Ideenklauer, Unterbrecher und Zweifler hilft. ("Feminist Fight Club" 320 S., 15 Euro, Lübbe)