BRIGITTE LIVE: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: "Frauenquote? Funktioniert nicht" | BRIGITTE.de

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: "Frauenquote? Funktioniert nicht"

BRIGITTE LIVE in München: Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sprach mit mit BRIGITTE über die Frauenquote, den totalen Überwachungsstaat - und ihre Wanderlust.

22.04.2013, 08:57

Sonntag, 21.4., kurz nach 11 Uhr: Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger betritt das Münchner Künstlerhaus zum BRIGITTE-LIVE-Gespräch mit den BRIGITTE-Redakteuren Claudia Kirsch und Georg Cadeggianini. Mehr bei BRIGITTE.de: BRIGITTE LIVE: Alle Veranstaltungen im Überblick Das nächste Event: Angela Merkel in Berlin. — Sonntag, 21.4., kurz nach 11 Uhr: Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger betritt das Münchner Künstlerhaus zum BRIGITTE-LIVE-Gespräch mit den BRIGITTE-Redakteuren Claudia Kirsch und Georg Cadeggianini.

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Sonntag, 21.4., kurz nach 11 Uhr: Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger betritt das Münchner Künstlerhaus zum BRIGITTE-LIVE-Gespräch mit den BRIGITTE-Redakteuren Claudia Kirsch und Georg Cadeggianini. Mehr bei BRIGITTE.de: BRIGITTE LIVE: Alle Veranstaltungen im Überblick Das nächste Event: Angela Merkel in Berlin.

Interview statt spätem Sonntagsfrühstück - das gehört für Leutheusser-Schnarrenberger zum Job: "Als Politiker muss man halt öfter mal am Sonntag ran. Aber das ist nicht schlimm, und zum Glück ja auch nicht jedes Wochenende so." Und wenn Sie am Sonntag tatsächlich mal Freizeit hat? "Dann wandere ich, am liebsten stundenlang. Im Gepäck immer dabei: Mein Hund, und ein Flachmann für den Gipfel, gerne ein Obstler." Ähm..."Hund im Gepäck"? "Ja - als er letzens müde wurde, habe ich ihn die letzte Stunde lang im Rucksack getragen, und er guckte stolz oben raus."

Sie selbst hat es in eine Spitzenposition gebracht - von einer gesetzlichen Frauenquote hält Leutheusser-Schnarrenberger aber nichts: "So etwas funktioniert nicht im 21. Jahrhundert." Aber könnte eine Quote den Prozess nicht etwas flotter in Gang bringen? "Nein. Die gläserne Decke wird auch mit einer Frauenquote nicht schneller verschwinden. Die Hauptsache ist, dass die Debatte angestoßen wurde. Ein Unternehmen kann es sich mittlerweile doch gar nicht mehr leisten, auf Frauen in Führungspositionen zu verzichten - ganz ohne Druck durch Gesetze."

Ein dringenderes Anliegen ist ihr die ungerechte Bezahlung der Geschlechter. Im Falle einer Wiederwahl, ist ihr erklärtes Ziel: "Es muss gleichen Lohn für gleiche Arbeit geben."

Liegt das nicht vielleicht auch am Familienbild in der Gesellschaft? Viele Frauen haben ja schon durch ihren Lebenslauf schlechtere Karriere-Karten. "Die Familienförderung möchten wir ab Herbst auf jeden Fall noch einmal genauer beleuchten", sagt Leutheusser-Schnarrenberger. "Nicht, um da zu streichen, auf keinen Fall. Aber Wir müssen mal gucken, ob man das Geld nicht gezielter einsetzen kann. Elternzeit, Ehegattensplitting - das alles müssen wir noch einmal anpassen an ein Familienbild, wo beide Partner völlig gleichberechtigt sind."

Leutheusser-Schnarrenberger schreckt nicht vor Konflikten zurück, auch mit der eigenen Koalition, weswegen der "Spiegel" sie als "Bundesbedenkenträgerin" bezeichnete. "Ach, nur weil man Grundrechte verteidigt, ist man nicht automatisch die nationale Bedenkenträgerin." findet sie. "Mein klares Nein zum Lauschangriff hat einigen konservativen Politikern nicht so gefallen - aber es war die richtige Entscheidung, das Verfassungsgericht hat dann ja auch bestätigt, dass das verfassungswidrig war." Und der damalige CSU-Chef Beckstein, der sie in einer Rundmail als "Sicherheitsrisiko" bezeichnete? Leutheusser-Schnarrenberger winkt ab. "Das mit dem "Sicherheitsrisiko" ist nur der alte Abtausch zwischen Konservativen und Liberalen in Bürgerrechtsfragen."

Belastet dieser Schlagabtausch manchmal auch das Verhältnis zu Kanzlerin Merkel? "Wir haben in schwierigen Fragen immer einen Weg gefunden, alles zu besprechen. Wir sind beide eher vernunftbezogen, und gehen weniger emotional an die Theman ran. Da haben wir eine ähnliche Wellenlänge."

Aber müssen Misstöne nicht einfach manchmal sein? "Klar. Wäre ja schön, wenn es immer harmonisch zuginge, aber das ist halt nicht so. Manchmal neigen Frauen dazu, eher harmoniesüchtig zu sein. Besser wäre es, ehrgeizig zu sein." Und Konflikte in der eigenen Partei? Leutheusser-Schnarrenberger antwortet sehr diplomatisch: "Philipp Rösler und ich streiten uns nicht, wir bewerten Dinge nur manchmal etwas unterschiedlich."

Also, weiterhin Bürgerrechte notfalls auch gegen die eigene Koalition verteidigen? "Ja. Jetzt nach dem furchtbaren Attentat in Boston kommt schon der Ruf nach mehr Kameras und schärferen Gesetzen. Es ist wichtig, dass wir gerade jetzt besonnen und wachsam reagieren. Wir haben bereits gute Sicherheitsgesetze, und absolute Sicherheit wird es nicht geben. Und es bringt nichts, an jedem Bahnhof Kameras aufzustellen. Das können wir uns erstens nicht leisten, und zweitens haben wir gar nicht genug Polizisten, um die alle im Blick zu behalten. Und Kameras ohne Beamte dahinter sind nutzlos."

Leider keine simple Lösung für dieses schwierige Problem in Sicht? "Nein. Es ist für uns Politiker immer eine Versuchung, in aktuellen Fragen sofort 'Hier!' zu schreien, und erstmal öffentlich Recht zu haben. Und dann muss man ein paar Tage später wieder zurückrudern, wenn die jeweilige Debatte komplexer wird. Ich habe gelernt: Lieber erstmal abwarten, bis es einen Überblick über alle Aspekte des Problems gibt."

Privat weiß man vergleichsweise wenig über die Justizministerin - blockt sie die Medien in dem Punkt lieber gleich ab? "Nein, ich schotte mein Privatleben nicht ab. Aber bei mir geht es immer darum, dass ich die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger schützen möchte - das werde ich jetzt nicht bei mir zuhause alle Türen für die Presse aufreißen." Trotzdem erzählte Leutheusser-Schnarrenberger kurz von ihrem guten Verhältnis zu ihren Schwestern, die "manchmal eher Affinität zu anderen Parteien hatten", und ihr einen direkten Blick auf die Folgen der Bildungspolitk gaben: "Wichtig ist da Beständigkeit. Laufend die Strukturen zu ändern, macht alles viel schlimmer für Lehrer und Schüler, das habe ich bei meiner Schwester miterleben können."

Was sich viele fragen, die den Namen der Justizministerin das erste mal hören: Warum entscheidet man sich für so einen ungewöhnlich langen Doppelnamen? "Das war für mich eine Frage der persönlichen Identität. 'Leutheusser' hat mich bis zur Ehe geprägt, und das gebe ich doch nicht auf, nur weil ich heirate. Man muss sich vielleicht erstmal an dieses Namens-Ungetüm gewöhnen. Aber: Wenn es erstmal sitzt, sitzt es richtig!"

Ihr Rat für Frauen, die sich politisch engagieren möchten: "Wichtig ist vor allem die innere Einstellung. Politik muss grundsätzlich Spaß machen, und man muss für ein Thema brennen, das man ändern möchte. Man muss jetzt etwa kein Experte für Steuerrecht sein, aber man muss die Leidenschaft für ein konkretes Thema mitbringen, wenn man in einer Partei weiterkommen möchte." Käme für sie dann auch in Frage, nach der Wahl vielleicht das Ressort zu wechseln? "Da bin ich konservativ. Wenn man ein Ministeramt ausübt, sollte man von seiner Ausbildung und Erfahrung etwas mitbringen. Ich kann mir das nicht vorstellen, dass etwa eine Justizministerin aus einem ganz andern Bereich kommt. Schuster, bleib bei deinen Leisten!" BRIGITTE LIVE wird fortgesetzt: Am 2. Mai trifft BRIGITTE in Berlin auf Bundeskanzlerin Angela Merkel. Mehr Informationen zur Veranstaltung und Kartenbestellung finden Sie hier. Mehr bei BRIGITTE.de: BRIGITTE LIVE: Alle Veranstaltungen im Überblick Das nächste Event: Angela Merkel in Berlin.

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