Am 14. Dezember 2011 bezieht Miranda Gibson ihr neues Zuhause: einen 400 Jahre alten Eukalyptus, "Observer Tree" nennt sie ihn. Von hier aus will sie die Zerstörung des tasmanischen Urwalds dokumentieren: Kurz zuvor hat die Holzindustrie begonnen, den Wald in der Nähe des Baumes zu roden.
Als die Medien über Gibsons Protestaktion berichten, rücken die Rodungsmaschinen wieder ab. Gibson aber bleibt. Sie hat ihren Job als Lehrerin hinter sich gelassen, ihre Freunde und ihre Familie. In den Wipfeln des Urwalds trotzt sie nun Wind, Schnee und Hagel. Monatelang. Auf ihrer Plattform kann sie kaum zwei, drei Schritte gehen, es ist ein karges Zuhause: ein kleines Wasserbecken, eine Komposttoilette, ein Stepper gegen den Muskelabbau und ein solarbetriebener Laptop, mit dem sie den Kontakt zur Welt hält.
Einmal pro Woche bringen Unterstützer ihr Essen, doch die meiste Zeit ist es einsam auf dem Baum. Nur die Vögel leisten Gibson Gesellschaft. Während im tasmanischen Dschungel die Sonne auf- und wieder untergeht, verhandeln Industrie, Gewerkschaften und Umweltschützer über die Zukunft dieses einzigartigen Ökosystems. Die Holzwirtschaft ist wichtig für das arme Tasmanien, eine Insel südlich von Australien. Doch der Urwald bietet vielen gefährdeten Tierarten einen Lebensraum, darunter dem vom Aussterben bedrohten tasmanischen Teufel.
Abkommen werden unterzeichnet, der Schutz der Wälder unter Aussicht gestellt. Doch es gibt keine Garantien, dass die Konzerne ihr Versprechen halten. Die Maschinen können jederzeit wiederkommen. Also bleibt Miranda Gibson auf dem "Observer Tree". Sie will ausharren, bis der Wald dauerhaft geschützt ist.
Ende Januar, Miranda Gibson lebt inzwischen seit mehr als 13 Monaten auf dem Baum, reicht die australische Regierung einen Antrag bei der Unesco ein - die Weltnaturerbe-Zone in Tasmanien solle ausgedehnt werden. Damit wäre der Wald um den "Observer Tree" geschützt. Das Welterbe-Komitee entscheidet im Juni darüber.
Miranda Gibson wird die Entscheidung vom Boden aus verfolgen: Am 7. März brannte der Wald ganz in der Nähe ihres Eukalyptus; sie musste sich in Sicherheit bringen. Ihre Zeit auf dem "Observer Tree" liegt nun hinter Gibson. Doch sie kämpft weiter für den Schutz des tasmanischen Dschungels.
Ihre Erlebnisse auf dem "Observer Tree" hat Miranda Gibson in einem Blog festgehalten. Dort schreibt sie auch weiterhin über ihren Kampf für den tasmanischen Urwald.