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Clarissa Ward Wer ist die Frau, die die Taliban zu Frauenrechten befragt?

Clarissa Ward: Ein Name, der in den letzten Wochen um die Welt ging. Sie ist Journalistin, Mutter und stand bis vor ein paar Tagen noch mit einem Mikrofon vor den Taliban. Eine Frau, deren Job ihr alles abverlangt, und unsere starke Frau des Monats.

Gemeinsam mit ihren Kollegen berichtet Clarissa Ward, 41, von den Straßen Kabuls, der Hauptstadt Afghanistans. Die Amerikanerin und ihr Team von CNN geraten dabei mehrmals in Gefahr. Schüsse fallen, sie werden bedrängt. Als Chefkorrespondentin von CNN ist Clarissa Ward seit Jahren an den gefährlichsten Orten der Welt unterwegs, interviewte in der Vergangenheit unter anderem einen hochrangigen Kommandanten der Terrorgruppe ISIS-K und stellte dabei Fragen, um die viele Journalist:innen einen Bogen machen würden. Von vorderster Front aus Kriegs- und Krisengebieten Bericht zu erstatten, ist also nichts Neues für die 41-Jährige. Doch am 18. August 2021 hat sich alles verändert. Mit der Machtübernahme der Taliban in Kabul wird ihr gefährlicher Job nun lebensgefährlich.

Clarissa Ward: Im direkten Gespräch mit den Taliban

Die Lage in Afghanistan verschärft sich weiter. Umso faszinierender und fast schockierend sind die Aufnahmen von Ward, die im direkten Austausch mit den Taliban steht und selbst vor den kritischsten Fragen nicht zurückschreckt. So spricht sie in einem Video für CNN am 16. August 2021, unbewaffnet und mit einer Burka bekleidet, über Frauenrechte in Afghanistan und die Zukunft von Kindern dort. Ihr gegenüber stehen zahlreiche bewaffnete Männer. Sie bleibt sachlich und vor allem ruhig. Es sind Aufnahmen, bei denen man als Außenstehende:r den Aten anhält und sich fragt: Was geht in solchen Momenten durch den Kopf dieser Frau? Einer Frau aus wohlhabenden Verhältnissen, einer Frau, die Ehemann und Kinder hat.

Die Welt besser verstehen

Doch wie kommt man zu so einem Berufswunsch? Clarissa Ward ist 21 als das World Trade Center zusammenstürzt. Aus ihrem Studentenwohnheim verfolgt sie die schockierenden Szenen des 11. Septembers 2001 im Fernsehen. Wie sie in ihrem Buch erklärt, wird mit diesem Moment ein Wunsch in ihr geweckt: Sie möchte die Welt besser verstehen. Sie wird Redakteurin beim amerikanischen Sender "Fox News" und dann Auslandskorrespondentin in Beirut. Kurz vor dem Missbrauchsskandal-Skandal um "Fox"-Chef Roger Ailes verlässt Ward den Sender, arbeitet für verschiedene Nachrichtensender und landet schlussendlich bei CNN, wo sie Chefkorrespondentin wird. 2020 veröffentlicht Ward ihr erstes Buch "On All Fronts: The Education of a Journalist" und gibt einen emotionalen und inspirierenden Einblick in ihre Arbeit und ihre Motivation hinter dem gefährlichen Job.

Clarissa Ward: „Der aufregendste Einsatz, den ich je hatte“

Auf Instagram und Twitter berichtet sie von ihren Einsätzen, schreibt dazu: "Manchmal ist man dabei, wenn Geschichte geschrieben wird." Sie gehört zu den sehr wenigen Journalist:innen, die direkt vor Ort aus Kabul berichteten. Ihre Berichterstattung und ihr Mut bekommen Zuspruch und Anerkennung aus der ganzen Welt. Doch am 22. August 2021 wird selbst für die furchtlos wirkende Ward die Situation zu heikel. Nach rund 14 Stunden am Flughafen in Kabul und mehreren Interviews mit Betroffenen vor Ort befindet sich Ward mit ihrem Team in einer Militärmaschine Richtung Doha, Katar. Sie teilt Fotos aus dem überfüllten Flugzeug – voll mit Menschen, die nicht wissen, wie ihr Leben weitergeht. Anders als bei Ward.

„Was bleibt, ist das schlechte Gewissen der Überlebenden“

Nun ist Clarissa Ward wieder in den USA. Vereint mit ihren Kindern und ihrem Ehemann. Doch natürlich lassen sie die Bilder aus Kabul nicht los. Im Interview mit "CNN"-Moderator Brian Stelter, 35, wird sie gefragt, was der härteste Teil des Jobs sei. Ihre Antwort lautet nicht Angst oder Panik: Es sei das schlechte Gewissen der Überlebenden. Die Tatsache, dass sie – anders als die Betroffenen vor Ort – in ein gesichertes Zuhause zurückkehren kann, in ein Flugzeug steigen kann und all das – zumindest rein geografisch – hinter sich lassen kann. "Wenn das einen nicht alles infrage stellen lässt, was dann?" Genau das sei ihre Pflicht als Journalistin. Diese Momente seien der Preis, den sie bezahlen muss. Momente, mit denen sie zurechtkommen muss, um ihren Job weiterhin so auszuführen, wie sie es auf bewundernswerte Weise die vergangenen Jahre getan hat.

Verwendete Quellen: eigene Recherche, twitter.com, instagram.com, cnn.com

Brigitte

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