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Ukraine-Krieg US-Familie rettet sich zu Fuß über die Grenze

Ukraine-Krieg: Familie mit Baby vor Haus
Die Tochter von Jacob und Jessie Boeckmann wurde in der Ukraine von einer Leihmutter zur Welt gebracht.
© Jessie Boeckmann / Instagram
Ein US-amerikanisches Ehepaar befand sich mit seiner neugeborenen Tochter in Kiew, als der Krieg in der Ukraine ausbrach. Es folgte eine 27-stündige Odyssee zur ukrainisch-polnischen Grenze.

Der russische Angriff auf die Ukraine erwischte Jacob und Jessie Boeckmann kalt. Zwar hatte sich die Eskalation in dem Konflikt über Wochen angedeutet, dennoch blieb dem Paar aus den USA keine andere Wahl als nach Kiew zu reisen: In der ukrainischen Hauptstadt brachte eine Leihmutter ihr Baby zur Welt. Das Mädchen wurde am 22. Februar geboren, zwei Tage später attackierten Putins Truppen die Ukraine. Familie Boeckmann musste mit einem gerade erst zwei Tage alten Neugeborenen fliehen.

"Wir wussten, dass es schwierig sein würde, das Land zu verlassen, aber wir hatten keine Ahnung, was vor uns lag", beschreibt Jessie Boeckmann auf Instagram die Situation. Die Kalifornierin und ihr Mann machten sich sofort auf den Weg, als sie die ersten Explosionen in der Nähe hörten – entgegen aller Warnung des medizinischen Personals. Das Ziel: der vorübergehende Standort der US-amerikanischen Botschaft in Lviv.

Ukraine-Krieg: Flüchtlinge versuchen, die Grenze zu erreichen

Doch schon auf dem Weg erreichte das Paar die Nachricht, dass die Botschaft auch dort geschlossen hatte. Nun war klar: Sie mussten auf eigene Faust einen Weg aus dem Kriegsgebiet finden. Und dieser Weg führte nur über die ukrainisch-polnische Grenze. Die lag zwar nur sechs Autostunden entfernt – im Endeffekt aber sollte die Reise ganze 27 Stunden dauern, berichtet Boeckmann.

Die Straßen waren voll, alle, die irgendeine Möglichkeit dazu hatten, versuchten, das Land zu verlassen. Alleine um Kiew zu verlassen, brauchte das Ehepaar mit seinem Fahrer vier Stunden. Kurz vor der Grenze ging dann gar nichts mehr. 20 Kilometer vor dem Übergang nach Polen hatte sich ein riesiger Stau gebildet, Menschen mussten in ihren Autos übernachten. Als auch am nächsten Morgen die Lage sich kaum verbessert hatte, fassten Jacob und Jessie Boeckmann den Entschluss, zu Fuß zur Grenze zu laufen.

Chaos an der ukrainisch-polnischen Grenze

"Jacob zog die Koffer, und ich trug das Baby", erzählt die 39-Jährige auf Instagram. Mehr als zwölf Kilometer legte das Paar mit dem Neugeborenen bei Temperaturen unter null Grad Celsius zurück. Doch auch an der Grenze endete die Odyssee nicht, es herrschte komplettes Chaos. "Dort waren so viele Menschen, die verzweifelt versucht haben, die Grenze zu überqueren", erinnert sich Jessie Boeckmann im Gespräch mit Texas Public Radio. "Die Frauen haben geweint, die Kinder haben geschrien. Menschen haben andere Menschen gestoßen." 

Die Grenzschützer wollten das Paar nicht passieren lassen. Männer zwischen 18 und 60 Jahren war es aufgrund einer Anordnung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj generell verboten, das Land zu verlassen. Die US-amerikanischen Pässe des Paares aus Kalifornien hielten die polnischen Grenzbeamten für gefälscht. Sechs weitere Stunden dauerte es, bis die Boeckmanns die Grenze passieren konnten. Zu verdanken hatten sie das dem Eingreifen der US-Botschaft, die sich für sie einsetzte. 

"Das war eine schreckliche Situation und ich bin froh, dass wir es rausgeschafft haben", sagt Jessie Boeckmann. Dem Baby geht es gut, die Familie kam in Warschau unter, bekam ein vorübergehendes Visum und ist mittlerweile wieder nach Kalifornien zurückgekehrt. Jessie Boeckmann weiß jetzt: "Unsere Entscheidung, bis zur Grenze zu gehen, war die beste, die wir treffen konnten."

Quellen: "Jessie Boeckmann auf Instagram" / "Texas Public Radio" / "CNN"

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf Stern.de

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