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Job: Raus aus der Mädchenfalle

Mit Bienenfleiß, Bescheidenheit und einen Hang zum Perfektionismus stehen sich Frauen auf der Karriereleiter oft selbst im Weg. Und bleiben Mädchen für alles. Zehn Tipps, wie ihr typisch weibliche Jobfallen vermeidet

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Das darf doch nicht wahr sein. Da ist man sehr gut ausgebildet, motiviert, eifrig. Erledigt seine Aufgaben immer pünktlich, ist engagiert, sitzt bis spät abends im Büro. Und trotzdem erklimmt der Kollege locker-flockig eine Karrierestufe nach der anderen, während man selbst in der Abteilung als "Mädchen für alles" abgestempelt ist.

Was ist das los?

Die Mädchenfalle hat zugeschnappt. Annette C. Anton, Autorin des Buchs "Mädchen für alles", erklärt: "Frauen sind im Beruf oft viel zu emotional." Sie geben sich bescheiden, nehmen sich Kritik sehr zu Herzen, trauen sich zu wenig zu. Ihr Fazit: "Wir sind weder gelassen noch souverän."

Auch der typisch weibliche Bienenfleiß kann zur Karrierebremse werden. "Frauen neigen dazu, sich selbst und ihre eigenen Leistungen sehr kritisch zu sehen", sagt Gabriele Hecker, Dekanin des Frauenstudiengangs WirtschaftsNetze (eBusiness) in der Fakultät Wirtschaftsinformatik der Hochschule Furtwangen. Also verzetteln wir uns in Kleinigkeiten, geben lieber 150 Prozent und verlieren dabei das große Ganze aus den Augen.

Höchste Zeit, die Zügel selbst in die Hand zu nehmen und die typisch weiblichen Jobfallen zu umgehen!

Karriere-Tipps für Frauen

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Annette C. Anton Mädchen für alles Campus Verlag 207 Seiten 17,90 Euro

Leseprobe aus "Mädchen für alles"

"Wir brauchen einen neuen Feminismus", titelte Die Zeit im August 2006. Von der 13-jährigen Florine Vollbrecht bis zur 89-jährigen Margarete Mitscherlich zogen 15 gestandene Frauen in diesem Artikel eine sehr persönliche und meist stark ernüchternde Bilanz. Und sehr richtig wird zum gesellschaftlichen Status quo der Frauen hierzulande das eher entmutigende Fazit gezogen: "Die Frauen haben sich angestrengt - die Hälfte von allem haben sie trotzdem nicht. Das liegt an einem Zusammenspiel aus familienfeindlichen Arbeitsbedingungen, Mütterklischees und Männerbünden." Und möglicherweise haben sich auch deshalb vor kurzem etliche junge Frauen von den "Alphamädchen" bis zu den "Neuen deutschen Mädchen" ebenfalls nichts Geringeres als die Ausrufung eines neuen Feminismus auf die Fahnen geschrieben - wohl auch als dringend nötige Reaktion auf das dümmliche Frauenbild vom schutzbedürftigen Heimchen am Herd, das uns zuvor eine Eva Herman nahezubringen versuchte. Neu ist zwar das Selbstbewusstsein, mit dem hier eine Haltung proklamiert wird; und anders als die Postfeministinnen, die ernsthaft der Überzeugung sind, dass Frauen längst alles erreicht haben, nehmen sich diese Autorinnen wieder etwas vor. Aber wie das nun gehen soll mit dem beruflichen Erfolg - oder womöglich sogar der Karriere -, und wie Frauen in Zukunft jenseits der Mutterschaft eine größere gesellschaftliche Rolle spielen sollen, darauf bleiben die Neufeministinnen uns eine Antwort schuldig. Bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie müssen zwar alle ran, vom Lebenspartner bis zum Staat, von dem man bessere Modelle und mehr finanzielle Unterstützung möchte, nur für die Frauen selbst wird ein Umdenken nicht eingefordert. Dabei müssen wir doch bei uns zuerst ansetzen, wenn sich etwas ändern soll.

"Für uns (...) und andere Frauen in unserem Alter, ist die Gleichheit der Geschlechter nicht mehr ein fernes, in der Zukunft zu erreichendes Ziel", liest man beispielsweise in Jana Hensels und Elisabeth Raethers Buch Neue deutsche Mädchen und später: "Es ist nun an den jungen Frauen, an den Mädchen unserer Generation, die Bedingungen einer Teilhabe am Berufsleben ebenso neu zu formulieren wie den Verzicht auf Karriere." Im Folgenden wartet man vergeblich auf die "neu formulierten Bedingungen einer Teilhabe", sondern liest statt dessen um so mehr über den angeblich so freiwilligen Karriereverzicht der jungen Frauen - ach nein, der Mädchen - von heute: "Sie resignieren vor der Wirklichkeit, vor der Arbeitswelt, wie sie sich ihnen im Moment darstellt. Vielleicht weil sie eher bemerken, dass eine erfolgreiche Karriere nicht unbedingt voraussetzt, die Klügste, Beste und Fleißigste zu sein; dass es selten um fairen Wettkampf geht, sondern dass es oft darauf ankommt, sich in Machtspielen zu behaupten. Und dass sie darauf keine Lust haben."

So erklärte mir unlängst eine sympathische 29-jährige Studentin der Literaturwissenschaft und stolze Absolventin von bereits fünf studienbegleitenden Praktika bei einer Diskussion zum Thema "Weibliche Karrieren" ganz selbstbewusst, dass Karriere zu machen doch "irgendwie doof" sei und schon deshalb für ihre Generation nicht infrage käme.

Daher weht also der Wind. Aber wann ging es denn bei "der Arbeitswelt" und "der Karriere" je um etwas anderes als um Selbstbehauptung und Selbstermächtigung? Natürlich kommt nicht die "Klügste, Beste und Fleißigste" weiter und kriegt am Ende des Tages ein Bienchen ins Fleißkärtchen gemalt, denn wir sind halt nicht mehr in der Grundschule, sondern erwachsen. Und ein erwachsener Mensch richtet sein Leben auch nicht nach dem aus, wozu er gerade "Lust" hat oder was er "irgendwie doof" findet, sondern nach einer ganzen Menge anderer Parameter, unter die dann auch "Notwendigkeiten" gehören. Wer arbeitet und sich jeden Tag in der Arbeitswelt behaupten muss, sei es, um Karriere zu machen oder auch nur um zu bestehen oder – ganz banal - um sich seinen Lebensunterhalt und seine Rentenansprüche selbst zu verdienen, der ist definitiv kein Mädchen mehr.

Die meisten von uns haben gar nicht erst die Wahl des freiwilligen Karriereverzichts in der Hoffnung, dass Mama und Papa auf immer für uns sorgen oder dass ein gut verdienender Märchenprinz herbeigeritten kommt und uns auf Händen trägt – auch finanziell. Wer kein verwöhntes Gör ist, sondern eine ganz normale Frau, muss jeden Tag in den Dschungel dort draußen, weil wir uns oder eine Familie ernähren oder zumindest einen substanziellen Beitrag dazu leisten müssen.

Momentan erleben wir eine weit offene Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen in Deutschland und einen lächerlich geringen Anteil von Frauen im Topmanagement oder in Chefetagen. Erschreckenderweise geht dies einher mit einem neuen Bewusstsein bei den Frauen selbst, die plötzlich proklamieren, dass sie dies genau so wollen: zu Hause bleiben als Hausfrau und Mutter; sich in Jobs einrichten, die sie unterfordern, nur damit sie nicht überfordert sind; Teilzeit arbeiten. Dabei macht es dann im Ergebnis kaum noch einen Unterschied, ob ein solches Argument von einer Eva Herman oder einer Jana Hensel kommt.

Und darum ist dieses Buch ein Gegenvorschlag zum selbstgewählten Karriereverzicht und zum häuslichen Sich-Einrichten in einer unbefriedigenden Situation. Es ist der Aufruf dazu, endlich anzutreten und Verantwortung zu übernehmen, vorher aber das eigene Verhalten und Handeln einer kritischen Prüfung zu unterziehen und notfalls zu ändern. Wir müssen nicht ständig hinter unseren Möglichkeiten zurückbleiben und uns dabei noch einreden, dass das besser für uns ist, wir uns das absichtlich so ausgesucht haben und wir ohnehin die Klügeren sind - und deshalb weiterhin Macht, Einfluss und Karriere den Männern überlassen, die unsere selbst gewählte Beschränkung mit freundlichem Wohlwollen quittieren.

Wer keine Machtspiele mehr will, der muss sie zunächst einmal durchschaut haben, um dann das Spiel von innen heraus neu zu definieren und nach und nach die Spielregeln umzuschreiben. Nur so wird sich nämlich etwas ändern – und auch nur, wenn es möglichst viele Frauen in möglichst vielen Branchen und auf allen Hierarchieebenen gleichzeitig tun. Also rein in die Betriebe, Firmen, Büros, und rauf auf die Chefsessel. Wenn wir das Spiel nicht mitspielen, um es allmählich zu verändern, wird sich nämlich garantiert gar nichts ändern, und wir werden auf ewig bleiben, was wir die längste Zeit bereits waren: Mädchen für alles.

Die Auszüge veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung des Campus Verlags

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