VG-Wort Pixel

Raus aus der Mädchenfalle

"Raus aus der Mädchenfalle!", lautet der Titel eines neu erschienenen Buchs. Autorin Annette C. Anton (45) beschreibt darin, wie Frauen sich selbst im Weg stehen. Im Brigitte.de-Interview erklärt sie, was schlecht daran ist, nett zu sein - und im Job rosafarbene Oberteile zu tragen.

Brigitte.de: Sie behaupten in Ihrem Buch, Frauen steckten in der Mädchenfalle. Was meinen Sie damit?

Annette C. Anton
Annette C. Anton
© Bettina Flitner

Annette C. Anton: Zunächst mal ist die Mädchenfalle ein altersunabhängiges Phänomen. 24-jährige Berufsanfängerinnen sind davon betroffen, aber auch 64-jährige Frauen. Ich meine damit mädchenhaftes, seit den Kinderjahren antrainiertes Verhalten, das die Frauen auch im Job nicht ablegen. Sie sind harmoniebedürftig, konfliktscheu, machen es allen gern Recht, kurz: verhalten sich lieb. Da fehlt der Biss, die gesunde Aggression, eine natürliche Konkurrenzlust wie bei den Männern - und deshalb ist es kein Wunder, dass Frauen im Berufsleben häufig nicht so weit nach oben kommen wie ihre Kollegen.

Brigitte.de: Was kann eine Frau tun, die in der Mädchenfalle steckt - oder nicht hineingeraten will?

Annette C. Anton: Sie sollte sich überlegen, was sie eigentlich im Job will. Entwickeln Sie eigene Ziele! Das hört sich vielleicht trivial an, aber Frauen tun das viel zu selten. Sie stellen die inhaltliche Identifikation mit dem Job in den Vordergrund. So kommt man aber nicht voran. Fragen Sie sich: Wo will ich in fünf Jahren stehen? Und stellen Sie dabei nicht das Atmosphärische über alles. Fragen Sie sich zum Beispiel, was wäre, wenn Sie Teilhaberin der Firma wären. Es wird ja immer spannender, je mehr Autonomie man hat - Verantwortung ist eine schöne Sache!

Brigitte.de: Aber nicht jede Frau möchte Karriere machen...

Annette C. Anton: Auch wenn man sich freiwillig fürs Mittelfeld entschieden hat, will man Anerkennung und Respekt für seine Arbeit, und möchte angemessen bezahlt werden. Dafür muss man raus aus der Mädchenfalle - dafür sind auch so banale Sachen wichtig, wie in einer Besprechung kein Rosa zu tragen. Rosa ist eine Mädchenfarbe, keine Farbe für eine Frau, die ernst genommen werden will.

Brigitte.de: Was Sie den Frauen auch ans Herz legen: ihren Hang zum Perfektionismus abzulegen. Warum?

Annette C. Anton: Perfektionismus ist eine typisch weibliche Eigenschaft. Man delegiert nichts und will alles möglichst gut machen. Dabei erledigt man die Arbeit nicht besser, wenn man sich zu viel aufbürdet. Eine gewisse Wurstigkeit ist okay - meistens reichen 80 Prozent der eigenen Leistungsfähigkeit, um einen Job zu erledigen, es müssen nicht immer 100 Prozent sein. Die übrigen 20 Prozent an Energie lassen sich prima zur Ideenfindung, zur Karriereplanung oder zu ähnlichem nutzen! Ich arbeite seit über 20 Jahren in der Verlagsbranche, dabei ist mir immer wieder aufgefallen: Wie Männer sich die Arbeit vom Hals halten - das ist phänomenal. Daran sollten Frauen sich ein Beispiel nehmen, anstatt zuzusehen, wie die gleichaltrigen Kollegen an ihnen vorbeiziehen.

Brigitte.de: Frauen stehen sich nicht nur selbst im Weg, stellen Sie in ihrem Buch fest, sie verhalten sich auch selten untereinander solidarisch und neiden sich gegenseitig den Erfolg. Wie könnten sie es besser machen?

Annette C. Anton: Auf der unteren Sachbearbeiterebene sind Kolleginnen oft solidarisch. Später, wenn sie aufgestiegen sind, hacken sie einander die Augen aus, anstatt klug zu kooperieren. Ein erster Schritt: Gehen Sie wohlwollend mit den Kolleginnen um, überprüfen Sie dabei das eigene Verhalten, fragen Sie sich zum Beispiel: Nehme ich den Diskussionsbeitrag eines Mannes automatisch wichtiger? Oder: Ist es nicht ungerecht, auf die Kollegin herabzusehen, nur weil sie eine piepsige Stimme hat? Haben Sie eine Führungsposition inne, suchen Sie aktiv und gezielt nach Talenten unter den jungen Frauen. Die Spielregeln werden wir nicht ändern: Wir sollten also besser mitspielen. Netzwerken muss für Frauen selbstverständlicher werden.

Brigitte.de: Was raten Sie einer Frau, die beruflich weiterkommen möchte, aber auch ein Kind will?

Annette C. Anton: Nicht so günstig ist es meiner Beobachtung nach, ein Kind einzuschieben, weil's im Job gerade nicht läuft. Und dann das nächste Kind - und dann wird es unheimlich schwer, beruflich wieder Fuß zu fassen. Cleverer: Vorher gut zu planen. Setzen Sie sich Ziele, erarbeiten Sie ein Modell für Ihren Wiedereinstieg, gemeinsam mit der Vorgesetzten. Das hilft auch dem Arbeitgeber, der damit Planungssicherheit hat. Und falls Sie während der Auszeit merken, dass Sie doch länger wegbleiben möchten, sagen Sie rechtzeitig Bescheid - man kann sich auf vieles einrichten, wie ich aus eigener Erfahrung als Chefin weiß.

Brigitte.de: Ihr Buch gründet auf persönlichen Erfahrungen. Was war die wichtigste Lehre, die Sie aus Ihrem Berufsleben gezogen haben?

Annette C. Anton: Wenn ich meine Erwerbsbiografie betrachte, muss ich sagen: Ich habe zehn Jahre verloren. Habe rumgetrödelt, mich abspeisen lassen, mir keine Ziele gesetzt oder die falschen. Heute würde ich viel mehr fordern - und den Männern nicht so viel Arbeit abnehmen.

image

Annette C. Anton arbeitet als Programmleiterin bei Campus. Ihr Buch "Raus aus der Mädchenfalle!" ist im August 2007 im Berliner Taschenbuch Verlag erschienen. Es kostet 7,95 Euro, ISBN: 978-3-8333-0448-4

Interview: Wiebke Peters Foto: Bettina Flitner

Mehr zum Thema