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So hilft Sport im Job

Mehr Ausdauer, mehr Konzentration, mehr Rückgrat: Welcher Sport im Job hilft.

Das Tor ist das Ziel. Zumindest bei Torwart-Titan Oliver Kahn. Er fordert die Leser seines Bestsellers "Ich - Erfolg kommt von innen" auf, ein Tor zu malen, ein Ziel hineinzuschreiben und nicht eher aufzugeben, bis der Ball im Kasten ist. Klar ist das platt. Trotzdem bleibt man dran, wenn Kahn die Bilder beschreibt, mit denen er Erfolg visualisiert. Sofort sieht man ihn im Tor stehen, Kaugummi kauend, die Ruhe selbst. Wie lässig wäre es, den stressigen Präsentationstermin genau in dieser Haltung hinter sich zu bringen? Oder die Killerfrage im nächsten Bewerbungsgespräch ebenso stoisch zu erwarten. Einen Moment lang scheint alles einfach, so beim Lesen auf dem Sofa. Die Parallele zwischen Sport und Berufsleben trägt, wir fühlen uns energiegeladen, werden ab jetzt alles sportlicher nehmen. Zurück im Büro, wird es komplizierter: Soll man sich jetzt bei jeder E-Mail in den Schlamm schmeißen, nur weil Kahn absoluten Einsatz fordert?

Eher nicht. Der Vergleich mit Profisportlern hinkt. Schließlich müssen die sich ständig zu absoluten Höchstleistungen motivieren. Uns reicht es dagegen meist völlig, in solider mittlerer Flughöhe durch den Arbeitstag zu segeln. Klar, wir lesen genau deshalb die Bücher großer Sportler, weil ihre Leistungen fast schon unheimlich sind. Doch Bewunderung hilft für den Alltag wenig. Und Lesen auch nur begrenzt. Ein viel besseres Training für den Job ist es, selbst Sport zu machen. Denn dabei lernt man eine Menge, was zwischen Aktenstapeln und Meetings enorm hilfreich sein kann: Lockerheit, Zielstrebigkeit und Teamfähigkeit zum Beispiel.

Sport macht zäh

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Klingt erst mal verblüffend, klappt aber wirklich: Wer Sport macht, ist bei der Arbeit leistungsorientierter - und nimmt sogar Prüfungen entspannter als Couch-Potatoes: Wissenschaftler der Universität Basel haben herausgefunden, dass Menschen, die vor einer stressigen Präsentation Sport gemacht hatten, die Situation als weniger belastend erlebten als Versuchsteilnehmer, die von zu Hause kamen. Natürlich schafft man es morgens vor einem Vorstellungsgespräch eher nicht, rasch noch eine Runde zu laufen. Am Abend davor kann es aber eine sehr sinnvolle Vorbereitung sein. Trainierte Menschen haben in Drucksituationen noch weitere Vorteile: Sie machen auf andere einen fitteren Eindruck - und sie erholen sich nach einer Prüfung oder einem hektischen Arbeitstag wesentlich schneller. Denn die hormonelle Stressregulation verbessert sich durch körperliches Training deutlich.

Auch mit "Keine Lust"-Durchhängern oder Frustattacken können Sportler oft besser umgehen - sie haben einfach gelernt, den inneren Schweinehund zu überwinden: "Das frühe Aufstehen und das harte Training haben mir irgendwann auch geholfen, in der Schule bessere Leistungen zu bringen", erinnert sich auch die Box-Weltmeisterin Ina Menzer, 28.

Ein starkes Team durch Mannschaftssport

Wer vom Sport richtig viel für den Job mitnehmen möchte, sollte sich eine Teamsportart suchen. "Mannschaftssport bildet die Berufssituation optimal ab", erklärt der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Christian Scholz von der Universität Saarbrücken. Denn man lernt dort, in zwei Richtungen zu handeln: sich hervorzutun und zu glänzen, aber auch, sich zurückzunehmen und einzugliedern. In ihrer Mannschaft habe sie nicht nur Siegen und Verlieren gelernt, sondern auch, andere zu respektieren und sich ihnen anzuvertrauen, erzählt Fußball- Nationalspielerin und Weltmeisterin Steffi Jones in ihrem Buch "Der Kick des Lebens". Gerade menschlich habe sie enorm von ihren Mitspielerinnen profitiert.

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Neidlos von Kollegen lernen - das kann man beim Volleyball oder beim Hockey unauffällig üben. Und ganz nebenbei und spielerisch trainiert man auf dem Spielfeld auch, wann man zum Beispiel in Meetings redet und wann man das Wort lieber anderen überlässt. Sitzt eine Handballerin in einem Team, das schlechte Verkaufszahlen abliefert, weiß sie genau: Jetzt ist nicht die Zeit, anderen Vorwürfe zu machen, jetzt geht es darum, Stärken zu bündeln, zusammenzuhalten. Wer einen solchen Teamgeist herstellen kann, ist für Kollegen und Chefs gleichermaßen eine Bereicherung.

Sportlicher = selbstbewusster

Etwas mehr Selbstbewusstsein könnte es im Job schon sein? Dann setzen Sie sich im Training doch mal ehrgeizigere Ziele: ein paar Bahnen mehr kraulen oder auf dem Crosstrainer ein bisschen schneller strampeln. Der Arzt und Sportler Dr. Dirk Lümkemann berät Mitarbeiter großer Firmen in Sportcoachings. Dabei stellt er immer wieder fest: Es gibt dem Selbstbewusstsein einen großen Schub, wenn jemand sich kleine sportliche Ziele setzt und diese auch erreicht. "Wer regelmäßig Sport macht, stärkt immer wieder das Gefühl, etwas erreichen zu können", so Lümkemann. Wenn man es schafft, nach einem halben Jahr Training fünf Kilometer zu laufen, ohne aus der Puste zu geraten, hat man am eigenen Leib erfahren: Was ich mir vorgenommen habe, kann ich auch schaffen. Mit diesem guten Grundgefühl kann man dann viel leichtfüßiger das Chaos in der Kundendatei in Angriff nehmen. Oder sich nach und nach auf die Traumposition vorarbeiten. Wichtig sind allerdings die konkreten, realistischen Etappenziele im Training - nur so lernt man, auch im Job in kleinen Schritten weiterzukommen, statt nur dazusitzen und vom Erfolg zu träumen.

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Auszeit vom Job

Überhaupt: Ein Körper, der regelmäßig läuft oder springt oder schwimmt, meldet auch bei der Arbeit zuverlässiger, wann der Organismus zu ausgepowert ist, um noch einen neuen Punkt auf der To-do-Liste in Angriff zu nehmen - und wann stattdessen eine Pause oder Feierabend angesagt ist. "Sport ist deshalb auch immer ein Training in Achtsamkeit", erklärt Sportmediziner Lümkemann.

Wer sich fit hält, beugt Erschöpfungszuständen vor, und zwar gleich doppelt, denn auch die Bewegung selbst hilft gegen Grübeleien und Sorgen. Wir drücken die innere Reset-Taste, der Kopf wird frei, auch noch, wenn wir am nächsten Morgen am Schreibtisch sitzen. "Ein Sport, der Spaß macht, ist ein echter Gewinn fürs ganze Leben. Er bringt dich immer wieder zurück ins Gleichgewicht", sagt Weltmeisterin Steffi Jones. Und in solchen Momenten sind wir Hobbysportler dann doch gar nicht mehr so weit weg von den Profis.

Training für den Job: Wann welche Sportart hilft


Mit Sport die Kollegen und die Chefin beeindrucken oder im Vorstellungsgespräch damit punkten. Durchaus möglich - wenn der Sport zum Job passt.

Volleyball, Hockey, Basketball:

Mit Mannschaftssport macht man alles richtig. Viele Personaler sagen ausdrücklich, dass sie besonders gern Mannschaftssportler einstellen. Die seien gleichzeitig sozial und leistungsstark.

Marathon, Triathlon, Zehnkampf:

Wenn in der Firma Ehrgeiz, Leistung und gutes Aussehen ganz offensichtlich oben stehen, passen sehr trainingsintensive Einzelsportarten gut ins Konzept: Sie signalisieren Biss und Kraft, das ist vor allem in leitenden Positionen gern gesehen. In manchen Personalabteilungen gelten Läufer allerdings als ehrgeizige Eigenbrötler.

Paragliding, Kite-Surfen, Höhlentauchen:

Konservative Arbeitgeber sehen bei solchen Sportarten nur die Verletzungsgefahr, aber punkten kann man in Bereichen, in denen Mut und Neugier in die Stellenbeschreibung gehören, z. B. in der Eventbranche oder Werbung. Aber Vorsicht: Wer nur einmal am Bungeeseil baumelte, sollte damit nicht hausieren gehen.

Bergsteigen, Wandern, Pilgern:

Management-Guru Fredmund Malik schwärmt davon, wie verantwortungsvoll Manager durchs Bergsteigen werden - schließlich merkt man dort, dass schon kleine Fehler zum Absturz führen können. Beim Wandern geht es weniger dramatisch zu, dafür trainiert man beim Durchwandern einer Route Beharrlichkeit. Schon bei der ersten Durststrecke ein Taxi bestellen zählt nicht.

Zum Weiterlesen

Steffi Jones: "Der Kick des Lebens. Wie ich den Weg nach oben schaffte", Fischer, 223 Seiten, 8,95 Euro. Heiner Brand, Jörg Löhr: "Projekt Gold. Wege zur Höchstleistung - Spitzensport als Erfolgsmodell«, Gabal, 357 Seiten, 24,90 Euro. Oliver Kahn: "Ich. Erfolg kommt von innen", Riva, 250 Seiten, 24,90 Euro.

Text: Anne Otto Illustration: Bea Wagner Ein Artikel aus der BRIGITTE Balance 01/09

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