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Soft Skills: Stehen Sie zu sich!

Darf man im Job Persönlichkeit zeigen? Ja, meinen immer mehr Personaler: Echt sein bringt oft sogar Vorteile. Tipps und Soft-Skill-Check.

Das Modell Monika Mustermann

Wirblig, durchsetzungsstark und krankhaft pünktlich - würden Sie sich so beschreiben, wenn Sie bei einem zukünftigen Arbeitgeber von sich reden machen wollen? - Sicher nicht. Eher ist man belastbar, flexibel und teamfähig. Wie alle anderen. Weitere Standardzutaten: der Aufenthalt im Ausland und das Praktikum beim namhaften Konzern. Als würde es genügen, gut zu sein und ansonsten nicht weiter anzuecken.

Seltsam: Im Job halten wir uns im Zweifelsfall an das Modell Monika Mustermann. Und das, obwohl bei Personalverantwortlichen der Wunsch nach authentischen Mitarbeitern modern geworden ist. "Wir fragen uns oft: Bekommen wir von der Person einen greifbaren Eindruck, oder haben wir jemanden vor uns, der fassadenhaft wirkt, an den wir nicht richtig herankommen?", erzählt Jörg Will, Leiter des Instituts für Personal- und Unternehmensberatung.

Wer zu glatt wirkt, hat bei Will und Kollegen nur wenig Chancen. Dort sind Menschen gefragt, die aufrichtig sind, sich eine Meinung bilden können und diese, wenn es zu ihrer Position passt, auch vertreten. Denn: Wenn alle gleich sind, fällt keiner auf. Und die Entscheidung, wer den Job bekommt oder befördert wird, fällt schwer.

Ehrlich ja - impulsiv nein

Ja. Authentisch sein. Hört sich gut an. Bei der Arbeit tun wir uns damit aber trotzdem nicht leicht. Kein Wunder. Wir sind unsicher mit der Dosierung: Wenn schon echt, dann richtig, denken wir und fantasieren uns halb fasziniert, halb entsetzt in Situationen, in denen wir in der Besprechung genauso ironisch und impulsiv auftreten wie zu Hause.

Aber Vorsicht: Wer zu ehrlich seine Meinung sagt, wenn etwas in der Abteilung schiefgeht, schwächt meist die eigene Position. So viel impulsiver Selbstausdruck ist im Job nicht gefragt.

Man sollte strategisch und geplant vorgehen, wenn man Persönlichkeit zeigt, rät die Hamburger Beraterin und Psychotherapeutin Andrea Patzer. Es ist nur erlaubt, Eigenarten zu zeigen, wenn sie in die Situation passen - und zu den eigenen beruflichen Zielen.

Wir spielen also quasi, dass wir echt sind. Lassen an passenden Stellen aufblitzen, was uns wichtig ist, wofür wir stehen. So bieten wir unserer Einzigartigkeit eine Art Berufskleidung an, in die sie hineinschlüpfen kann - der eigene Kopf guckt natürlich immer noch raus.

Das eigene Profil kennen

Jede von uns ist eine Spezialmischung aus Talenten, Stärken und Werten. Dadurch heben wir uns im Job von anderen ab. Doch anders als unser Gesicht, das wir täglich im Spiegel sehen, kennen wir unsere Eigenarten oft gar nicht richtig. Das ist so fatal, als würde eine Wirtin das Geheimrezept ihres beliebten Spezial-Cocktails nicht kennen. Deshalb: "Nur wer sich selbst reflektiert, kann sich auch im Job erfolgreich als einzigartige Person zeigen", erklärt Coach Andrea Patzer.

Da reicht es nicht, eine lieblose Stärken- und Schwächenliste anzufertigen. Besser: Man werfe die ganz eigene Ausprägung einer Fähigkeit in die Waagschale, zum Beispiel die ungewöhnliche Mischung aus leichtem Kontrollzwang und einer regelrechten Versessenheit auf Zahlen, und spüre auf, wo dieser Wesenszug im eigenen Unternehmen händeringend gebraucht wird.

Sie werden dann erkennen: Es gibt Aufgaben, die Sie so gut erledigen wie keine Zweite. Je stärker man die eigene Persönlichkeit mit den Zielen und Nöten der Firma verzahnen kann, desto selbstverständlicher bewegt man sich im beruflichen Umfeld. Fühlt sich verbunden. Und willkommen. Dieses verbindliche Gefühl strahlt man dann aus, und zwar ziemlich authentisch.

Zu Fehlern stehen

Zu sich zu stehen birgt natürlich auch Probleme. Denn nicht jede Macke passt zu unserem Abziehbild von der über den Büroflur federnden Leistungsträgerin. Sprunghaft, vergesslich oder langsam - wie bringe ich das denn unter?

Erst mal: selbstbewusster denken. Auch vermeintlich unnütze Eigenschaften kann man oft in individuelle Stärken verwandeln. Die beiden amerikanischen Unternehmerinnen Linda Kaplan Thaler und Robin Koval räumen beispielsweise gerade erfolgreich mit dem Mythos auf, dass im Job nur die Frauen weiterkommen, die Härte zeigen. In ihrem Bestseller erklären sie, dass freundliche Frauen ihre scheinbare Schwäche hervorragend strategisch nutzen können. Wer wirklich Anteil an anderen nimmt, schafft sich ebenso echte Sympathien und damit tragfähige berufliche Beziehungen.

Freundlichkeit kann sogar zum Markenzeichen werden. Natürlich muss die bissige Provokateurin jetzt nicht ins Harmoniefach wechseln. Sie darf so bleiben, wie sie ist. Ein paar wenige schmeichelhafte Macken bleiben natürlich bei jedem. Ob chaotische Zettelwirtschaft, Aufschieberitis oder vorlaute Rechthaberei, irgendwo brechen sich diese Eigenschaften auch im Job Bahn und führen zu Fehlern.

Aber gerade dann heißt es: echt sein. Sachlich und direkt sagen: Ja, das bin ich auch. Und: Es fällt mir schwer, diese Aufgabe zu erledigen. Coach Andrea Patzer weiß zum Beispiel von einer sehr gewissenhaften, talentierten Einkäuferin, die zu ihrem Chef ging und ihm offen sagte: Ich schaffe es einfach nicht, Business-Englisch zu lernen. Der Chef nahm ihr ohne ein weiteres Wort das Vertriebsgebiet England weg. Und gab ihr Österreich. Und wenn das gefürchtete Versprechen, Vergessen oder Verzetteln doch mal ganz unkontrolliert herausbricht, dann bleibt immer noch ein letztes Mittel: Lachen. Über sich selbst. Wer das kann, ist echt eine Marke.

Der Soft-Skill-Check

Keiner kann alles gleich gut - klar. Aber wissen Sie, was Sie wirklich gut können? Prüfen Sie hier, wo Ihre individuellen Stärken liegen:

Genauigkeit ist Ihre herausragende Eigenschaft, wenn Sie ...

... auf einer Party freudig auf die drei Astrophysikerinnen zustürzen, die sich diskutierend beim Bücherregal versammelt haben.

... häufig Rechtschreibfehler in Büchern finden und sich darüber ärgern.

... trotz aller Perfektion mehr Angst haben Fehler zu machen, als ihre überaus sorglosen Kollegen.

... glücklich sind, wenn Zahlen, Fakten und Tabellen ins Spiel kommen.

Kreativität ist Ihre Stärke, wenn ...

... Sie sich im Programmkino am anderen Ende der Stadt Filme ansehen. Keiner will mitkommen. Aber egal, es inspiriert Sie.

... Sie schon morgens unter der Dusche tausend Ideen haben, unter deren Fülle Sie beinahe leiden.

... Dinosaurier und Wasserhähne für Sie durchaus Gemeinsamkeiten haben.

... Sie sich wirklich freuen, wenn jemand im Team einen originellen, tiefsinnigen Witz macht, der den Laden zwei Minuten lahmlegt.

Eigensinn und Durchsetzungsvermögen macht Sie einzigartig, wenn ...

... Sie schon mal den Betrieb wechseln mussten, weil Sie mit den Geschäftspraktiken der Firma nicht einverstanden waren.

... Sie sich oft über Dinge aufregen, über die ihr Umfeld sagt: Ach, da kann man nichts machen.

... Sie mit einer glühenden Rede die nörgelnde Kollegen-Bande von einem unpopulären Vorschlag begeistern können.

.. Sie sowohl Feinde als auch Anhänger haben.

Teamfähigeit und Kommunikationsstärke zeichnen Sie aus, wenn ...

... Sie am Gesicht Ihres Chefs sehen können, ob Sie ihn heute wegen der Gehaltserhöhung fragen oder lieber morgen.

... Sie sich manchmal wie die Person fühlen, die alles von allen in der Abteilung weiß und die die sozialen Fäden in der Hand hält.

... Sie nach zwei Tagen wieder versöhnt sind, obwohl ein anderer Kollege die Aufgabe bearbeiten darf, an der Sie viel Freude gehabt hätten.

... Sie sofort sehen, bei welchem Kunden oder Kollegen Sie Fremdwörter verwenden dürfen und bei welchem besser nicht.

Zum Weiterlesen

Sven Brodmerkel: "Faktor A: Authentisch Karriere machen. Erfolgsstrategien für alle, die mehr als nur einen Job wollen" Ellert & Richter 224 Seiten 14,95 Euro

Linda Kaplan Thaler, Robin Koval: "The Power of Nice. Wie Sie die Welt mit Freundlichkeit erobern können" dtv 157 Seiten 12 Euro

Jürgen Hesse, Hans Christian Schrader: "Neue Wege der Bewerbung" Eichborn 176 Seiten 14,95 Euro

BRIGITTE BALANCE Heft 02/08: Text: Anne Otto Fotos: Plainipicture (11), Getty Images Illustration: Viktoria Elisabeth Freifrau von Goetz

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