Anzeige
Anzeige

Joshua Wong: Das Gesicht der Proteste

Joshua Wong: Joshua Wong
© Carsten Koall / Getty Images
Joshua Wong ist das Gesicht der Hongkonger Proteste, sein Buch über die Bewegung ein Manifest.

Einen "Frosch, der in einem Kochtopf sitzt", nannte die Presse die ehemalige Kronkolonie Hongkong, als sie 1997 zurück an die Volksrepublik China gegeben wurde. Der Frosch merkt nicht, wenn die Temperatur ganz langsam zum Kochen gebracht wird – und wird schließlich zu Tode gesotten. Will heißen: Rechte werden langsam beschnitten, Medien unterwandert, schleichend ändert sich die politische Atmosphäre, aber die Hongkonger Bevölkerung lebt einfach weiter in ihrer Sonderzone und merkt nicht, dass die Freiheit dahin ist.

Hier lebe ich, hier werde ich sein 

So beschreibt Joshua Wong Chinas Idee von "Ein Land, zwei Systeme" in seinem jüngst erschienenen Buch "Unfree Speech. Nur wenn alle ihre Stimme erheben, retten wir die Demokratie" (S. Fischer). Wong, das Gesicht der Proteste in Hongkong seit der sogenannten Regenschirmbewegung 2014, war schon als Kind alles andere als ein Frosch. Als Schüler machte er gegen Missstände mobil, gegen das schlechte Kantinenessen oder ein geplantes neues Schulfach namens "Moralische und Nationale Erziehung". Als ihn ein Lehrer wegen seiner Lese- und Rechtschreibschwäche in die Ecke stellte, gab Wong Paroli: "Glauben Sie wirklich, ich werde ein besserer Schüler, wenn ich gegen die Wand starre?" Dass ihm das Erlernen der Schriftzeichen schwerfiel, führte dazu, dass er zum Ausgleich seine Rhetorik schärfte.

Man muss nicht einfach alles hinnehmen, diesem Motto ist er treu geblieben. Für seine Überzeugungen und Protestaktionen, zuletzt gegen das geplante Auslieferungsgesetz, wurde er acht Mal verhaftet, ging drei Mal ins Gefängnis. So sehr fürchtet die chinesische Regierung diesen schmalen 23-Jährigen, dass sie ihn unter fadenscheinigen Gründen im letzten Jahr nicht zur Kommunalwahl antreten ließ.

Herzerwärmende Hubschrauberaktion verbreitet Gemeinschaftsgefühl in Belgien: Familie im Garten

Von innen wird Joshua Wong das System also nicht unterwandern können. Aber das hält ihn nicht ab, weiterzumachen. Denn auszuwandern ist keine Option für ihn: "Hier lebe ich, hier werde ich sein", sagte er jüngst in einem Interview. Schon lange hat der Frosch von Hongkong bemerkt, dass China keine Geduld mehr hat, bis das Süppchen endlich fertig ist: "Es hat die Hitze nach oben gedreht und den Deckel draufgelegt", schreibt Wong. Wenn einer den Deckel noch herunterstoßen kann, dann er. 

Bislang trugen die Protestierenden um Joshua Wong Masken gegen Tränengas – jetzt wollen sie sich damit gegen das Corona-Virus schützen. 

Holt euch die BRIGITTE als Abo - mit vielen Vorteilen. Hier könnt ihr sie direkt bestellen.

BRIGITTE 06/2020

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel