Ich möchte euch von meinen Erfahrungen als Sternenkind-Mama berichten und betonen, dass das öfter passiert als wir denken. Doch Fehlgeburten sind immer noch ein Tabuthema.
Wie meine Sternenkinder mich noch intensiver leben lassen und wie ich lernte, dass Loslassen ein Teil von Liebe ist
Bei meinem ersten Sternenkind war ich schon im zweiten Viertel schwanger und fühlte mich sicher. Doch dann hatte ich einen "Abgang" – ein Wort, das ich nicht sonderlich mag. Ich telefonierte mit meiner Frauenarztpraxis, dort hatte gerade nur die Praxishebamme Zeit. Sie sagte bloß: "Ja, vermutlich hatten Sie einen Abgang." Ich erklärte ihr, wie heftig es war, aber sie reagierte kühl.
Ohne Vorwarnung mit dem Tod konfrontiert zu werden und plötzlich nicht mehr schwanger zu sein, hat mich in eine andere Welt katapultiert. Ich schwebte zwischen zwei Dimensionen. Ich konnte nicht ganz in die meines Sternenkindes eintauchen und wollte auch nicht zurück in die Realität. Also bin ich irgendwie leer geblieben, halb da und doch nicht da.
Dank meines Mannes und dank meiner Freunde und meiner Familie fand ich irgendwie wieder in die Realität zurück. Dabei hat mir auch dieses Ritual geholfen: eine Kerze anzuzünden, mit unserem Sternenkind in Kontakt zu gehen und mich bewusst mit ihm zu verbinden, mich zu bedanken und zu verabschieden. So konnte ich meinen individuellen Weg der Heilung und des Annehmens finden.
Dann wurde ich wieder schwanger
Danach war ich mit Noah schwanger, aber ich konnte die Freude erst gar nicht ganz zulassen. Ich wollte nicht wieder gleich tief lieben, wollte zuerst ganz sicher sein. Doch bald verstand ich, dass es nie Sicherheit gibt, egal, wie vorsichtig man ist. Ich meditierte täglich, ging zum Schwangerschafts-Yoga und fand eine tolle Hebamme, die mir Halt und Wärme gab.
Als er zwei Jahre alt war, wurde ich wieder schwanger. Wir freuten uns riesig und alles verlief nach Plan. Ich fühlte mich gesund, der Ultraschall war immer unauffällig. Doch kurz vor dem Ultraschall im dritten Viertel der Schwangerschaft wurde es ruhiger in meinem Bauch und ich hatte ein komisches Gefühl, das ich aber nicht zuordnen konnte. Ich versuchte, das Gefühl abzuschütteln, aber es passierte wieder: Es waren keine Herztöne zu hören … Die Frauenärztin sagte: "Am besten gehen Sie so schnell wie möglich ins Krankenhaus. Dort wird die Geburt eingeleitet und Sie müssen Ihr Kind tot gebären." Diese Worte waren so schlimm und so unwirklich, es war wie ein freier Fall vom höchsten Glück in die Tiefe.
Ich dachte, ich schaffe das nicht, doch mein Mann und das Krankenhauspersonal waren für mich da. Ich erlebte eine lichtvolle Geburt, getragen von Mantras atmete ich unser Sternenkind ins Licht. Die Atemtechniken und Mantras halfen mir wie in Trance, fast schmerzfrei mein totes Kind zu gebären. Ich war überwältigt und traurig von all dem Wunder und musste gleichzeitig Abschied nehmen.
Das Einzige, was mich heute sehr traurig stimmt, ist, nicht genug Zeit für den Abschied gehabt zu haben. Deshalb rate ich anderen Sternenkind-Eltern: Wenn ihr noch Zeit braucht, um mit eurem Kind im Arm zu trauern, dann nehmt sie euch.
Unsere Sternenkinder sind Teil unseres Lebens
Wir haben uns gegen einen Namen, ein Grab und gegen ein Foto von unserem toten Mädchen entschieden, da unsere Sternenkinder in unseren Herzen ein Teil unseres Lebens bleiben. Wir wollten uns auf Dankbarkeit und auf das Leben im Hier und Jetzt ausrichten.
Mehrere Frauen haben sich mir geöffnet und erzählt, dass ihnen so etwas auch schon passiert ist, teilweise mehrfach. Die Frage, die dabei immer wieder auftauchte, war die nach dem "Warum". Ich denke, alles hat seine Zeit, auch in der Natur und im Wunder des Lebens.
Für mich war das Beste, was ich danach tun konnte, mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Ich machte Sport, eine Weiterbildung, unterrichtete wieder mehr Yoga und konzentrierte mich auf meinen Sohn Noah.
Zwei Jahre später wurde unser zweiter Sohn geboren
Wir überlegten lange, ob wir es nochmal versuchen sollten. Ein Kind bei drei Schwangerschaften – das machte die Entscheidung sehr schwer. Doch die Liebe, die ich von unserem Sohn bekam, war so besonders, dass wir es nochmal versuchen wollten. Ich wurde ein viertes Mal schwanger. Natürlich war die Angst immer da, aber mein Sohn Noah war ein Geschenk, und so verschwanden auch diese Gedanken. Dann kam mein zweiter Sohn Jonah in einem kleinen Krankenhaus zur Welt, wo es viel Liebe und Wärme gab. Auch er kam putzmunter mit viel Power auf die Welt.
Niemand ist schuld, auch du nicht
Liebe Sternenkind-Eltern, wie ihr seht, sind wir trotz zweier Sternenkinder glückliche Eltern von zwei gesunden Jungen geworden. Habt Vertrauen und nehmt euch die Zeit, die ihr braucht. Nehmt euch an mit euren Zweifeln, Ängsten und Wünschen. Seid da für euch selbst und eure:n Partner:in. Da sein, aushalten, Halt geben und annehmen, die Angst äußern, nicht zu wissen, wie ihr für eure:n Partner:in da sein könnt. Ihr könnt nichts falsch machen.
Wenn ihr mögt, könnt ihr immer die Verbindung zu eurem Sternenkind spüren. Außerdem müsst ihr gar nichts. Ihr dürft sofort wieder arbeiten gehen, wenn euch danach ist, ihr dürft euch auch krankschreiben lassen. Spürt, was ihr braucht, und wenn ihr Angst habt, unter die Leute zu gehen, dann geht es langsam an. Auch Rückzug und Trauer sind okay. Tut euch Gutes, gönnt euch Wärme, Berührung und geht in die Natur. Und wenn ihr das Gefühl habt, dass ihr da allein nicht rauskommt, holt euch Unterstützung.
In tiefer Verbundenheit zu allen Sternenkind-Eltern,
Andrea
Die Autorin: Andrea, 42, ist Mama von Noah, 5, Jonah, 1, und zwei Sternenkindern. Sie ist verheiratet und liebt es, die Natur zu entdecken, zu reisen, zu kochen und mit Freunden und Familie schöne Erlebnisse zu teilen. Andrea arbeitet als Heilpädagogin und Yogalehrerin und gibt traditionelle Nuad-Massagen. Auf Instagram findet ihr sie unter OmStadl