„Na, Blassi – bist du etwa müde?“ Selbst meine Mutter machte keinen Halt vor blöden Kommentaren zu meiner hellen Haut. Blässe hat einen schlechten Ruf. Galt sie vor Jahrhunderten noch als vornehm und adelig – nur Feldarbeiter zeigten sich mit einem gebräunten, faltigen Gesicht - ist es heute umgekehrt: Gebräunte Haut steht für den Luxusurlaub in Dubai und Blässe für Kellerkinder. Natürlich könnte ich mich mehr in die Sonne legen, nur gibt es da ein Problem: Helle Haut, übersät mit vielen Leberflecken, bräunt eben anders. Langsamer. Und benötigt einen hohen Lichtschutzfaktor. Sonnenlicht sehr gerne, aber meine empfindliche Haut stundenlang der Sonne auszusetzen, wäre einfach nur dumm und hat auch nur krebsrote statt goldene Haut zur Folge - und im schlimmsten Fall sogar Hautkrebs. Gott sei Dank hatten die Menschen, um mich herum noch ein paar andere hilfreiche Tipps gegen meine Blässe.
Hilfreiche Tipps gegen Blässe – von wegen!
„Färb dir die Haare nicht so dunkel, dafür bist du zu blass.“ oder „Kauf dir lieber nicht so einen kräftigen Lippenstift“– tolle Tipps, die ich zunächst alle beherzigte. Statt dunkelbraun wurden meine Haare also hellbraun und ich trug nur langweilige Farben. Schwarze Kleidung vermied ich auch, um mein helles Gesicht nicht durch den Kontrast so hervorzuheben. Weiße Blusen sowieso, da musste der Kontrast wiederum her. „Zu deinen braunen Haaren solltest du natürliche Töne, also so Erdtöne tragen." Ob Freunde oder sogar der Friseur, alle rieten mir von kräftigen Farben ab, die ich aber eigentlich gerne mag. Über Jahre zog ich das dann durch, hörte aber noch immer oder sogar vermehrt die Kommentare zu meinem scheinbar kranken Bleichgesicht. Auch Solariumbesuche wurden mir permanent empfohlen – dem gab ich eine Zeitlang auch nach. Schwachsinn, wie ich jetzt finde.
Ein Fail änderte meine Einstellung zu meinem hellen Gesicht
Als vor etwa drei Jahren mein Friseur spontan keine Zeit für mich hatte, ich jedoch den Haaransatz des Jahrhunderts hatte, griff ich verzweifelt zu einer günstigen Haartönung aus dem Drogeriemarkt. Das konnte ja nur schiefgehen – ich hatte das Produkt völlig unterschätzt: Meine Haare waren plötzlich fast schwarz. Ich schob Panik und hatte das Gefühl, wie ein Vampir auszusehen. Also tot. Ich versuchte das Ganze mit etwas Rouge und Lippenstift zu retten, bevor ich das Haus verließ. Ein letzter ängstlicher Blick in den Spiegel und... "Huch, irgendwie sieht das ja gut aus!" Meine Augen strahlten und meine rosa-farbene Jacke stand mir unglaublich gut (obwohl man mir ja wegen der Blässe davon abriet). Dieses Gefühl spiegelte man mir auch zurück: „Du siehst so frisch aus, hast du etwas anders gemacht?“ oder „Warst du im Urlaub – siehst so erholt aus?“ waren die neuen Kommentare. Eine Freundin begrüßte mich mit den Worten „Na, Schneewittchen – steht dir total gut.“ Schneewittchen klang doch schon viel besser als Blassi, oder?
Meine blasse Haut wollte einfach nur die Hauptrolle spielen
Auch meinem Partner gefielen die dunklen Haare überraschend gut. Diese Erkenntnis war life-changing: Ich bekam viel mehr Profil, das ich mich vorher selten zu zeigen traute. Diese langweiligen Erdtöne verschwanden, knallige Farben hielten Einzug in meinen Kleiderschrank – und dazu noch Weiß und Schwarz. Ich kaufte mehr Lippenstift in Rot- und Pinktönen und betonte meine blassen Wangen mit zartem Rosé-Highlighter. Ich wechselte zu einem Friseur, der mein blasses Gesicht toll fand und nicht kritisierte. „Irgendwie leuchten deine Augen total.“ Ich war plötzlich Ich. Ich fühlte mich wohl. Selbstbewusst und nicht langweilig. Auch wenn alle ja immer super Tipps parat hatten, haben sie schnell verstanden, dass sie damit bisher völlig falsch lagen. Blasse Haut möchte einfach nicht wegretuschiert oder übermalt werden – sie möchte wie vor hunderten von Jahren elegant betont und stolz präsentiert werden. Sie ist kein Makel, sondern ein Markenzeichen, auf das wir stolz sein sollten. Yes!
Der bessere Tipp: Die perfekte Pflege für helle Haut
Blasse Haut möchte aber auch gepflegt werden – von innen wie von außen. Dazu gehört, sie vor zu viel Sonne zu schützen. Ein Solarium hab ich schon lange nicht mehr betreten – warum auch? Frische Luft und ein bisschen Vitamin D tanken, ist natürlich superwichtig – bruzzeln, bis die Haut krebsrot ist, hingegen gefährlich. Sonnenschutz beugt im Übrigen auch Falten vor. Da sind wir Bleichgesichter deutlich im Vorteil. Blasse Haut möchte zudem gut mit Feuchtigkeit versorgt werden. Dazu gehört neben einer guten Tages- und Nachtpflege auch die Feuchtigkeit von innen: trinken, trinken, trinken – und zwar Wasser pur! Abgesehen davon ist eine tägliche, auf die Haut abgestimmte Reinigung wirklich wichtig, da Hautunreinheiten bei heller Haut deutlich mehr hervortreten. Ausreichend Vitamine und Schlaf sowie regelmäßige Bewegung geben den letzten Frische-Kick und bringen die Haut noch mehr zum Strahlen – das hat sie auch verdient, nachdem ich sie jahrelang verstecken wollte.