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Stoppt diesen Grill-Wahnsinn

Mal wieder grillen? Nein, Danke! Das Grill-Gelage der modernen Zeit kostet einfach zu viel Zeit und zu viele Nerven. 
von Paula Becker

Die ersten lauen Abende stehen an und schon geht es los: „Wann grillt ihr? Sollen wir grillen? Wo grillt ihr denn immer?" Man kann ihm nicht entrinnen, dem Grill in Deutschland.

Grundsätzlich ist das Ganze durchaus eine feine Sache. Oder sollte man besser sagen: war? Wann fing eigentlich dieser Grill-Wahnsinn an? Früher hatte man einen ödeligen Grill mit drei Beinen und einem Rost, das man genau drei Stufen runter regulieren konnte. Man schmiss drei Rostbratwürstchen drauf, nahm den guten Gewürzketchup dazu. Fertig. Sonntags gab es schon mal ein Steak und wer es exotisch haben wollte, machte Zaziki selbst.

Grillabende: Das neue Statussymbol?

Heute stehen auf fast jedem Balkon RIESIGE Grillstationen. Die haben sogar ihre eigene Abdeckung, wenn mal nicht gegrillt wird. Diese schwarzen Hauben waren bisher nur sehr teuren Autos vorbehalten, die in der Tiefgarage nicht einstauben sollten. Wir sprechen hier von Ferrari oder Porsche, wohlgemerkt. Und nun der heilige Grill. Preislich nähert sich das Statussymbol des kleinen Mannes locker dem Luxusauto an. Es gibt sie mit Gas, mit Pizzaofen und mit Rollen. Oft ist die Abstellfläche für diese Monsterfleischerhitzer gar nicht vorhanden. Der Grill steht da, aber sonst kommt auch wirklich niemand mehr rauf, auf den Balkon. Auch da können wir gerne beim Vergleich mit den teuren Autos bleiben. Je mehr PS unter der Haube, umso kleiner... Na, sie wissen schon.

Maiskohle?

Aber bei der Auswahl des Grills hört die Qual nicht auf. Grillkohle - hat man sich nie Gedanken drüber gemacht, weil man sie meistens spontan an der Tanke gekauft hat. Heute gilt es (zu Recht) umweltmäßig korrekt zu kaufen. Tropenhölzer aus dubioser Quelle will niemand auf den Grill werfen, korrekt. Aber wieso diese Irrsinns-Auswahl? Mais, Kokos oder Olivenkerne? Hilfe!

Mit Rostbratwürstchen und Ketchup kann man auch niemanden mehr vor den Grillofen locken. Heute muss es schon das drei Wochen eingelegt und marinierte Schwein sein, dass man sich auf die Grillschale haut (übrigens auch sehr bedenklich, so eine Grillschale!.) Reichte früher der Nudelsalat, wird heute Spargel und Wassermelone gegrillt und vielleicht noch ein kleines Maiskölbchen. Dazu werden verschiedene Brotsorten, selbst gemachte Saucen und vegane und vegetarische Speisen gereicht. Beim Grillen! Es ist der Wahnsinn und wer nicht die Auswahl eines 5-Sterne-All-inclu-Abendbuffets hat, der braucht eigentlich gar nicht mit dem Anheizen der Kohle zu beginnen. Denn selbstverständlich gehört auch ein kleines Nachtischbuffet zur Grilleinladung dazu.     

Grillen bringt uns zurück in die Höhle

Im Klartext: Grillen ist archaisch, es erinnert uns an die Zeit in der Höhle. Da saß man ums Feuer rum, haute irgendwas ins Feuer und hatte es gemütlich. Und man aß sogar mit den Händen. Ich bin mir sicher, dass keine der Steinzeitfrauen vorher eine Umfrage gestartet hat, wer denn die Beerenkomposition mitbringt und ob noch ein paar berauschende Desserts gefunden worden sind. Man sollte ja die Steinzeit wirklich nicht verherrlichen, aber in diesem Fall wäre „Back to the roots“ mal angesagt.

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