Was dem Bayern die Weißwurst, ist dem Berliner und Pottler die Currywurst. Aber Salami sind wir alle. Ein belegtes Brot mit Schinken geht auch immer. Doch bei Blut- und Teewurst scheiden sich die Geister. Es gibt Würste, die den Charakter formen – und umgekehrt. Eine Charakterisierung in drei Akten.
1. Teewurst - die alte Dame mit dem Schoßhund
Diese Spezialität wurde Anfang des 20. Jahrhunderts als herzhafte Alternative zu süßen Backwaren während der Teezeit erfunden, daher der Name. So alt wie die Wurst selbst sind gefühlt auch ihre Konsumenten. Eher etwas für die Traditionalisten unter den Wurstkennern.
2. Gesichtswurst - Die RTLIIWurst-Weisheit
Mortadella mit Gesicht ist nicht nur für Kinder. Die können auch die Nachmacher-Bärchenwurst und Biene-Maja-Wurst essen. Alle Sorten sind aus der italienischen Mortadella und sehr mild und kindgerecht im Geschmack. Gesichtswurst ist etwas für sensible Menschen mit Hang zur Verkitschung. Paradebeispiel für einen Gesichtswurst-Fan ist Dieter Wollny, ein kleiner RTL II Reality-TV-'Star'.
Seine Frau wurde durch Stefan Raab bekannt: Sie war die Mutter, die ihre Kinder „Sylvana, Sarafina, Estefania, Calantha, Loredana, Sarah-Jane, Lavinia, Jeremy-Pascal“ rief. Es entstanden 7 Staffeln RTL || Familienleben und die Gesichtswurst spielte dabei oft eine Rolle: „Hier - Augen, Nase, probier mal. Das schmeckt am besten“ war sogar einmal das Versöhnungsangebot an seine Frau. In Staffel 4 trennten sich die beiden. Gibt es eigentlich eine weinende Gesichtswurst?
3. Die Mettwurst
Mett ist roh, Mett ist ehrlich und direkt – oder so ähnlich. Mett ist ein gern gesehener Gast im Karneval und beliebt beim Katerfrühstück. Letzteres bringt auch oft ungewöhnliche Formen mit sich: Neben dem typischen Mettigel und anderen Mett-Tieren auch Kermett, Mett Damon.
Der Mett-Mensch ist also jeck oder kreativ oder beides zugleich. Ist es nicht auch der ultimative Liebesbeweis, sonntags gemeinsam Mettbrötchen mit Zwiebeln im Bett zu frühstücken? Das schmett mir.
Schluss Mett lustig. Spekulieren können wir viel, jetzt wird die Fachfrau gefragt. Ursula Bader, einst die jüngste Metzgermeisterin Bayerns hat in ihren über 40 Jahren Wurst-Erfahrung einige arme Würstchen getroffen. Sie weiß:
„Frauen essen am liebsten fettreduzierte Wurst, Kochschinken zum Beispiel. Männer mögen lieber Herzhaftes wie Leberkäs oder Hackwurst.“
Ich glaub es hackt, immer diese Fettfuchser. Liebt euren Körper, wie er ist, liebe Frauen. Gönnt euch.
„Im Allgemeinen essen wir Deutschen am liebsten Bratwurst und Currywurst.“
Das überrascht nicht. Kontrovers wird die Diskussion allerdings, wenn es um die Zubereitung einer richtigen Currywurst geht. Als Schwäbin, die an der Grenze zu Bayern lebt, ist Ursulas Lieblingswurst allerdings die Original Weißwurst:
„Die wird gebrüht und dann ist sie schon fertig zum Verzehr. Nur noch in heißem Wasser aufwärmen, fertig. Außerdem ist die Weißwurst ehrlich: Der Naturdarm gibt noch was ab, wodurch das Wasser getrübt und salzig wird. Beim Kunstdarm passiert das nicht.“
Den Charakter kann Ursula anhand des Wursteinkaufs nicht einschätzen. Dafür fällt ihr auf, dass sich der Markt und der Konsum verändert hat.
„Ältere Menschen kaufen eher das, was sie vor 20 Jahren auch schon gekauft haben: Leber- Steich-, Hackwurst, Wienerle. Die jungen Leute wollen keine Fettstücke sehen, sind probierfreudig und greifen gern auch zur Leberwurst mit Schnittlauch, Preiselbeere und Trüffel.“
Sie selbst probiert zwar gern alles, landet dann aber doch immer wieder bei den traditionellen Wurstsorten. „Salami geht immer“ - aber müssen es denn gleich 13 verschiedene Sorten sein? Konzentrieren wir uns lieber auf das Wesentliche, die Wurst für Notsituationen.
„Also wenn es Krieg gibt? Dann folge ich dem Rat meines Vaters und mache Leberwurst und Leberkäs. Da reicht im Zweifel ein Fleischwolf für die Herstellung.“
Macht Sinn. Doch was wenn es Krieg im Büro gibt, weil jemand Hunger hat und kurz davor ist, den Kollegen an den Hals zu gehen?
„Dann empfehle ich kleine Bifis, also Stengerli aus Schweinefleisch und Bauchspeck.“