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Meine Kinder bekommen Süßes. Na und?

Meine Kinder bekommen Süßes. Na und?
© Getty Images
Unsere Autorin hat es satt, sich dafür zu rechtfertigen, dass ihre Kinder zwischendurch was zum Naschen bekommen. Sie findet das nämlich völlig in Ordnung!
von Marie Stadler

"Also die Luise-Mathilde hat noch nie Schokolade probiert, deshalb vermisst sie es auch nicht!", sagt Luise-Mathildes Mutter mit oberschlauer Miene und schaut gemeinsam mit ihrem Töchterchen staunend dabei zu, wie meine beiden Kleinen sich genüsslich Schokobons in ihre Münder stopfen. Ich sage lange nichts, weil ich folgende Antworten abwäge:

1. Das tut mir leid für dich, Luise-Mathilde! Komm uns mal besuchen.

2. Wo ist der Bus mit den Menschen, die das interessiert?

3. Lustig! Ich hab grad verstanden, dass deine Tochter noch nie Schokolade gegessen hat mit ihren vier Jahren. Muss ich missverstanden haben. Was hast du wirklich gesagt?

Schließlich höre ich mich sagen: "Oh, das ist ja löblich. Das habe ich leider nicht so lange geschafft!" und kann es selbst kaum glauben. Wieso lasse ich mich allen Ernstes dazu bringen, mich für Dinge zu entschuldigen, die ich völlig in Ordnung finde? Ja, zu viel Zucker ist böse. Ja, Zucker dreht Kinder auf. Und nein, deshalb verteufle ich das weiße Gold NICHT komplett!

Gar kein Zucker? Völlig übertrieben!

In unserem Ort wohnt eine Familie, die es komplett auf die Spitze treibt. Die fünf Kinder gehen alle schon in den Kindergarten oder in die Schule. Zucker bekommen sie trotzdem nicht. Und zwar NIE! Das bedeutet, dass am 06. Dezember alle Kinder einen kleinen Schoki-Nikolaus in die Hand bekommen. Die Kinder dieser Familie eine Mandarine. Uff. Selbst wenn die Kids nicht mal wissen, was ihnen da entgeht: Ist das ihnen gegenüber fair? Ist es nicht ein bisschen zu bequem gedacht, ihnen Zucker so konsequent zu verwehren, dass sie nicht mal die Begehrlichkeit kennen? Vielleicht kennen sie ja nämlich eine andere Begehrlichkeit, nämlich die, einfach mal gleich behandelt zu werden wie ihre Freunde. 

Wenigstens eine Kindheit ohne schlechtes Gewissen

Schlimm finde ich jedenfalls, wenn Luise-Mathildes Mutter oder sonstwer mir oder meinen Kindern ein schlechtes Gewissen einreden möchte. Es kommt schon noch früh genug, dass sich meine Kinder mit ihren Körpern und deren vermeintliche kleinen "Schwachstellen" rumschlagen. Noch finden sie sich aber völlig zu recht total in Ordnung und haben Spaß am Essen. Vor allem an Süßkram. Na und? In Maßen halte ich das weder für verwerflich, noch für gefährlich. Wirklich doof ist es meines Erachtens, wenn Eltern gar nicht auf ausgewogene Ernährung achten und bequemerweise generell lieber Haribo anbieten, als mal einen Apfel aufzuschneiden. Ja, da darf man mal die Nase rümpfen, weil einem die Kinder leidtun, die schon Gelenkprobleme bekommen oder geärgert werden. Das tut mir dann auch leid. Aber zwischendurch mal ein paar Naschis? Ich bitte sehr darum!

Lasst meine Kinder in Ruhe naschen!

Eine Kindheit schmeckt eben nicht nur nach Apfel und Quinoa, sondern auch mal nach Karamell, Schokolade und Lollis. Und zwar ohne schlechtes Gewissen! Also all ihr Zucker-Hass-Eltern: Tut und lasst, was ihr für richtig haltet, aber lasst meine Kinder gefälligst in Ruhe ihre Naschmomente genießen. Ein kleiner Zuckerrausch ist mir lieber als arrogante Selbstgerechtigkeit. Ich hoffe, dass Luise-Mathilde ersteres irgendwann auch mal erlebt. Und das werde ich ihrer Mutter auch sagen, wenn sie das nächste Mal ungefragt über uns urteilt. 

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