Klar wäre es schön einfach jemanden in einer Bar, auf einem Konzert, im Park oder über Freunde kennenzulernen. Passiert nur leider nicht mal eben so – während der Pandemie erst recht nicht. Die meisten Singles treffen sich online. Die Corona-Jahre haben dazu nicht unwesentlich beigetragen, genauso aber auch dazu, statt lange mit Banalitäten Zeit zu vergeuden, doch bitte direkt Klartext zu reden. Vielleicht sind wir auch insgesamt anspruchsvoller geworden, was die Gestaltung unserer Freizeit betrifft und mit wem wir sie wirklich verbringen wollen. Denn genau das spiegelt der Dating-Trend Hardballing wieder.
Hardballing: Was bedeutet das?
Sorry, aber Kompromisse bei den Dingen, die uns wirklich wichtig sind, machen wir nicht mehr. Zeit und Energie an einen Menschen verschwenden, der uns am Ende ghostet, warmhält oder sich irgendwie nicht ganz sicher ist, ob er jetzt eine Beziehung mit uns will? Dafür sind wir uns echt zu schade. Wenn schon Beziehung, dann mit jemandem, der zumindest eine ähnliche Vorstellung davon hat, wie wir. Wie viel Übereinstimmung und Differenz wir uns wünschen, stecken wir selbst ab, aber das brauchen wir dann auch und drunter gehen wir nicht mehr. Deshalb ist Hardballing (engl. „hartnäckig“) aktuell besonders beliebt. Der Dating-Trend steht für eine besonders intensive und erkenntnisreiche Art des gegenseitigen Kennenlernens, bei dem beide Partner:innen sehr offen miteinander kommunizieren. Hierbei redet man nicht lange um den heißen Brei, sondern legt alle Karten direkt auf den Tisch. Die Quintessenz: Im besten Fall finden wir schneller jemanden, für den es sich lohnt, Zeit zu investieren, im schlimmsten Fall hat es ein wenigstens ein schnelles Ende.
Nach Benching, Ghosting und Co endlich mal ein vielversprechender Trend, oder?
Nach all den toxischen Dating-Phänomenen, bei denen man sich wirklich schon überlegt hat, einfach Single zu bleiben, um sich mit diesen ganzen Gurken da draußen nicht befassen zu müssen, scheint Hardballing dann doch noch ein Hoffnungsschimmer am Horizont zu sein. Im Grunde ist es der Gegenspieler zu all den Fiesigkeiten im Dating-Game: Beziehung? Was Lockeres? One Night Stand? Alles drin, aber bitte einfach ehrlich sein. Sich nie wieder fragen müssen, was der:die andere wohl von einem hält oder was man füreinander ist, ob man jetzt schreiben kann oder doch lieber noch drei Tage warten sollte, genauso wenig wie Ausreden oder falsche Versprechen. Der Albtraum aller Fuckboys, der Traum aller Träumer von der wahren Liebe?
Natürlich kann man auch beim Hardballing enttäuscht werden, aber zumindest an den ersten Hürden sollte es nicht scheitern. Schließlich lässt man sich auch länger Zeit, bis man sich zum ersten Mal trifft. Die braucht man auch: Online-Gespräche werden ausführlicher und detaillierter geführt. Es ist also eine Form von „Slow-Dating“ – und wie in vielen anderen Bereichen kann es auch beim Dating nicht schaden, ein bisschen Tempo rauszunehmen. Wenn dann soweit alles passt, dann trifft man sich. Muss nur noch die Chemie stimmen.
Hardballing kann aber auch nach hinten losgehen
Auf den ersten Blick scheint Hardballing total vielversprechend, es kann aber schnell auch ungemütlich werden. Statt eines lockeren Dates fühlt man sich möglicherweise wie in einem Vorstellungsgespräch, dass durchaus auch frustrierend enden kann. Entspanntes Kennenlernen geht anders. Grundsätzlich ist es natürlich okay, für einen selbst essentielle Themen frühzeitig anzusprechen, es darf aber nicht vergessen werden, dass wir immer noch nach einer:m Partner:in suchen und nicht nach unserem Ebenbild oder einem Traumprinzen, der in allen Punkten unseren Anforderungen entspricht. Kompromisse sind Teil einer jeden Beziehung. Wer sich schon an Kleinigkeiten stört, wird es auch in Zukunft schwer haben, einen passenden Menschen zu finden. Also ruhig die Zügel auch ein wenig locker lassen und offen an die Nummer rangehen.