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Hangxiety und Beer Fear Warum das mit dem Schöntrinken oft nach hinten losgeht

Schatten Frau mit Flasche
© Instants / Getty Images
Innere Unruhe, Zittern, Kreislaufprobleme, Übelkeit, Magengrummeln (und mehr) – kleine, fiese Nebenwirkungen, wenn wir es uns am Vorabend mit dem Alkohol etwas zu gut gehen lassen haben. Fieser wird es dann noch, wenn neben dem desolaten körperlichen Zustand auch die Psyche angeschlagen ist. Kennst du? Dann leidest du möglicherweise an Hangxiety oder Beer Fear. 

Stress mit dem:der Partner:in, im Job oder einfach allgemein dem Leben? Darauf erstmal ein, zwei, drei Bier, Wein oder Aperol Spritz? Dann fühlt sich das Leben gleich weniger schwer an – zumindest bis zum nächsten Morgen. Nach dem Aufwachen machen sich ganz andere Gefühle breit: Stimmungsschwankungen, Sorgen, Grübelein, Ängste, gern gepaart mit Kurzatmigkeit, Herzrasen und Schwindel. Das, was gestern schon unsere Stimmung verdüstert hat, nimmt nun nochmal neue Dimensionen an, auch bekannt unter dem Namen "Hangxiety" (Kombination der Wörter Hangover (zu dt. Kater) und Anxiety (zu dt. Angst) oder Beer Fear (zu dt. Bierangst). Aber was ist das und warum fühlt sich das so furchtbar an?

Immer mit dabei, der kleine Drink von nebenan

Alkohol ist überall: an geselligen Abenden sitzt er mit am Tisch, wenn wir uns entspannen wollen, gönnen wir uns ein Glas Rotwein und steht plötzlich Besuch auf der Matte, wird gerne mal der ein oder andere Sekt geköpft, ganz zu schweigen vom wohlverdienten Feierabendbierchen oder dem tröstenden Longdrink mit der:dem besten Freund:in bei Liebeskummer.

Alkohol ist bei vielen so normal wie der Kaffee am Morgen. Zu jeder Party gehört er ganz selbstverständlich dazu. Nur leider lässt er gern auch das Hochgefühl vom Vorabend verpuffen, wenn am nächsten Tag der Schädel brummt.  Während die meisten Menschen zwar um die körperlichen Begleiterscheinungen von zu viel Alkohol wissen, werden Beschwerden wie depressive Verstimmungen, Verwirrtheit und Ängstlichkeit kaum thematisiert.

Dabei ist „Hangxiety“ gar keine Seltenheit. Wie eine Studie der Universität Utrecht 2017 herausfand, leiden rund 22 Prozent der Befragten bei einem Kater unter psychischen Begleiterscheinungen wie Ängsten. Die Krux: Wir trinken Alkohol meist, um etwas lockerer zu werden und Ängste und soziale Unsicherheiten auszuschalten. Das klappt zunächst auch, da Alkohol unser zentrales Nervensystem schwächt und ein Gefühl der Entspannung verursacht. Nur ist das Gefühl meist nur von kurzer Dauer und rächt sich am nächsten Morgen. 

Die Angst am nächsten Morgen

Kaum die Augen geöffnet, klopft der Kater mit lautstarken Kopfschmerzen von innen gegen unseren Schädel. Doch als ob das nicht genug wäre, gesellen sich Übelkeit, Unruhe, enge in der Brust und depressive Verstimmungen gern noch dazu. „Nach dem Konsum von Alkohol muss der Körper ihn durch die Leber verstoffwechseln, um die Giftstoffe aus dem Körper zu entfernen. Der Entgiftungsprozess führt dazu, dass der Körper leichte Entzugserscheinungen verspürt, da er den Alkohol aus dem System verarbeitet. Diese Entzugserscheinungen treten in Form von Angstgefühlen, Sorgen und Ruhelosigkeit auf", erklärt der Suchttherapeut Phil Jackman von der Private Rehab Clinic, Delamere. „Wenn eine Person eine Angststörung hat, kann Alkohol diese Symptome verstärken, aber auch Angstgefühle bei Menschen hervorrufen, die es normalerweise nicht täglich erleben.“

Ein Teufelskreis, in dem man seine Runden dreht

Nicht selten ergibt sich daraus ein Teufelskreis: Menschen, die regelmäßig unter Angstzuständen leiden und Alkohol als Bewältigungsmechanismus nutzen, bekämpfen ihre "Hangxiety" mit dem Trinken von Alkohol, was zu einem erneuten Kater führt. Alkoholismus und psychische Erkrankungen sind daher oft eng miteinander verbunden. Hinzu kommt, dass Alkohol außerdem den so wichtigen regenerativen Schlaf verhindert. Wenn Alkohol konsumiert wird, dämpft er das zentrale Nervensystem des Körpers, was zu Entspannungsgefühlen führt.

Gleichzeitig stört die Unterdrückung des zentralen Nervensystems jedoch das Schlafmuster des Körpers, was zur Folge hat, dass weniger Zeit im REM-Schlaf (Rapid Eye Movement) verbracht wird. Unser Schlaf ist daher nach Alkoholkonsum meist wenig erholsam. Gleichzeitig begünstig schlechter Schlaf psychische Dispositionen, wie eine Studie herausfand. „Statt ausgeruht und fit starte ich mit einem Defizit in den Tag und leiste einer psychischen Erkrankung Vorschub“, so Dr. Andreas Hagemann, Ärztlicher Direktor der Privatklinik Eschweiler bei Aachen. Hinzukommt, dass unter Alkoholeinfluss vermehrt die Gute-Laune-Hormone Serotonin und Endorphine ausgeschüttet werden, der Speicher somit am nächsten Tag im Defizit ist und erstmal wieder aufgefüllt werden muss. 

Fazit: Schön trinken, klappt nicht

Es ist wie es ist: Alkohol ist und bleibt ein Nervengift mit sehr viel mehr Einfluss auf unseren gesamten Körper, als wir ihm oft zugestehen. In der Regel tun wir das alles mit einem Schulterzucken ab. Auch darüber, wie sehr unsere Psyche in Mitleidenschaft gezogen wird, wissen die wenigsten Bescheid. Um so wichtiger, ein Auge darauf zu haben, um gar nicht erst in den Teufelskreis zu geraten. Vor allem, wenn es uns ohnehin schon nicht gut geht, ist es ratsamer mit lieben Menschen einen Tee zu trinken, statt die Sorgen in Alkohol zu ertrinken. Funktioniert eh nicht und auch bei Tee kann man all seinen Frust vom Leder lassen. 

Du hast Sorgen, die du teilen möchtest? Rund um die Uhr nimmt die Telefonseelsorge anonym Anrufe an, Telefon 0800/1110111 oder 0800/1110222, www.telefonseelsorge.de. Weitere Informationen und Hilfe zum Umgang gibt es auch bei der Deutschen Depressionshilfe, Telefon 0800/3344533 oder unter www.deutsche-depressionshilfe.de.

Quelle: aponet.de

Barbara

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