Früher, da war ich mal cool. Ich fuhr spontan in den Urlaub, feierte, bis morgens die Sonne aufging und knutschte mit dem ansehnlichsten Kerl in der Disco. Fühlt sich an wie gestern. Ist aber schon 20 Jahre her. Heute habe ich zwei Kinder, einen Bausparvertrag, wache morgens immer neben dem gleichem Mann auf – meinem – und finde es schon ziemlich verwegen, wenn ich mich unter der Woche mit einer Freundin auf Bier und Burger treffe.
Ich habe mich immer für fortschrittlich gehalten. Und trotzdem bin ich die, die in Teilzeit arbeitet. Weil ich deutlich weniger verdiene als mein Mann und weil ich große Lust habe, Zeit mit meinen Kinder zu verbringen. Bevor ich welche hatte, war ich der festen Überzeugung, ich würde nach spätestens sechs Monaten wieder voll durchstarten. Das habe ich mir dann schnell anders überlegt.
Fehlt nur noch der Thermomix
Bin ich jetzt ein lebendes Klischee? Das der Teilzeitmutti, die im Herbst Laternen bastelt, immerzu Vollkornbrot kauft und fremden Menschen ein „das darf man aber nicht machen“ hinterherruft, wenn die bei Rot über die Ampel gehen? Ja, genau das bin ich. Fehlt nur noch der Thermomix und das Bild wäre perfekt.
An manchen Tagen macht mich das fertig. Da denke ich dann: Was ist nur aus mir geworden? Wann bin ich bloß zu dieser Spießertussi geworden? Ich rufe dann tief frustriert meine Mädels aus der Schulzeit an und wir gehen feiern. So wie früher. Nur dass wir heute den guten Gin Tonic trinken statt des Billo-Pilses. Am nächsten Morgen, leicht angekatert, bin ich dann wieder ganz versöhnt. Mit mir, mit dem Leben, meinen zwei Kindern und dem Mann an meiner Seite. Eigentlich doch ganz schön, so ein Klischee zu leben. Und vielleicht kaufe ich mir demnächst auch noch mal diesen Thermomix.