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Verliebt in den Chef Kann das gutgehen?

Verliebt in den Chef: Kann das gutgehen?
© Getty Images
Liebe am Arbeitsplatz? Standard! Aber verliebt zu sein in den Chef ist eine ganz andere Nummer. 
von Miriam Kühnel

Ja, ich gebe es zu, klischeehafter geht es nicht, aber ich war tatsächlich mal verliebt in Brad Pitt. Bei Rendezvous mit Joe Black bin ich ihm mit Haut und Haar verfallen und erst Jahre später habe ich bemerkt, dass es auf der Welt auch etwas näherliegende attraktive Männer gibt. Meinen Chef zum Beispiel. Und nein, das hat die Sache kein bisschen besser gemacht.

Das Leben ist nicht Hollywood

Nachdem ich also meinen Hang zu Brad überwunden hatte, konnte ich mich wohl immer noch nicht von dem Gedanken verabschieden, mein Leben sei ein Hollywood-Film. Mich in meinen Chef zu verlieben, war wohl Teil meines Drehbuchs. Es drauf anzulegen, dass er es mitbekommt, offensichtlich auch. Ich begann, ihm lustige, ein bisschen zu private Mails zu schreiben, legte keck meinen Kopf in den Nacken, wenn ich mit ihm sprach und tanzte mich auf der Weihnachtsfeier viel zu auffällig in seine Nähe. Nein, er bereitete dem Desaster kein Ende. Er ging tatsächlich darauf ein. Und so fand ich mich plötzlich in den Armen meines Chefs wieder. In seiner Wohnung, an seinem Esstisch und – ZACK – in seinem Bett. Ich sage es mal so: Das war so klug wie die Entscheidung, einen vierten Gin Tonic zu bestellen, obwohl man am nächsten Tag arbeiten muss. Nein, das tut dem Job nicht gut. Und nein, die Sache mit dem Chef auch nicht.

Ich liebe meinen Job

Ich flog also Tag für Tag beseelt ins Büro, verbrachte morgens sehr viel Zeit vor dem Kleiderschrank, strahlte mich durch den Arbeitstag und genoss das wohlige Kammerflimmern, immer wenn er mir hinter dem Rücken meiner Kollegen zuzwinkerte. Ich war ein peinliches Fangirl, das darauf wartete, kleine Zeichen zu bekommen, dass ich etwas besonderes für ihn war. Die heimlichen Treffen nach Feierabend und das verwegene verbotene Knutschen im Konferenzraum machte alles noch viel spannender. Bis plötzlich, eines Tages, die Luft raus war. Ich war müde von der Heimlichkeit, erschöpft von der Aufregung, traurig über die Einschränkung, sich nie zusammen zeigen zu können. Ihm ging es ähnlich. Und er machte Schluss.

Am Ende verliert der Kleinere

Das Aufregende an Liebschaften mit Vorgesetzten ist ganz sicher auch das Machtgefälle. Ich weiß mittlerweile: So richtig aufregend wird dieses Gefälle aber erst danach. Mein Chef, der nun also heimlicherweise auch mein Ex war, stand beim Mitarbeitergespräch vor mir und verweigerte mir ein Zwischenzeugnis. "Wie soll ich dich bitte professionell beurteilen?" fragte er mich bissig und delegierte das Zeugnis kurzerhand an seinen Chef. Der hatte aber keine Ahnung von all meinen freiwilligen Überstunden. Der wusste gar nichts über mich und meine Arbeit, wirklich gar nichts. Nun, er hatte aber halt auch nicht mit mir geschlafen. Und so wurde mein Zeugnis das nichtssagendste Zeugnis aller Zeiten, obwohl ich noch nie so sehr gerockt hatte in einem Job wie in diesem. Ich weiß, dass das noch der glimpflichste mögliche Ausgang der Geschichte war. Es war vielleicht sogar ein bisschen edel von meinem Chef, die eigene Befangenheit zu beachten. Und trotzdem weiß ich jetzt: In jedem Chef steckt auch ein bisschen Christian Grey. Und Christian Grey zu daten, ist nicht ratsam.

Ist es wirklich Liebe?

Jetzt im Nachhinein betrachtet war es sicher keine Liebe. Ehrlich gesagt waren die Arbeitstage mit meinem Chef besser als unsere privaten Treffen. Aufregend, prickelnd, Hollywood halt. Ich glaube, wenn man sich in seinen Chef verliebt, sollte man erst einmal versuchen, ihn privat ein bisschen kennenzulernen. Nein, nicht in seinem Bett. Vielleicht eher mal bei einem Feierabendbier. Man sollte rauskriegen, wer er wirklich ist, wenn er das Chefkostüm abgelegt hat. Da kommt manchmal nämlich ein ganz anderer zum Vorschein. Das mag in manchen Fällen ein Jackpot sein und dann lohnt es sich ganz sicher, die Sache mit der Chef-Liebe auszuprobieren, aber in meinem Fall war es am Ende nicht mehr als Hollywood... Viel Kulisse und wenig dahinter.

Barbara

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