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"Ich bin anders als andere Frauen!" Was ist das "Pick-Me-Girl" und warum ist es ein Problem?

Frauen Profil in schwarz-weiß
© tugolukof / Adobe Stock
Schon seit längerer Zeit kursiert der Begriff des „Pick-Me-Girls“ auf sämtlichen Social Media Plattformen. Aber woher kommt der Begriff und was hat das ganze mit dem Patriarchat zu tun? 

Ob auf TikTok oder Instagram – über das Wort „Pick-Me-Girl“ ist inzwischen fast jede:r schon mal gestolpert. Meistens in einem negativen Kontext. Dabei war beinahe jede Frau schon einmal in irgendeiner Situation ein Pick-me. Ein „Pick-Me“ sind Frauen, die ihr Verhalten auf Männer ausrichten, indem sie andere Frauen als schlechter und anstrengender darstellen. Dabei grenzen sie sich klar von ihnen ab, etwa indem sie typisch feminine Verhaltensweisen ablehnen und betonen, dass sie selbst ja ganz anders sind. So möchten sie Aufmerksamkeit und Anerkennung von Männern erhalten. Typische Sätze sind: „Ich bin nicht so wie andere Frauen“ oder „Ich habe fast nur männliche Freunde, Frauen sind mir zu zickig“. „Pick Me“ bezieht sich also darauf, dass Männer die Frau aufgrund ihrer Andersartigkeit „wählen“ sollen.

Woher kommt das "Pick-Me-Girl"?

Geprägt wurde das Bild der Frau, die sich von typisch-weiblichen Interessen und Verhalten abgrenzt, vor allem in den 2000er-Jahren. Der Boom um die Teenie-Filme, in denen am Ende das Außenseiter-Mädchen den beliebten Footballspieler dated, sind genau auf diesem Prinzip aufgebaut und tragen bis heute zu dem Phänomen bei. In den Filmen wird das beliebteste Mädchen der Schule, das immer top-gestylt ist, als unfreundliche und abgehobene Tussi dargestellt, die dazu auch noch eher dümmlich wirkt. Im Kontrast dazu steht das unbeliebte, stille Mädchen, dass Horrorfilme schaut, Flanell-Hemden trägt und lieber Bier trinkt, anstatt seine Zeit in der Shoppingmall zu verbringen.

Dazu wird das Bild des typischen heterosexuellen Mannes gezeigt, der von diesen beiden umkämpft wird, und sich am Ende natürlich für das unbeliebte Mädchen entscheidet, das ihr Glück kaum fassen kann. Besiegelt wird das Happy End auf dem Abschlussball, wo das „graue Mäuschen“ in einem atemberaubenden Kleid auftaucht und so allen zeigt, wie schön sie doch eigentlich ist.

Frauen bilden hier kaum komplexen Charaktere und wirken teils eher wie eine Requisite. Denn letztendlich dreht sich alles um den Mann und wie seine Aufmerksamkeit erlangt werden kann. Natürlich sind diese Filme nur ein Symptom des jahrelangen systematischen Frauen-in-Schubladen-steckens, dennoch haben sie das Konstrukt „Tussi oder graues Mäuschen“ massiv geprägt.

Frauen werden hier also für sich selbst vor eine Wahl genau dieser zwei Versionen gestellt. Und wer möchte schon als dumme Blondine abgestempelt werden?

Warum wird man zu einem "Pick-Me-Girl"?

„Pick-Me-Girls“ wirken zwar oft selbstbewusst, meistens versteckt sich darunter aber eine Unsicherheit, nicht gemocht zu werden und ein geringes Selbstwertgefühl. Durch ihre Abgrenzung zur „typischen“ Frau können sie sich selbst hervorheben. Damit spielen sie patriarchalen Strukturen in die Hände, wobei doch genau diese der Ursprung ihrer eigenen Unsicherheiten sind. Der Drang, andere Frauen runterzumachen, um sich selbst „sicher“ in der eigenen gesellschaftlichen Position zu fühlen, geht auch manchmal über das Abwerten von beispielsweise „weiblichen“ Hobbys hinaus. „Internalisierte Misogynie“, wie sich das Verinnerlichen von frauenfeindlichen Werten bei Frauen selbst nennt, zeichnet sich zum Beispiel das Ablehnen des Feminismus ab, obwohl der eigentlich ja ihnen und ihrer Freiheit dienen soll. So kann es vorkommen, dass eine Frau die Unterdrückung ihres eigenen Geschlechts sogar befürwortet, um soziale Akzeptanz von Männern zu erhalten. Sogar andere Frauen als „Pick-Me“ zu bezeichnen kann genutzt werden, um sich selbst abzugrenzen.

Das zeigt, wie schwierig es ist, sich von den Mustern und Normen wie eine Frau zu sein hat zu lösen und die zentrale Rolle des heterosexuellen Mannes in der Gesellschaft aktiv zu hinterfragen. Immerhin sollte es im Leben nicht darum gehen, einem Mann zu gefallen, sondern vor allem sich selbst!

Natürlich sollte man es auf keinen Fall unterstützen, wenn eine Frau andere Frauen abwertet, aber blickt man hinter die Fassade, erkennt man das mehr dahintersteckt als Selbstdarstellung. „Pick-Me‘s“ leiden selbst so stark unter dem patriarchalen Druck, dass sie den einfachsten Ausweg daraus nehmen: Sie unterstützen ihn. Jede Frau wird sich, ob bewusst oder unterbewusst, schon einmal so verhalten haben, weil wir es eben von klein auf so gelernt haben. 

Wie können wir unser inneres „Pick-Me-Girl“ überlisten?

Als erstes sollten wir uns angewöhnen, einfach die Dinge zu mögen, die wir wollen. Lösen wir uns von dem Gedanken, dass bestimmte Hobbys „maskulin“ oder „feminin“ sind. Tu das, was du möchtest, denn wir sind als Menschen facettenreich. Und auch wenn wir dazu neigen, Dinge in Schubladen stecken zu wollen, sind wir ohne sie um einiges freier.

Wenn dir in deinem Umfeld solche Strukturen auffallen: Sprich es an oder erkläre deine Sichtweise, denn oft fällt es einem selbst gar nicht auf und unterstütze dein Freund:innen in ihren Interessen, denn nur so können wir langsam Vorurteile ablegen. Auch wenn es schwer ist, diese lang erlernten Muster aufzubrechen, können wir jeden Tag etwas dafür tun. Gleichzeitig dürfen wir uns selbst oder andere nicht verurteilen, wenn es ab und zu noch nicht ganz perfekt läuft. Es ist ein langer Weg, aber gemeinsam schaffen wir es, uns von diesen tief verankerten Stereotypen zu lösen.

Verwendete Quellen: cosmopolitan.com, stuttgarter-zeitung.de

Barbara

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