Eigentlich wollten wir Ende Mai in den Urlaub. Dann musste mein Mann aus beruflichen Gründen die geplante Zeit in den Juli verlegen. Blöd für uns, weil heiß und teuer da, wo wir gerne hin fliegen. Macht nix, dachten wir. Mit Haus und Garten, die Ostsee in 20 Minuten zu erreichen, werden wir auch hier Erholung finden, zumal die Kinder aus dem Haus sind und wir flexibel über unsere Zeit verfügen können.
Der erste Anruf kam dann schon am ersten Tag von den Kindern: Würden wir die Katzen im Wechsel mit den Schwiegereltern in Hamburg betreuen? Sie flögen eine Woche nach Mallorca in den Urlaub. Aha. Nächste Woche? Da haben wir doch auch Urlaub und nach Hamburg fährt man von uns aus eine knappe Stunde (ohne Staus). Stille auf der anderen Seite, als wir nein sagen. Kommt sonst auch fast nie vor.
Wir versuchen, in Büsum an der Nordsee die Sonne zu finden, die irgendwie weg ist. Dafür ist es eine ganz schöne Fahrerei für einen Tag. Wie gesagt, wir kommen von der Ostsee. Aber wir machen einen langen Spaziergang in steifer Brise und entspannen. Kurz.
Anruf von Opa. Er kann nichts mehr hören auf einem Ohr. Er ist 87 Jahre alt, allein kann er nicht mehr zum Arzt und er wohnt 30 Kilometer entfernt von uns. Egal, er gibt die Telefonnummer und ich mache einen Termin beim Facharzt.
Heute ist es trocken, mein Mann bastelt am Oldtimer, ich mache Gartenarbeit. Geht ja auch, wir entspannen. Zwischendurch kaufen wir ein, irgendwie Alltag. Na gut, dann kann ich auch die Fenster schnell putzen, die gucken mich so traurig an.
Am nächsten Tag: Mein Mann setzt Opa in den Rollstuhl und fährt mit ihm zum Arzt. Leider hat Opa die falsche Telefonnummer gegeben. Es ist der Arzt, der keinen Fahrstuhl hat. Mann steht auf der Straße und zieht das Handy zur Rate, welcher Arzt noch in Frage kommt (mit Fahrstuhl und Termin). Ach ja, inzwischen regnet es in Strömen und Opa ist sauer.
Auf dem Rückweg läuft ein Dachs vor unser Auto. Beule im Auto, Tier tot. Eine Stunde braucht es bis Polizei und Förster da sind und alles seine Ordnung hat. Na gut, das ist eben Pech. Vor allem für den Dachs, entrüstet sich die Tochter später.
Heute machen wir eine Fahrradtour bei ganz gutem Wetter. Ostseeküste, toller Radweg, richtig nett. Wir haben lecker gegessen und sind entspannt. Plötzlich gibt es ein zischendes Geräusch und der Fahrradreifen seinen Geist auf. Natürlich haben wir kein Flickzeug dabei und sind Meilen vom Autoparkplatz entfernt. Einer von uns holt mit dem intakten Fahrrad das Auto, der andere darf die grasenden Schafe beobachten. Hat ja auch fast etwas Beruhigendes.
Wieder Zuhause ruft meine Freundin an und fragt, ob wir den Hund ihres Freundes nehmen, den er irgendwie von den Nachbarn (die ironischerweise auch im Urlaub sind) in Pflege hat, weil sie mit ihm übers Wochenende nach Barcelona reisen möchte. Häh, wie bitte? Mein 'nein' klingt irgendwie aggressiv. Wir haben Urlaub, sage ich. Aber ihr seid doch zu Hause, sagt sie. Wie blöd ist das denn?
Opa hat angerufen, er braucht Lebensmittel. Also kaufe ich ein und wir fahren ihm die Sachen kurz hin. Kurz heißt: Wieder eine 60 Kilometer Tour.
Lässt sich nicht ändern. Auch nicht, dass vormittags ein Techniker kommt und unsere Küche vermessen will, weil wir im Herbst eine neue bekommen. Bleiben wir halt zu Hause heute. Ich muss eh ja mal saugen, Staub wischen, Wäsche machen.
Aber EINEN schönen Tag hatten wir wirklich: blauer Himmel, Strandkorb, abends ein schönes Freiluftkonzert. Es gab auch andere Momente, die schön waren, denn wir wohnen ja schon da, wo andere Urlaub machen. Man muss sie halt wahrnehmen.
Trotzdem: Nächstes Jahr heißt es wieder "wir sind dann mal weg". Und dann können Kinder und Freundin mal den Opa in Pflege nehmen.