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Darum tanzen Männer nicht: Die ganze Wahrheit

Darum tanzen Männer nicht: Die ganze Wahrheit
© Markus/EyeEm.com
Frauen lieben es zu tanzen. Problem: Männer nicht. Unser Kolumnist sagt: Kerle, die das gern tun, sind so selten wie Einhörner mit zwei Hörnern.
von Björn Krause

Dunkles Zimmer, flackerndes Licht, laute Musik – Folterkeller Einraumdisco. Brüllst mir ins rechte Ohr, ich dir ins linke. Fragmente einer Unterhaltung, die in die falsche Richtung gehen. Zum Dancefloor nämlich. „Das ist mein Song“, schreist du und rüttelst an mir wie an einer verschlossenen Tür. „Los, wir tanzen!“ Das T-Wort. Tanzen. Die vertikale Frustration einer horizontalen Begierde. Mit Betonung auf Frustration

Habe keinen Song. Damit fängt es schon mal an. Habe keine Lust. Damit hört es dann meist auch schon auf. Bin mit meiner Beinlängendifferenz auch gar nicht fürs Schwofen gemacht. Höchstens für einen Kreistanz, aber auch nur linksherum.

Lässt nicht locker, ziehst und zerrst. Halte mich an meiner Bierflasche fest, eine Rettungsboje auf stürmischer See. „Bin gleich so weit“, lüge ich und nehme einen Schluck.

Gibst mir einen Kuss, und dann bist du auch schon weg, verschwunden in der Menge aus zappelnden Gliedern. Durchatmen. Trinken. Atmen. Der Bass schlägt mir in den Magen.

Beobachte dich genau, deinen bebenden Körper, die glänzende Haut. Bewundere es, wie du dich fallen lassen kannst, abdriftest in eine andere Welt. Wie du alles um dich herum ausblendest. Die Wahrheit ist: Das würde ich auch gern können. Kann ich aber nicht. Fühle mich jedes Mal beobachtet wie bei „Let’s Dance“. Um mich herum eine Jury, die Schilder mit Minusziffern hochhält. Das kann ich fühlen.

Bin nicht allein. Gibt noch andere. Männer, die mit einer Körperhaltung wie Gelee an der Theke stehen, schunkelnd, wippend, nickend. Manchmal im Takt. Ein Rudel Wackeldackel, das apathisch in die Dunkelheit starrt. Will keiner von denen sein. Will aber auch keiner von denen sein, die auf der Tanzfläche mit ihren Armen fuchteln, als wollten sie Mücken verscheuchen. Etwas zu tun, das man nicht kann – Chemikalien mischen, Herz verpflanzen, tanzen –, führt zu Katastrophen apokalyptischen Ausmaßes: Explosionen, Organversagen, Luftgitarre. Plötzlich ist man einer von denen, die im Moonwalk übers Parkett stolpern. Oder als Roboter. Bitte nicht, bitte.

Ein kollektives Raunen geht durch den Raum. Der DJ hat eben irgendeinen Lovesong aufgelegt. Schaust mich an und hältst mir deine Hand hin. Jetzt oder nie. Jetzt, oder? Ich umarme dich, du mich, wir uns. Und dann drehen wir uns auf einmal ganz langsam im Kreis. Links herum, zum Glück.

 

 

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