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Lasst uns tanzen! Wie wir den Hintern von der Couch kriegen

Lasst uns tanzen! Wie wir den Hintern von der Couch kriegen
© Gettyimages
Diplom-Psychologe und Motivationstrainer Rolf Schmiel erklärt, warum es ganz normal ist, dass wir ab 30 so gemütlich werden und wieso wir Verbündete brauchen, um mal wieder so richtig abzuzappeln
von Nele Justus


BARBARA: Herr Schmiel, wieso bekommen wir ab Mitte 30 unseren Hintern so schwer von der Couch?
Rolf Schmiel: Es ist biologisch erwiesen, dass unsere Leistung mit steigendem Alter zurückgeht. Wir haben den größten Leistungsgrad Anfang 20. Das nächste Jahrzehnt werden wir dann schon ein bisschen gemütlicher. Am stärksten fällt einem die Differenz in der Phase zwischen 30 und 40 auf, weil man sich noch nicht an die fehlende Energie gewöhnt hat.

Wir sind also gar nicht schuld, dass wir auf einmal so gemütlich werden?
Nein. Das ist ein natürlicher, biologischer Prozess.

Da fühlen wir uns doch gleich ein bisschen besser...
Verstärkt wird das außerdem, weil bei den meisten die Aufgaben und Rollen mit der Anzahl der Lebensjahre wächst. Wenn wir jung sind, können wir unsere ganze Energie darauf verwenden, uns weiterzuentwickeln und eine gute Zeit zu haben. Wenn man aber Mutter ist, berufstätig, Ehefrau, sich vielleicht noch im Schulausschuss engagiert, müssen wir unsere Energie aufteilen. Am Ende des Tages bleibt kaum noch etwas übrig für exzessiven Sport oder durchtanzte Nächte. Deswegen versauern unsere Joggingschuhe im Schrank und wir erholen uns stattdessen bei Netflix und Rotwein.

Wieso kommt es uns aber oft so vor, als würden die anderen das viel besser hinkriegen?
Durch Facebook oder Instagram erfahren wir von den anderen ständig, was die für ein geiles Leben führen. Jeder inszeniert seine schönsten Momente. Deswegen denken wir: Alle anderen haben Spaß und geben Vollgas, nur wir nicht. Aber das sind nur die Highlights, das hat nichts mit der Realität zu tun. Aber es teilt eben keiner einen Selfie von sich, wo er im Jogger auf dem Sofa abhängt und sich eine Tüte Chips reinhaut.
Wenn das mal alle posten würden, würden wir denken: Was habe ich doch für ein erfülltes Leben!

Was kann ich tun, um meinem inneren Schweinehund trotzdem einen Tritt in den Hintern zu geben?
Häufig fehlt einem die nötige Motivation. Was da hilft sind Verabredungen. Die werden für uns immer wichtiger, je älter wir werden. Stellen Sie sich das wie eine Selbsthilfegruppe vor. Wenn Sie mal nicht so gut drauf sind, motivieren die anderen sie. Haben Sie einen guten Tag, dann rütteln Sie die anderen wach. Es reicht schon, sich im Monat ein- bis zweimal zu verabreden. Dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man vor die Tür geht.

Und das funktioniert?
Ja, das ist wie bei einer Paartherapie. Da setzen sich Partner auch Zwangstermine für intime Begegnungen. Solche Termine funktionieren genauso gut für andere Dinge: Tanzen, einen Mädelsabend, Sport. Sie müssen das nur frühzeitig planen. Gut zu wissen: Je stärker die Verbindung zu den Menschen ist, mit denen wir uns verabreden, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir kneifen. Nennen Sie es den Zwang zum Glück.

Sind wir denn wirklich glücklicher, wenn wir häufiger Fünfe gerade sein lassen?
Es ist die Mischung aus Abwechslung und Routine, die uns zufrieden macht. Wer immer nur das Gleiche tut, der langweilt sich. Wer aber ständig nur Vollgas gibt, der gerät in Freizeitstress.

Und was machen wir, wenn uns nach einer durchtanzten Nacht der Kater einholtund wir nie wieder vor die Tür wollen?
Meine Empfehlung ist: Machen Sie sich eine Glückswand. Eine Hall of Fame der guten Momente sozusagen. Dann sehen Sie immer, wie viel Spaß man haben kann. Das geht auf dem Handy. Noch besser ist es aber an einem netten Ort, wo sie die Bilder immer im Blick haben. Wer das macht, versumpft nicht so schnell wieder im Alltag.

Lasst uns tanzen! Wie wir den Hintern von der Couch kriegen
© Rolf Schmiel / Privat

Rolf Schmiel ist der Psychologe unter den Motivationstrainern. Statt Tschakaa-Schreien setzt er lieber auf fundierte psychologische Strategien. Was er sonst noch drauf hast? Der Diplom-Psychologe ist TV-Experte, Kongress-Redner und war als Dozent an der Ruhr-Universität Bochum tätig.

Foto: Steffi Atze

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