VG-Wort Pixel

Hoffnung für Millionen Louise Joy Brown, 44, das erste "Retortenbaby" der Welt

Louise Brown - das erste Retortenbaby
Louise Joy Brown, 44, ist heute Mutter zweier Kinder – und IVF-Botschafterin
© ZUMA Wire / imago images
Das erste "Retortenbaby" der Welt ist schon längst kein Baby mehr, aber "alive and kicking", wie man in Großbritannien sagt: Louise Joy Brown feierte diese Woche ihren 44. Geburtstag.  

Louise Joy Brown verdankt ihr Leben einem Toto-Gewinn und einer medizinischen Revolution: Als erster Mensch wurde sie durch künstliche Befruchtung im Labor gezeugt. Am 25. Juli 1978 kam sie per Kaiserschnitt im englischen Oldham zur Welt, brachte 2,6 Kilo auf die Waage und war putzmunter. Das Geld für die In-vitro-Fertilisation (IVF) soll ihr Vater im Fußball-Toto gewonnen haben.

Die Kirche malt den Teufel an die Wand

Doch nicht nur die Kirche hatte etwas gegen Louises Geburt: Die glücklichen Eltern Lesley und John, die neun Jahre lang vergeblich auf eine Schwangerschaft gewartet hatten, bekamen vom Erzbischof von Canterbury zu hören, bei Louises Geburt sei "der Teufel am Werk" gewesen. Und die Boulevardpresse machte sich über das "Frankenbaby" her – in Anlehnung an Frankenstein, der einen künstlichen Menschen herstellen wollte und ein Monster erschuf.

In Deutschland ging Louise als "Retortenbaby" in die Geschichte ein – ebenfalls ein abfälliger Begriff.  Denn was  "aus der Retorte" kommt, wurde "widernatürlich" hergestellt: Retortenbaby, Retortenstadt, Retorten-Band - nicht gewachsen, seelenlos, lediglich Mittel zum Zweck. Die Eltern tourten mit Louise durch TV-Shows, um der Welt zu zeigen, dass ihre Tochter ein ganz normales Kind ist.

Retortenbaby Louise Brown
Das Foto von Louise, das kurz nach der Geburt gemacht wurde, ging 1978 um die Welt
© ZUMA/Keystone / imago images

Brown ist heute IVF-Botschafterin

Trotz aller Aufregung rund um ihre Geburt lebt Louise Joy Brown heute ein ganz normales Leben. Sie heißt inzwischen Louise Mullinder, ist Mutter von zwei auf natürlichem Weg gezeugten Söhnen, riesiger Take-That-Fan und arbeitet in einem Speditionsbüro in Bristol. Und sie ist als IVF-Botschafterin unterwegs. Sie sprach schon vor dem Europäischen Parlament und tritt weltweit bei Kongressen zum Thema auf.

Sie liebe es, andere IVF-Kinder zu treffen und das Glück der Eltern zu sehen, sagte sie der "Welt". Und sie möchte, dass alle unfruchtbaren Paare die Möglichkeit zur Kinderwunschbehandlung bekommen:

"IVF sollte jedem Paar offenstehen, das sich ein Kind wünscht und es auf natürlichem Weg nicht bekommen kann. Es geht ja nicht nur um das Paar. Es geht um eine künftige Familie. Es geht um die Zukunft."

Seit Louise mit ihrer Geburt unfreiwillig Geschichte schrieb, konnten sich viele verzweifelte Paare ihren Kinderwunsch per In-vitro-Fertilisation erfüllen, weltweit wurden inzwischen mehr als sechs Millionen Kinder im Reagenzglas gezeugt. In Deutschland hatte es nach Louises Geburt noch vier Jahre gedauert, bis das erste "Retortenkind" zur Welt kam: Im April 1982 wurde an der Universitätsklinik Erlangen der kleine Oliver geboren. Doch der möchte nicht in der Öffentlichkeit stehen.

Quellen: Die Welt, Süddeutsche, Tagesspiegel, Schweizer Illustrierte

Brigitte

Mehr zum Thema