
Schwanger bin ich jetzt zum dritten Mal. Ich weiß langsam, wie’s geht. Been there, done that. Könnte man meinen. Oder?
Nach einer längeren Ich-bin-noch-nicht-soweit-Phase und dem ausgiebigen Genießen der Prä-Elternschaft wurde ich vor fünf Jahren durch einen Todesfall jäh aus meiner Prokrastination gerissen. Ich hatte den Carpe-Diem Moment:
Warum noch warten, wenn ich doch wusste, dass Kinder zu unserem Leben gehören sollten?
Bald darauf schlug es ein:
Schwanger zum Ersten – alles rosarot
- Mit zittrigen Fingern und heulend wie ein Schlosshund starrte ich ungläubig auf den Schwangerschaftstest.
- Der Any Working Dad (AWD) starrte abends ähnlich ungläubig und verdrückte danach ein Tränchen.
- Der Schwiegervater musste sich erstmal setzen (er hatte gedacht, wir würden heiraten).
- Ich brauchte mindestens einmal am Tag einen Laugenbretzel und ein Stück Rüeblitorte.
- Mir war schlecht. Ständig.
- Ich schlief mit Vollkorn-Crackern neben dem Bett, da Essen gegen die Übelkeit half.
- Ich abonnierte wöchentliche Babynewsletter, holte mir Schwangerschaftsapps und Bücher.
- AWD wurde auf die Schulter geklopft und mit lustigen "Meine Frau kriegt ein Baby und ich die Krise"- Ratgeber beschenkt. Er las sie nie.
- Ab und zu ging ich um acht ins Bett.
- Der kleine, feine Unterschied zwischen "durch" und "gut durch" beim Steak machte mich nervös.
- Mantra: Darf ich das essen? Darf ich das essen? Darf ich das essen?
- AWD fragte: Darfst du das essen?
- Alkohol: geht's noch?
- AWD verzichtete aus Solidarität ab und zu auch auf Alkohol.
- AWD fragte mich (fast) jeden Tag, wie es mir geht. Andere auch.
- Ich heulte bei jedem Ultraschall.
- Das Magnesiumpulver brachte mich zum Würgen.
- Meine Brüste drohten zu explodieren.
- AWD fand das toll.
- Ich musste nichts mehr tragen.
- AWD schlug ungefragt Rückenmassagen vor.
- Ich ging ins Schwangerschaftsyoga.
- Ins Schwangerschaftsschwimmen.
- In einen Vorbereitungskurs mit Walgesang.
- Ich wusste jeden Tag genau in welcher Woche + wieviele Tage ich mich befand.
- In der 25. Woche konnte ich wegen meines Iliosakralgelenks nur noch watscheln.
- In der 40. Woche auch, aber wegen meines Gewichts.
- Die Abstände zwischen den Gyni-Besuchen schienen absurd lang.
- Man sagte mir, ich solle mich schonen.
- Ich schmückte das Kinderzimmer und betrieb "nesting" in seiner reinsten Form.
- Ich verwechselte Darmaktivitäten mit Kindsbewegungen und Wehen mit Rückenschmerzen.
- Die Geburt war überhaupt nicht so, wie erwartet.
Schwanger zum Zweiten – alles vergessen
Diesmal dauerte es ein wenig länger mit dem Einschlagen.
- Ich hielt den Schwangerschaftstest in den Händen mit ambivalenten Gefühlen: Juhuu, ein Baby! vs. Iiiik, jetzt geht das ganze wieder von Vorne los, 40 Wochen lang.
- AWD so: Juhuu, ein Baby!
- Schwiegervater so: Juhuu, ein Baby!
- Meine Brüste so: Juhuu, wir legen gleich los, schon jetzt, 35 Wochen bevor du uns brauchst!
- Mir war wieder schlecht. Ich brühte Ingwertee.
- Vollkorn-Cracker, Laugenbrezel, Rüeblitorte. Gesunde Ernährung ist wichtig in der Schwangerschaft.
- Ich suchte die Babyapp. Fand irgendwo noch ein Buch.
- AWD blätterte in seinem Papa-Ratgeber und fand ihn noch doofer als beim ersten Mal.
- Fuck Magnesiumpulver. Ich schluckte Tabletten.
- Ich ging ins Bett und stand Nachts drei Mal auf (wir hatten ja schon den Sohn).
- "Durch" ist durch und durch ok, beschloss ich pragmatisch in Sachen Fleisch.
- Darf ich das jetzt nicht essen? Ich hatte alles vergessen.
- Ich trug jeden Tag den Sohn.
- AWD vergass ab und zu, dass ich schwanger war. Andere auch.
- Er schätzte aber seine nüchterne Chauffeuse.
- Ich wusste ungefähr, in welcher Woche ich war.
- Ich heulte auch diesmal bei jedem Ultraschall.
- Ich ging ins Kindersingen mit dem Sohn.
- Ich fing wieder an zu watscheln.
- Ich hatte Angst, mein zweites Kind nicht so sehr lieben zu können wie das Erste.
- Die Geburt war gut 30 Stunden kürzer als die erste und ungefähr so, wie erwartet.
Schwanger zum Dritten – alles so wie immer
Es dauerte nochmals ein wenig länger. Was aber auch ganz ok ist, so rückblickend. Und dann:
- Wir hatten ein Apéritif. Und ich war nicht sicher, ob ich trinken kann.
- Den Schwangerschaftstest machte ich in der Restauranttoilette. Oh!
- Zu Hause grinste AWD und meinte: Oh!
- Drei Wochen später sprang der Schwiegervater auf: Oh!!!
- Brüste und Bauch waren ab dem allerersten Hormon topmotiviert, zu expandieren.
- Laugenbrezel, ab und zu Rüeblitorte und neu: Fanta!
- Mir war ständig schlecht. Diesmal hatte ich tolle Tabletten von der Frauenärztin bekommen (wo waren die vorher??)
- Keine Vollkorn-Cracker mehr neben dem Bett. War zu müde. Und eh noch fünf Kilo Reserve von den ersten zwei.
- Irgendwo habe ich doch noch so ein Schwangerschaftsbuch?
- AWD hat vorgeschlagen, er könnte ja mal "Meine Frau kriegt ein Baby und ich die Krise" lesen.
- Ich weiß ungefähr, in welchem Monat ich bin.
- Ich gehe um halb zwölf ins Bett. Vorher bringen wir die Kinder ins Bett und ich arbeite und mache Familienmanagement.
- Ich esse alles – mit gesundem Menschenverstand – außer rohem Fleisch.
- AWD fragt: Darfst du das essen? … dann werde ich hässig.
- AWD erzählt amüsiert Anekdoten, wie er in der ersten Schwangerschaft aus Solidarität ab und zu auch auf Alkohol verzichtet hat. Ha, weißt du noch?
- Ich heule bei jedem Ultraschall.
- Ich schleppe meine beiden Kinder, wenn nötig.
- Mein Uterus ist komplett übermotiviert und ich trage im 5. Monat schon wieder diese Hosen mit Stretchbund.
- Ich erinnere mich vage an einen Vorbereitungskurs mit Walgesang.
- Es sagt niemand mehr, ich solle mich schonen.
- Ich weiß jetzt, dass in meinem Herzen auch noch ein weiterer Mensch gut Platz hat.
- Ich bin gespannt, ob die Geburt so wird, wie erwartet.
Text von Andrea Jansen, ursprünglich erschienen auf anyworkingmom.com.