Anzeige
Anzeige

Bjoern und Christian: "So schön ist das Leben mit unserem Pflegesohn Lukas"

Pflegekind - schwules Paar
© Privat
Bjoern und Christian wollten adoptieren - und bekamen ein Pflegekind. Hier erzählt Bjoern, wie es dazu kam, und wie glücklich sie mit Lukas sind. 

Ein Kind? Als schwules Paar mussten wir uns was einfallen lassen

Wenn zwei Männer mit einem Kind eine Familie gründen wollen, muss es bekanntlich etwas kreativer werden. Nachdem es mit der eigenen Schwangerschaft nicht klappen wollte, fragte mich mein Mann Christian, ob ich mir vorstellen könnte, ein Pflegekind aufzunehmen.
Damals verneinte ich das Thema so schnell wie es gekommen war. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, ein kleines Wesen mit Liebe zu empfangen, um es dann zu einem unbestimmten Zeitpunkt wieder abzugeben. Es hätte mir das Herz zerrissen. Also informierte ich mich und brachte das Thema Adoption ins Spiel. Frau Merkel kam zum gleichen Zeitpunkt und verteilte die „Ehe für alle“.

Wir wollten adoptieren, aber es gab kein Kind für uns 

Mit den besten Voraussetzungen durchliefen wir also den kompletten Adoptionsprozess, mit ellenlangen Fragebögen, dem Gefühl, ein Kind aus dem Katalog zusammenzustellen, vielen Gesprächen auf dem Jugendamt und einem Seminar, auf dem wir ganz tolle Menschen kennenlernten.
Die Gespräche auf dem Amt waren nicht immer schön, wir mussten Dinge erzählen, die wir mit unseren engsten Freunden oder Eltern nicht besprechen würden. Oft waren die Inhalte auch nicht gerade auf ein schwules Paar zugeschnitten. So kam tatsächlich die Frage auf, zu wem das Kind denn Mama sagen würde.
Alles abgeschlossen, saßen wir nun da, überprüfte Adoptionsbewerber mit fast keiner Aussicht auf ein Kind. Die Wahrscheinlichkeit war gegen uns, in unserem Landkreis gibt es einfach zu wenige Säuglinge, die zur Adoption freigegeben werden.

Viele Kinder suchen Pflegeeltern  

Aber ... wir hatten während des ganzen Prozesses auch viel über Pflege gelernt. Wenn es wenige Adoptionskinder gibt, dann gibt es umso mehr Pflegekinder, die eine Pflegefamilie suchen – ihre Alternative ist meist nur das Kinderheim.
Wir hatten auch gelernt, dass die Kinder, die per Gerichtsbeschluss aus ihren Herkunftsfamilien genommen werden, bei uns im Landkreis erst in eine Bereitschaftspflege gehen, bevor sie an Dauerpflegefamilien vermittelt werden. In der Zeit der Bereitschaftspflege soll geprüft werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Mutter sich wieder fängt, es einen Vater, Oma, Opa oder andere Familienmitglieder gibt, die das Kind aufnehmen können.
Dieser Prozess soll ein paar wenige Monate dauern, leider bleiben mittlerweile die zukünftigen Pflegekinder viel zu lange in den Bereitschaftsfamilien. Jeder Monat, jede Woche länger bedeutet für sie einen größeren Bindungsaufbau zur Bereitschaftspflegemutter oder Vater.
Gleichzeitig gibt dieser Prozess der Dauerpflegefamilie, die wir ja werden wollten, eine größere Sicherheit. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind aus dieser wieder rückgeführt wird, ist sehr viel kleiner als eben ohne den Prozess der Bereitschaftspflege. Das Kind kann endlich ankommen, bekommt ein sicheres Zuhause, ganz viel Liebe und eine gesicherte und stabile Zukunft.

Christian sagte am Telefon: "Wir werden Papas"

Mit all diesen Informationen bewaffnet, durchliefen wir jetzt also den Prozess der Pflegefamilie. Dieser fiel uns wesentlich leichter als der Adoptionsprozess. Immerhin wussten wir schon, was auf uns zukommen sollte. All die Fragen, der Katalog, das Seminar, irgendwie machte es schon fast Spaß, sich dem Ganzen zu stellen.
Wir schlossen den Prozess ab und waren plötzlich auch überprüfte, zukünftige Pflegeeltern. Und dann ging alles ganz schnell!
Einige Tage später bekam mein Mann einen Anruf vom Jugendamt, es gäbe ein gut einjähriges Kind, das in die Vermittlung geht. Er bekam einen Bericht vorgelesen, in dem all die Dinge standen, die man von dem Kind bisher wusste. Einen kurzen Moment stand für ihn die Welt still. Plötzlich war er so nah, der Moment, auf den wir so lange zugearbeitet hatten. Ich war zu dem Zeitpunkt auf einem Seminar, 500 Kilometer von Zuhause entfernt. Er rief mich an mit den Worten „Wir werden Papas.“
Ab diesem Moment änderte sich plötzlich alles. Das alte Leben sollte zu Ende sein, nichts war mehr wie früher.
Wir entschieden uns aufgrund des Berichtes dafür, das Kind kennenzulernen.
Ein paar wenige Tage später saßen wir auf dem Jugendamt und die Bereitschaftspflege-Mama betrat den Raum. Wir waren so unendlich aufgeregt, so viel Unbekanntes lag vor uns. Sie musterte uns von oben bis unten und lächelte. Es war ein ganz seltsamer und irgendwie doch schöner Moment. Wir erfuhren, dass Lukas – so heißt unser Pflegesohn – mit ihr schon viel gereist war, ein offenes, neugieriges und liebevolles Kind ist. Dass er Männer besonders interessant findet und Kekse liebt.
Das Treffen war herzlich und von viel Neugierde geprägt. Und dann kam der Moment ... wir liefen den langen Gang des Jugendamtes entlang zum Spielzimmer, in dem Lukas mit einer Betreuerin wartete. Die Tür ging auf und da saß er auf dem Boden, Kekse mampfend und mit großen Kulleraugen in Richtung Tür schauend. Und dann passierte es, er sah uns an, fing an zu strahlen und sekundenlang zu lachen. Es war, als sollte alles so sein!

Heute sind wir eine ganz normale Familie ❤️

Das ist nun ein knappes Jahr her, Lukas wohnt seit zehn Monaten bei uns. Wir führen das ganz normale Leben einer kleinen Familie. Er hat sich unglaublich toll entwickelt und bei uns eingelebt. Er wickelt jeden um den Finger und ist ein so fröhliches, neugieriges Kind.
Wir sind in den vergangenen Monaten viel gestolpert, vor allem über uns selbst. Haben unseren Perfektionismus verworfen, Einstellungen zu Erziehung neu entwickelt, die ersten Kinderkrankheiten überlebt und uns damit abgefunden, dass es zu Hause keine perfekt weißen Wände mehr gibt.
Unsere Umgebung reagiert offen und neugierig auf uns und unser Familienmodell. Solange das so bleibt und vor allem Lukas so integriert ist, sind wir uns sicher, dass wir ihm einen wunderbaren Start in ein tolles Leben geben können.
VIDEOTIPP: Bjoern und Christian lassen euch in der tollen Video-Serie "Eltern wie wir" ein Jahr lang an ihrem Leben mit Pflegekind teilhaben! 
Egal, ob Mama und Papa, Papa und Papa, Mama und Mama oder welche Konstellation auch immer. Den kleinen Wesen geht es darum, eine Hand zu bekommen, die sie durchs Leben begleitet, und vor allem um ganz viel Liebe, egal von wem.
Familie bedeutet Halt, Familie bedeutet Liebe, Familie ist vielfältig, Familie ist aber vor allem bunt!

Papa Bjoern (41), Papi Christian (37), Pflegesohn Lukas (2) und Labrador Anton sind eine glückliche Regenbogenfamilie. Bjoern produziert Fernsehsendungen, Christian ist leitender Flugbegleiter. Seit zehn Monaten stellt Lukas ihr Leben auf den Kopf.

Ihre Erfahrungen teilen die beiden auf ihrem Instagram-Profil @papaundpapi – und auf dem YouTube-Kanal  von "Eltern.de" . Jeden Mittwoch findet ihr hier in der tollen Serie "Eltern wie wir" ein neues Video der beiden. Wer nichts verpassen will, abonniert einfach den Kanal!

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel