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Neue Lebensmittel-Ampel: Nutella und Chips sind gesund! 🤥

Lebensmittel-Ampel macht Nutella und Chips gesund
© kwanchai.c / Shutterstock
Verbrauchertäuschung reloaded: Die Lebensmittelindustrie setzt sich für eine eigene Nährwertampel ein - und rechnet ihre Kalorienbomben gesund.

Die Lebensmittelampel hat überraschende Fürsprecher gefunden: die Hersteller. Nachdem die Konzerne jahrelang erbittert gegen die Nährwert-Kennzeichnung per Ampel gekämpft haben, wollen Nestlé, Coca-Cola und Co. nun ihre eigene Ampel einführen. Wenig überraschend: Sie lässt Kalorienbomben fast gesund aussehen!

Die Konzerne versuchen mal wieder, uns für dumm zu verkaufen

Wie die Verbraucherorganisation Foodwatch berichtet, haben Coca-Cola, Mars, Mondelez, Nestlé, PepsiCo und Unilever eine eigene Nährwert-Ampel vorgestellt. Wenig überraschend: Im Gegensatz zu der 2007 von der britischen Lebensmittelbehörde FSA konzipierten Ampel, springt die Ampel der Hersteller deutlich seltener auf Rot.

Die Ampel der Konzerne springt deutlich seltener auf Rot

Was die Konzerne nicht daran hinderte, ihren Entwurf „Förderung von gesünderer Ernährung durch entwickelte Nährwertkennzeichnung“ ("Promoting Healthier Diets through Evolved Nutrition Labelling") zu nennen - als ginge es nicht um Verbrauchertäuschung und Gewinnmaximierung, sondern um unsere Gesundheit.

Prima! Mit der neuen Ampel fühlt man sich gleich viel besser, wenn man das Familienglas Nutella kauft.
Prima! Mit der neuen Ampel fühlt man sich gleich viel besser, wenn man das Familienglas Nutella kauft.
© Foodwatch / Pressestelle

Doch die Ampel der Industrie springt nicht einmal bei Nutella auf Rot, sie bliebe auf Grün und Gelb (siehe Abb.). Mit der britischen Original-Ampel bekäme die Schokocreme drei rote Ampeln, die auf den hohen Gehalt an Fett, gesättigten Fettsäuren und Zucker hinweisen.

Auch Chips zeigten statt zwei überhaupt keine rote Ampel. Ähnlich bei den Nesquik-Frühstücksflocken von Nestlé: Auch hier würde die rote Ampel für den hohen Zuckergehalt verschwinden.

Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt: Mit der Konzern-Ampel versehen, sind auch Chips keine Dickmacher mehr! 
Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt: Mit der Konzern-Ampel versehen, sind auch Chips keine Dickmacher mehr! 
© Foodwatch / Pressestelle

Der Trick: Die Original-Ampel der FSA berechnet die Ampelfarbe auf Grundlage von einheitlich 100 Gramm. Sie springt zum Beispiel auf Rot, sobald ein Produkt mehr als 15 Prozent Zucker enthält.

Im Gegensatz dazu berechnet die Industrie-Ampel die Farbgebung auf Basis von Portionsgrößen. Bei allen Portionen bis zu 60 Gramm zeigt sie erst dann Rot, wenn mehr als 13,5 Gramm Zucker enthalten sind. Ein Beispiel: Bei der neuen Ampel muss in Frühstücksflocken mehr als doppelt so viel Zucker enthalten sein wie beim Originalmodell, bevor die Ampel auf Rot springt. Nutella mit der vorgesehenen Portionsgröße von 15 Gramm müsste demnach zu mehr als 90 Prozent aus Zucker bestehen, damit die Ampel Rot zeigt.

Die Ampel würde erst dann Rot zeigen, wenn Nutella zu mehr als 90 Prozent aus Zucker bestünde

Lobbykampagne gegen die Original-Ampel 

2010 verhinderte die Lebensmittelwirtschaft eine verpflichtende EU-weite Ampelkennzeichnung. Ärzteverbände, Krankenkassen und Verbraucherorganisationen hatten damals die Umsetzung des Modells der britischen FSA gefordert: Für jedes Produkt sollte der Gehalt an Fett, Zucker und Salz in absoluten Grammzahlen angegeben werden – und zwar einheitlich pro 100 Gramm bzw. 100 Milliliter. Jeder dieser vier Werte sollte mit einer der bekannten Signalfarben Rot, Gelb und Grün hinterlegt werden.

Seither haben nur Frankreich und Großbritannien diese Ampel auf freiwilliger Basis eingeführt. Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) lehnt sie ab: Eine farblich unterlegte Kennzeichnung von Nährstoffen sei "unwissenschaftlich und der Information der Verbraucher nicht dienlich".

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