Haarausfall - was ist das eigentlich?
Jedem Menschen gehen täglich einige Haare aus - das ist kein Grund zur Sorge. Ein Besuch beim Hautarzt ist nötig, wenn man mehr als 100 Haare am Tag verliert.
Beim anlagebedingten oder auch androgenetischen Haarausfall werden die Haare meist zuerst um den Scheitel herum und dann insgesamt dünner. Die Kopfhaut scheint immer mehr durch.
Bei kreisrundem Haarausfall (Alopecia areata) unterbricht eine Entzündung an den Haarwurzeln die Haarproduktion. Es kommt es plötzlich zu kahlen Stellen an einer oder mehreren Stellen der Kopfhaut. Die Stellen vergrößern sich und können in einigen Fällen zu völliger Haarlosigkeit führen. Auch die Augenbrauen und die übrige Körperbehaarung können betroffen sein. Außerdem können sich die Nägel verändern.
Beim diffusen Haarausfall werden die Haare auf dem ganzen Kopf dünner. Meist steckt eine andere Erkrankung oder Mangelerscheinung dahinter.
Wer bekommt Haarausfall?
Der anlagebedingte Haarausfall ist genetisch bedingt. Er tritt vor allem in der Pubertät und in den Wechseljahren auf - in Lebensphasen also, in denen sich der Hormonhaushalt der Frau verändert. Experten schätzen, dass fast jede zehnte Frau betroffen ist, nach den Wechseljahren sogar jede fünfte.
Der kreisrunde Haarausfall tritt häufig bei Kindern und bis ins Erwachsenenalter auf und ist vermutlich eine Störung des Immunsystems. Die Haarfollikel - das sind die kleinen Säckchen um die Haarwurzel, aus denen das Haar herauswächst - entzünden sich und stoßen die Haare ab.
Der diffuse Haarausfall kann verschiedenste Ursachen haben. In Frage kommen etwa schwere Infektionserkrankungen wie Scharlach oder hohes Fieber, Mangelzustände, wie sie etwa durch extreme Diäten ausgelöst werden, Hormonschwankungen oder Schockzustände. Auch Medikamente, etwa bei einer Chemotherapie, aber auch Psychopharmaka, Lipidsenker, Betablocker, Blutverdünner oder Hormonblocker können die Haare ausfallen lassen.
Welche Beschwerden sollten mich aufhorchen lassen?
Wenn morgens mehr Haare auf dem Kopfkissen liegen als sonst, beim Kämmen oder Haarewaschen extrem viele Haare ausgehen und das Haar insgesamt lichter wirkt, ist es Zeit, zum Arzt zu gehen.
Wie stellt der Arzt fest, ob ich betroffen bin?
Der Arzt begutachtet zunächst die Kopfhaut und den Haarwuchs: Lichtet sich das Haar gleichmäßig, nur am Scheitel oder gibt es einzelne kahle Stellen? Er probiert aus, ob die Haare schon durch sanftes Zupfen ausgehen. Ist auf diese Weise keine sichere Diagnose möglich, nimmt er eine kleine Gewebeprobe der Kopfhaut und untersucht Zahl und Struktur der Haarfollikel unter dem Mikroskop.
Um festzustellen, wie stark der Haarausfall ist, wird oft ein Trichogramm durchgeführt. Dabei entfernt der Arzt dort, wo die Haare ausgehen, ein Haarbüschel. Ein weiteres Büschel zupft er von einer nicht betroffenen Stelle. Unter dem Mikroskop vergleicht er die Beschaffenheit der Haare und Haarwurzeln. Das moderne TrichoScan-Verfahren ermöglicht eine solche Analyse, ohne dass die Haare ausgerissen werden müssen.
Wie kann man Haarausfall behandeln?
Der anlagebedingte Haarausfall lässt sich nicht heilen, sondern nur aufhalten. Alle Mittel wirken nur, so lange sie aufgetragen werden. Nach dem Ende der Behandlung setzt sich der Haarausfall fort.
Salbe mit dem Wirkstoff Minoxidil, auf die Kopfhaut aufgetragen, verhindert ein weiteres Fortschreiten und bringt die Haare in einigen Fällen sogar wieder neu zum Wachsen. Erfolge sind frühestens nach drei Monaten zu erwarten, der Wirkstoff kann die Kopfhaut irritieren und allergische Reaktionen auslösen. Ebenfalls rezeptfrei erhältlich sind Tinkturen mit dem Wirkstoff 17-Alpha-Estradiol. Nur für Männer zugelassen ist in Deutschland der Wirkstoff Finasterid.
Bei stark betroffenen Frauen vor den Wechseljahren kann auch eine Pille mit anti-androgener Wirkung helfen. In den Wechseljahren kann eine entsprechende Hormonbehandlung den Haarausfall bremsen. In beiden Fällen werden die männlichen Hormone von ihren Kontaktstellen in den Zellen verdrängt. Eine kosmetische Lösung für das Problem ist eine Haartransplantation, die allerdings sehr teuer ist.
Bei kreisrundem Haarausfall lässt sich die Entzündung an der Haarwurzel mit Kortison, einer speziellen Lichttherapie und verschiedenen Reiztherapien behandeln. In schweren Fällen kann eine Immuntherapie mit dem Wirkstoff Diphenylcyclopropenon (DCP) zum Einsatz kommen. Der Arzt trägt die aggressive Tinktur direkt auf die Kopfhaut auf und lockt so die Immunzellen von der Haarwurzel weg. Kreisrunder Haarausfall endet oft nach einiger Zeit von selbst, kann aber immer wieder auftreten.
Gibt es auch sanfte Heilmethoden?
Es gibt eine Vielzahl von natürlichen Mitteln, die gegen Haarausfall helfen sollen. Ihre Wirksamkeit ist aber in den meisten Fällen umstritten. Finger weg von überteuerten angeblichen Wundermittelchen, die im Internet oder in Zeitschriftenanzeigen beworben werden - diese nutzen gewöhnlich nur dem Verkäufer, nicht dem Patienten!
Bei anlagebedingtem Haarausfall ist die Einnahme von Zink, Biotin und Vitamin B6 einen Versuch wert - auch wenn ein Einfluss auf den Haarwuchs bisher nicht in wissenschaftlichen Studien nachgewiesen werden konnte. Gleiches gilt für Haarwässer, die meist Koffein enthalten und die Kopfhaut beleben sollen. Auch bei kreisrundem Haarausfall wird häufig Zink empfohlen.
Wie kann ich mich schützen?
Gegen anlagebedingten und gegen kreisrunden Haarausfall kann man sich nicht schützen. Diffuser Haarausfall, der oft durch Mangelerscheinungen ausgelöst wird, lässt sich jedoch verhindern: durch eine ausgewogene Ernährung und den Verzicht auf extreme Diäten.
Falsch ist übrigens die Annahme, dass regelmäßiges Haareschneiden Haarausfall vorbeugen kann: Haarausfall entsteht direkt an der Haarwurzel und wird nicht von der Haarlänge beeinflusst.
Wo kann ich weiterlesen, wenn ich mehr Informationen haben möchte?
Auf der Website www.haarerkrankungen.de gibt es aktuelle Informationen und von Experten moderierte Foren. Die Selbsthilfeorganisation Alopecia Areata Deutschland bietet Informationen zum kreisrunden Haarausfall.