Was ist eine Hormonersatztherapie?
Etwa ein Drittel aller Frauen leidet während der Wechseljahre (Klimakterium) unter schweren klimakterischen Beschwerden, wie Hitzewallungen, Schweißausbrüchen, Schlafstörungen, Depressionen und Harnwegsinfekten. Um diesen Wechseljahrsbeschwerden etwas entgegenzusetzen, können Frauen von alternativen Methoden wie Hormon-Yoga, Qigong oder Tai Chi oder - wie der Krebsinformationsdienst empfiehlt - von pflanzlichen Arzneimitteln profitieren.
Wann kommt eine Hormonersatztherapie infrage?
Wenn die Symptome allerdings zu stark sind, können Frauen auch eine maßgeschneiderte Hormonersatztherapie (HET oder engl. HRT: Hormone Replacement Therapy) in Betracht ziehen, über die sie mit dem behandelnden Gynäkologen beraten sollten. Bei dieser Therapieform werden dem Körper die Hormone zurückgegeben, die er selbst nicht mehr produzieren kann. Dabei wird nach dem Prinzip verfahren: So wenig Hormone wie möglich, aber so viele wie nötig. Die Präparate gibt es in Gel-, Zäpfchen-, Spritze-, Pflaster-, Creme- und Tablettenform und in unterschiedlichen Dosierungen.
Im Rahmen der Hormonbehandlung wird zwischen Mono- und Kombitherapien unterschieden. Monotherapien werden lediglich mit Östrogen, Kombitherapien mit einer Kombination aus Östrogenen und Gestagen (Progesteron) durchgeführt. In der Regel bekommen Frauen mit Wechseljahresbeschwerden eine Therapie mit beiden Hormonen verschrieben, da Östrogen allein das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut zu stark anregen würde. Monotherapien, bei denen nur Östrogene verabreicht werden, kommen meist bei Frauen zum Einsatz, deren Gebärmutter operativ entfernt wurde.
Woher kommt das schlechte Image?
Aus dem Jahr 2002. Damals wurde eine US Langzeitstudie zur Hormonersatztherapie (HET) abgebrochen, weil die Teilnehmerinnen häufiger an Brustkrebs, Thrombosen und Schlaganfällen erkrankten. "Die Zahl der Verordnungen brach danach zeitweise um fast 80 Prozent ein", sagt Dr. Christian Albring, Präsident des Bundesverbandes der Frauenärzte.
Doch die Zweifel an der Untersuchung wuchsen. "Die teilnehmenden Frauen trugen per se ein höheres Risiko für Brustkrebs oder Herzinfarkt", so Albring. Zudem lag ihr Durchschnittsalter zu Beginn bei 63 Jahren – reichlich spät für eine HET. Die Studie lässt sich also kaum übertragen auf jüngere, gesunde Frauen. 2016 beklagten sogar zwei der maßgeblichen Wissenschaftler von damals, ihre Arbeit habe dazu geführt, dass Hunderttausende Frauen unnötig mit Wechseljahresbeschwerden gekämpft hätten.
Erhöht die Behandlungsmethode das Brustkrebsrisiko?
Kaum eine andere Behandlungsmethode wurde in den vergangenen Jahrzehnten so hitzig debattiert wie die Hormonersatztherapie. Für die Befürworter ist die Behandlung ein Segen für die betroffenen Frauen, die Dank der Behandlung mit Sexualhormonen kaum noch Beschwerden haben. Die Gegner befürchten, dass die Behandlung das Risiko für Brustkrebs oder Gefäßerkrankungen deutlich erhöhe.
Die "Women’s Health Initiative"-Studie (kurz WHI) aus dem Jahr 2002 hatte nachgewiesen, dass die Einnahme von Hormonen nicht, wie erwartet, vor Krankheiten schütze, sondern im Gegenteil das Risiko für einen Herzinfarkt, Schlaganfall, Thrombose und Brustkrebs erhöhe.
Ebendiese Aussagen relativierten die Studienautoren jedoch wieder, wie es in einer Pressemitteilung aus dem Jahr 2016 heißt, die gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V., dem Berufsverband der Frauenärzte e.V. und der Deutschen Menopause Gesellschaft e.V. veröffentlicht wurde. Ihre WHI-Studie sei fehlinterpretiert worden. Eine Hormontherapie helfe demnach doch mehr, als sie schaden könne.
Gesunde Frauen müssten keine erhöhte Gefahr vor Brustkrebs oder Schlaganfall fürchten. Im Gegenteil: Sie erkranken im Schnitt sogar seltener an Osteoporose und Diabetes. Bei Frauen, die nur Östrogenpräparate einnahmen, wurde sogar seltener Brustkrebs festgestellt.
Wie kam es zu diesen widersprüchlichen Aussagen?
Ganz einfach: Die damalige Studiengruppe kann nicht mit der europäischen Zielgruppe verglichen werden, betonte Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes für Frauenärzte. Das Durchschnittsalter der untersuchten Frauen betrug 63 Jahre, hierzulande bekommen Frauen meist schon mit 45 oder 50 Jahren Hormonersatzpräparate verschrieben. Hinzu komme, dass etwa ein Drittel der Teilnehmerinnen Erkrankungen wie starkes Übergewicht und Bluthochdruck aufwies.
Obendrein bezog sich die Studie auf ein kombiniertes, hoch dosiertes Hormonpräparat aus Gestagenen und Östrogenen, das hierzulande nur sehr selten verschrieben wird. All diese Faktoren schwächen die Ergebnisse der Studie beträchtlich ab.
Ist die Einnahme von Hormonpräparaten also unbedenklich?
Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Die Experten sind sich einig, dass ein dauerhafter Einsatz von Hormonen für Frauen in den Wechseljahren nicht die Patentlösung sein kann. Der Arzt muss entscheiden, ob und wie lange eine Hormonersatztherapie ratsam ist. Wenn der Leidensdruck der Frauen besonders hoch ist, ist eine begrenzte Hormonersatzbehandlung mit Sicherheit sinnvoll.
Wer sich jedoch für eine Behandlung mit Hormonen entscheidet, sollte damit nicht erst 15 oder 20 Jahre nach Einsetzen der Menopause (in der Postmenopause) beginnen, sondern gleich zu Beginn der Wechseljahre. Andernfalls könne sich die Einnahme tatsächlich negativ auf die Gesundheit auswirken.
Wann sind die Mittel sinnvoll?
Leiden Schlaf, Stimmung oder andere Lebensbereiche, weil die körpereigene Hormonproduktion versiegt, kann der pharmazeutisch hergestellte Ersatz eine Riesenerleichterung bringen. Ergänzt man die Hormone individuell, frühzeitig, in kleinstmöglicher Dosis und nach Möglichkeit per Gel oder Pflaster über die Haut, überwiegt ihr Nutzen für Gesundheit und Lebensqualität.
Nach wie vor gilt jedoch: Extra Hormone sind potente Wirkstoffe. Frauen mit Herz Kreislauf Erkrankungen, Brustkrebs in der Familie oder früheren Embolien sollten sie zum Beispiel weiterhin gar nicht oder nur sehr gezielt dosiert nehmen.
Welche Alternativen gibt es?
Bei leichten Beschwerden sind pflanzliche Mittel einen Versuch wert: z. B. Extrakte aus Traubensilberkerze, Soja oder Rotklee. Auch sibirischer Rhabarber (z. B. in "FemiLoges") kann helfen. Dieser aktiviert einen ÖstrogenRezeptor; allerdings nicht den, der für das hormonabhängige Tumorwachstum in der Brust verantwortlich ist. "Osteoporose kann man durch kalziumreiche Ernährung und Sport vorbeugen", ergänzt Frauenarzt Christian Albring. Regelmäßige Bewegung hilft nicht zuletzt gegen Schlafstörungen und die Verstimmungen.