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Hilfe finden Vaginismus: Wenn Sex zur Qual wird

Scheidenkrampf: Eine Frau liegt zusammengerollt auf ihrem Bett
© Marjan Apostolovic / Shutterstock
Manche Frauen leiden beim Sex unter starken Schmerzen. Die Ursache dafür könnte ein Scheidenkrampf sein, der fachsprachlich Vaginismus genannt wird. Was ihr dagegen tun könnt, lest ihr hier.

Was genau ist ein Scheidenkrampf?

Vaginismus ist eine sexuelle Störung des Körpers, bei der sich die Vaginal- und teilweise auch die Beckenbodenmuskulatur zusammenkrampft, wenn ein Penis oder selbst Hygieneprodukte wie Tampons eingeführt werden. Scheidenkrämpfe sind unbewusste Schutzreaktionen vor Schmerzen, die häufig durch Angst ausgelöst werden. Die Betroffenen haben möglicherweise Furcht vor dem ersten Mal, eine traumatische Geburt oder eine frühere schmerzhafte Intimerkrankung hinter sich, weshalb sie sich verkrampfen.

"Die Schmerzen bei Vaginismus werden als brennend, pochend, stechend oder schneidend beschrieben. Häufig geht Vaginismus daher auch mit Angst vor dem vaginalen Einführen und Schmerzen einher", erklärt Psychologin Hanne Horvath. Nicht nur bei sexuellen Aktivitäten, auch bei gynäkologischen Untersuchungen könne das sehr belastend sein. Studien zufolge seien außerdem etwa 20 Prozent der Frauen vor der Menopause betroffen. In Deutschland sind das etwa vier Millionen Frauen. "Wenn Betroffene das Gefühl haben, dass etwas mit ihrem Intimbereich nicht stimmt, dann führt das in der Regel zu starken Selbstzweifeln und zu Verzweiflung", führt Horvath weiter aus. Nicht selten würden die Frauen zusätzlich Gefühle von Schuld, Angst oder Scham entwickeln. Aufgrund letzterer gehen Expert:innen davon aus, dass die Dunkelzahl der Betroffenen noch höher ist.

Wie sich Vaginismus äußert

Die Ausprägungen und Entwicklungen der sexuellen Störung können sehr unterschiedlich ausfallen. Im Regelfall werden aber zwei Arten des vaginalen Scheidenkrampfes unterschieden:

  • Der primäre Vaginismus wird meist bei Mädchen in der Pubertät entdeckt, wenn diese ihre Sexualität erkunden. Wer unter dieser Form des Scheidenkrampfes leidet, konnte niemals etwas schmerzfrei in die Scheide einführen.
  • Der sekundäre Scheidenkrampf wird meist durch ein bestimmtes, traumatisches Erlebnis ausgelöst. Die psychischen Gründe für die unwillkürliche Verkrampfung der äußeren Vaginalmuskulatur oder Verspannung des Beckenbodens können eine Schwangerschaft, eine Operation, sexueller Missbrauch oder auch die Menopause sein.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Wer unter Vaginismus leidet, empfindet das Eindringen des Penis' als sehr schmerzhaft – es ist meist für die Frau überhaupt nicht möglich. Die Symptomatik ist also recht eindeutig. In manchen Fällen beginnt der Krampf bereits, wenn sich der Scheide ein Finger, Tampon oder andere Produkte nähern. Ein entspannter Geschlechtsverkehr, geschweige denn ein Orgasmus ist für die Betroffene kaum zu realisieren.

Bis jetzt gibt es noch keine einheitliche Definition von Scheidenkrämpfen und keine Tests, die zuverlässig auf die Erkrankung schließen lassen. Eine Untersuchung bei dem:der Gynäkolog:in ist für die Betroffenen häufig eine Herausforderung – sind die Muskeln verkrampft, ist eine ärztliche Diagnose nahezu unmöglich. Dem:der Frauenärzt:in sollte zudem die Krankengeschichte dargelegt werden, um andere Krankheiten ausschließen zu können. Erst wenn der:die Gynäkolog:in die Diagnose für die Krämpfe  stellt, kann er:sie mit der richtigen Behandlung starten.

Wie lässt sich Vaginismus behandeln?

Die gute Nachricht ist: Vaginismus ist heilbar! Für zu Behandelnde stehen diverse Therapiemethoden zur Auswahl, die auch in Kombination angewendet werden können. "Die meisten Frauen trifft Vaginismus völlig unerwartet. Es wirkt beinahe wie ein Zufallsereignis. Doch alles hat eine Ursache, auch wenn das Betroffenen oft nicht unmittelbar bewusst ist", erklärt Psychologin Hanne Horvath. "Häufig ist es kein einzelnes Ereignis, sondern ein Geflecht unterschiedlicher Erfahrungen, die zu der Entwicklung von Vaginismus beitragen." Sexuelle Reaktionen seien eben nicht nur rein körperliche, sondern auch psychologische Prozesse, äußert sie. Oft seien ein negatives Körperbild und geringer Selbstwert oder die Angst vor einer Schwangerschaft Auslöser der sexuellen Störung. Doch was kann dagegen helfen?

  • Entspannung: Unter anderem die der Beckenbodenmuskulatur und des Körpers allgemein – beispielsweise durch Atemübungen. Hanne Horvath empfiehlt etwa fünf Minuten pro Tag, an denen Betroffene darauf achten, die Ausatmung etwas länger als die Einatmung sein zu lassen. Hier reiche es schon mit einem geringen Unterschied von drei Sekunden einatmen und vier Sekunden ausatmen zu starten. Das Verhältnis würde dann gesteigert, bis es zum Ende drei Sekunden Einatmen und sechs Sekunden ausatmen sind.
  • Exposition: Hier setzen sich die Frauen in kleinen Schritten dem aus, was ihnen Angst und Schmerz bereitet. Auf der körperlichen Ebene hilft dabei das Training mit Vaginaldilatoren – Plastikstäbe in verschiedenen Größen, die behutsam zur Dehnung der Vagina und zur Desensibilisierung des verspannten Gewebes eingesetzt werden. Die Dilatoren sind glatt und kegelförmig. Schritt für Schritt können größere Dilatoren verwendet werden, um die Muskulatur lernen zu lassen, nicht zu verkrampfen. Es ist ratsam, vor dem Gebrauch mit einem:einer Gynäkolog:in zu sprechen.
  • Beckenbodentraining kann ebenfalls einen Beitrag zur Heilung leisten, um die Kontrolle über die oft verkrampfte Muskulatur zurückzugewinnen. Die Frau lernt dabei, ihre Muskeln mithilfe von Beckenbodenübungen bewusst anzuspannen und zu entspannen.
  • Sollte der Vaginismus psychische Ursachen wie traumatische Erfahrungen haben, empfiehlt sich eine Psychotherapie oder Sexualtherapie.

Wer unter einer sexuellen Funktionsstörung leidet, kann zudem ein online-basiertes Selbsthilfetraining in Betracht ziehen.

Beispielsweise mit dem Online-Angebot "HelloBetter Vaginismus Plus". Es umfasst bewährte Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie mit acht Kurseinheiten, die flexibel absolviert werden können. Frauen bekommen hier neues Wissen über ihre Symptome sowie Strategien und Übungen, die ihnen mit den Beschwerden helfen können. Außerdem wird das digitale Therapieprogramm durch die Begleitung von Psycholog:innen ergänzt, die Feedback geben und unterstützen. Das Angebot kann als Rezept verschrieben werden.

Eine weitere Hilfsstelle ist beispielsweise Palvina-Care. Es richtet sich an Frauen, die unter der Genito-Pelviner Schmerz-Penetrationsstörung (GPSPS), zu der unter anderem Vaginismus zählt, leiden und diese selbst in den Griff bekommen möchten. Das Training ist kostenfrei. Eine Datenbank mit spezialisierten Ärzt:innen und Therapeut:innen zum Thema Vaginismus findest du außerdem hier: vaginismus-selbsthilfe.de.

Verwendete Quellen: HelloBetter,  vaginismus-selbsthilfe.de, Palvina Care, DAK Gesundheit

lkl / jg Brigitte

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