Rund sechs Millionen Frauen nehmen in Deutschland die Pille, mehr als die Hälfte davon sind jünger als 30 Jahre. Damit ist sie neben dem Kondom das am weitesten verbreitete Verhütungsmittel. Das beliebteste ist es sicher trotzdem nicht, denn die Liste möglicher Nebenwirkungen ist lang - sie reicht von Stimmungsschwankungen, Gewichtszunahme und Libidoverlust bis hin zu seltenen lebensgefährlichen Komplikationen, etwa durch eine Thrombose oder eine Lungenembolie.
Und selbst Frauen, die die Pille gut vertragen, wünschen sich oft eine Verhütung ohne Hormone. Das Problem: So richtig gut kamen die Pillen-Alternativen bisher nicht weg. Vaginalring (Nuva-Ring) oder Minipille sind ebenfalls nicht hormonfrei. Kupferspiralen schon, aber für junge, kinderlose Frauen wenig geeignet, weil deren Gebärmutter zu klein ist. Außerdem verstärken sie häufig die Menstruationsblutung. Kondome sind lästig und unsicher, Pessare umständlich und Sterilisationen endgültig.
Doch es gibt noch eine weitere, kaum bekannte Möglichkeit: ein Nylonfaden, zwei bis drei Zentimeter lang, auf dem wie kleine Perlen vier oder sechs Kupferzylinder sitzen - die so genannte Kupferkette. Über dieses hormonfreie Verhütungsmittel haben wir bereits mit Beginn des deutschlandweiten Vertriebs 2012 berichtet.
Die wichtigsten Fragen im Überblick:
Ebenso wie die bekannteren Kupferspiralen gibt sie Kupfer-Ionen ab. Diese verhindern erstens, dass Spermien die Eizelle befruchten können, und zweitens die Einnistung, falls es dennoch zu einer Befruchtung gekommen ist. Ansonsten unterscheidet sich die Kette aber von der großen Schwester Spirale: Sie ist klein - die genaue Länge richtet sich nach der Größe der Gebärmutter -, flexibel und kann nicht verrutschen, weil sie vom Gynäkologen mit einem Knoten im Muskel der Gebärmutterwand fest verankert wird. Dadurch soll sie seltener ausgestoßen werden als die Spirale.
Nach dem Vorgespräch und einem vorsorglichen Krebsabstrich bekommt die Patientin die Aufklärungsunterlagen mit nach Hause. Eingesetzt und entfernt wird die Kupferkette immer während der Periode, weil dann der Gebärmutterhals geweitet ist. Genau wie beim Einlegen der Spirale führt der Gynäkologe (oder die Gynäkologin) zunächst ein Spekulum in die Scheide ein. Dann misst er die Länge der Gebärmutter mit einem Taststab.
Anschließend wird die Kupferkette mit einer speziellen Einführhilfe eingelegt: Eine stabförmige, feine Einführhülse wird durch den Muttermund bis zur Gebärmutterhinterwand geschoben. In der Hülse befindet sich ein spezieller Applikator mit einer Nadel, auf der die fertige Kupferkette mit einem kleinen Knoten am oberen Ende sitzt. Mit Hilfe des Applikators wird der Knoten in der Muskulatur der Gebärmutter verankert und die Nadel zurückgezogen - vom Gefühl ähnlich wie eine Blutabnahme.
Das korrekte Einlegen der Kupferkette ist etwas komplizierter als bei einer normalen Spirale. Deswegen sollte die Ärztin genügend Erfahrung darin haben. Sonst ist das Risiko höher, dass die Kette ausgestoßen wird.
Beim Entfernen der Kupferkette, die tief in der Scheide vor dem Muttermund sitzt, fasst der Gynäkologe den Faden mit einer Zange an, lässt die Patientin einmal kräftig husten und zieht währenddessen kräftig daran. Danach kann die Blutung ein wenig stärker sein, einige Frauen haben etwas Bauchschmerzen. Aber die Wunde ist minimal.
Bei einem Pearl-Index* von 0,1 bis 0,5 ist die Kette eher sicherer als die Pille. Außerdem beeinflusst sie weder den Zyklus noch die langfristige Fruchtbarkeit und verhindert fünf Jahre lang eine Schwangerschaft. Und wenn sich der Kinderwunsch doch meldet, wird sie einfach vom Gynäkologen gezogen. Eine Schwangerschaft ist dann sofort möglich.
Die geringe Größe der Kupferkette ist ihr wichtigster Vorteil. "Die kurze Kette mit vier Zylindern passt gut in die Gebärmutter sehr junger Frauen, die noch kein Kind und deshalb ein kleineres Organ haben", so der Gynäkologe Dr. Dirk Wildemeersch aus dem belgischen Gent, der die Kupferkette entwickelt hat. Aber auch wer bereits Mutter ist, kann mit ihr verhüten: Weil dann die Gebärmutter größer ist, wird einfach die längere Version mit sechs Zylindern verwendet, damit auch überall genug Kupfer ankommt.
Studien aus Belgien und China zeigen, dass die Kette im Gegensatz zu Spiralen, die Seitenarme haben, um den Halt zu gewährleisten, nicht die Menstruationsblutung verstärkt. Auch andere Nebenwirkungen (wie Entzündungen oder Schmerzen) sind extrem selten. Und: Die Kupferkette ist auch eine Alternative zur "Pille danach". Wird sie innerhalb von fünf Tagen nach dem ungeschützten Sex eingesetzt, kann sie eine Schwangerschaft verhindern - und anschließend einfach dauerhaft zur Verhütung im Körper bleiben.
Bereits seit mehr als 20 Jahren ist sie in Europa zugelassen und in Ländern wie Belgien oder Holland seitdem auch sehr beliebt und bewährt. Bei uns musste die Kupferkette jedoch lange Zeit umständlich aus dem Ausland bezogen werden; erst seit 2012 wird sie unter dem Namen "Gynefix" in Deutschland auch direkt vertrieben. Ein weiterer Grund für das zögerliche Bekanntwerden ist wohl auch, dass das Verankern in der Gebärmutterwand nicht zur gynäkologischen Grundausbildung gehört.
Seit Jahren schult Ketten-Entwickler Wildemeersch jedoch Ärzte und lässt sie an einem Modell üben. Das korrekte Einsetzen ist wichtige Voraussetzung für die sichere Verhütung. Denn wenn sich der Knoten löst, kann die kleine Kette - eventuell auch unbemerkt - herausrutschen. Eine Liste von Ärzten, die im Einsetzen der Kupferkette geschult sind, gibt es im Internet unter www.verhueten-gynefix.de
Die Kosten liegen mit rund 300 Euro etwas über denen für eine Kupferspirale. Sie entsprechen aber - über fünf Jahre gerechnet - den Ausgaben für eine günstige Pille. Das Einlegen der Kupferkette ist ebenso wie bei der Spirale kostenpflichtig, auch für Frauen unter 20 Jahren. Damit das Einsetzen nicht unangenehm ist, bekommt man vorher eine Schmerztablette oder eine lokale Betäubung; manchmal wird auch zusätzlich der Muttermund durch ein Medikament geweitet.
ProFamilia empfiehlt die Kette als Alternative zur Kupferspirale, wenn diese nicht vertragen wird. Dr. Mireille Dühlmeyer, niedergelassene Gynäkologin in Bielefeld, bevorzugt die Kette hingegen ganz klar. Sie hat in den letzten Jahren mehrere hundert Kupferketten eingelegt. "Im ersten halben Jahr sehen wir schon mal Zwischenblutungen, aber danach gibt es praktisch keine Beschwerden mehr. Das Herausziehen ist zwar eher etwas unangenehmer, aber das ist ja nur ein ganz kurzer Moment. Die Frauen entscheiden sich trotzdem wieder für eine Kette."
Zugegeben, das Risiko schwerer Nebenwirkungen ist gering. Trotzdem sollten Frauen wissen, dass Präparate mit Östrogenen - und das sind alle Antibabypillen, lediglich die Minipille enthält nur Gestagene - das Risiko für Thrombosen, Schlaganfälle und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Dies gilt in besonderem Maße für Pillen der so genannten dritten Generation; in den letzten zehn Jahren sind in Deutschland mindestens sieben Frauen gestorben, die mit ihnen verhütet haben.
Wichtig auch: Das Risiko einer Thrombose oder Embolie - dabei wird ein Blutgefäß von einem Gerinnsel blockiert - ist vor allem im ersten Jahr nach Einnahmebeginn erhöht. Und wegen dieser Risiken sollten manche Frauen gar nicht mit östrogenhaltigen Mitteln verhüten. Dies gilt für Raucherinnen, die älter als 35 Jahre sind, sowie Frauen mit Bluthochdruck, bestimmten Vorerkrankungen (wie Infarkten) oder anderen Krankheiten, die das Thrombose-Risiko erhöhen (zum Beispiel Gerinnungsstörungen oder starkes Übergewicht).
Nachgefragt: Wie hat sich die Kupferkette in der Praxis bewährt?
Vielen Frauen ist die Kupferkette auch zwei Jahre nach ihrer deutschlandweiten Einführung kein Begriff - oder sie sind unsicher, was sie davon halten sollen. Deswegen haben wir uns bei den Gynäkologen Dr. Udo Harmsen aus Lippstadt und Dr. Klaus Doubek aus Wiesbaden über die Vor- und Nachteile der "Gynefix" informiert.
Vorteile
- Mit einem Pearl-Index von 0,1 bis 0,5 ist sie eine sichere Verhütungsmethode.
- Der Verhütungsschutz währt bis zu fünf Jahre.
- Das Verletzungsrisiko ist nicht größer als beim Einsetzen einer Spirale; das Einlegen ist nicht schwerer, sondern lediglich etwas anders.
- Wenn keine Kupferallergie vorliegt, kommt es nicht zu allergischen Reaktionen.
- Ist die Kette verrutscht oder hat sie sich gelöst, bieten einige Gynäkologen bei der Kontrolluntersuchung (nach fünf bis sechs Wochen) an, kostenlos eine neue Kette zu legen.
- Wer sichergehen möchte, dass die Kupferkette noch da ist, kann sie - mit etwas Übung - auch selbst ertasten, wenn man mit dem Finger tief in die Scheide geht. Am besten funktioniert dies in den Tagen vor und nach der Periode, da dann der Muttermund tiefer in die Scheide ragt.
Nachteile
- Die Gebärmutter muss eine normale Form haben, damit die Kupferkette zuverlässig wirken kann. Bei einigen wenigen Frauen ist sie herzförmig, hat also zwei Höhlen. Auch Muskelknoten, Myome oder Vernarbungen können ihre Wirkung beeinträchtigen.
- Die Gebärmutterwand muss mindestens einen Zentimeter dick sein, um die Kette gefahrlos verankern zu können. Ist sie dünner, besteht die Gefahr, durch die Gebärmutter zu stoßen und in der Bauchhöhle zu landen. Dies wird vorab per Ultraschall untersucht.
- Die Kosten von rund 300 Euro müssen selbst getragen werden.
- Die Halterung muss erst geschaffen werden, das Einsetzen stellt ein gewisses Risiko dar.
- In den ersten Wochen bis zur Kontrolluntersuchung darf man sich noch nicht allein auf die Kupferkette als Verhütungsmethode verlassen.
- Beim Einsetzen muss die Kette in der Gebärmutterwand verankert und beim Entfernen wieder herausgezogen werden. Dadurch wird die Gebärmutter ein wenig verletzt. Dies gilt nicht für die herkömmliche Spirale, da sie nicht fixiert wird. Ein Kette ist daher nichts für sehr ängstliche Frauen.
Anmerkung der Redaktion: Welche Variante für einen selbst die Geeignetste ist, sollte stets mit dem Gynäkologen besprochen werden. Nebenwirkungen können bei allen nicht natürlichen Verhütungsmethoden auftreten und sollten ebenfalls mit dem behandelnden Arzt im Detail besprochen werden.
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