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Guido Maria Kretschmer "Das Leben sollte sich nicht um Oberschenkel oder Bauchröllchen drehen"

Guido Maria Kretschmer
© Wilkinson / PR
Guido Maria Kretschmer hat uns im Interview ein paar persönliche Tipps verraten: Wie klappt es mit der Selbstliebe? Und was sagt Guido zu Dellen und Röllchen? So viel steht fest: Seine Antworten machen schon beim Lesen selbstbewusster.

Jeder Mensch ist schön, wie er ist, es gibt kein zu dick, dünn, groß oder klein, wir tragen das, worin wir uns wohlfühlen. Mantraartig haben wir uns diese Phrasen gegenseitig und selbst gepredigt, uns von Body Positivity zu Neutrality entwickelt und wirklich versucht, jede Delle unseres Körpers zu mögen. Oder zumindest mit ihr Frieden zu schließen. Hand aufs Herz: Ganz so einfach geht das in der Realität aber eben doch nicht. Eigentlich ist das auch ganz normal. Wir haben jahrelang erlernt, uns und unseren Körper verändern, ja gar optimieren zu wollen. Diese Verhaltensmuster wieder abzulegen, braucht seine Zeit.

Was – übrigens wie so oft im Leben – dabei hilft, ist, mit Menschen zu sprechen. Menschen, die diese Erfahrungen schon durchlebt haben. Die sich gut mit sich fühlen. Und die in anderen immer das Gute sehen. Guido Maria Kretschmer hat in seiner Karriere schon so einige Körper vermessen, begutachtet, bekleidet. Was er dabei nie getan hat: urteilen. Stattdessen schafft der Designer es immer wieder, Frauen zu mehr Selbstbewusstsein zu verhelfen – und zwar ohne ihnen Honig um den Mund zu schmieren, sondern mit purer Ehrlichkeit. Wie macht er das? Und was muss sich in unserer Gesellschaft verändern, damit wir alle wertschätzender mit uns und unseren Körpern umgehen? Im Zuge der Kampagne von Guido und Shaving Brand Intuition gegen Scham hat er mit uns genau darüber gesprochen – und wie auch immer er das tut, es ging uns schon nach dem Interview besser als zuvor. Also los, lesen, wohlfühlen, diese Tipps sind Balsam für die Self-Care-Seele.

Guido Maria Kretschmer, wie geht Selbstliebe?

Ich persönlich finde Beine schön, weil sie uns durchs Leben tragen, egal ob kurz oder lang, trainiert oder nicht.

Sie strahlen aus, völlig mit sich im Reinen zu sein. Fühlen Sie sich denn in ihrem Körper wohl? 

Ja, ich fühle mich wohl. Ich bin fein mit mir und mag mich eigentlich ganz gerne. Und habe schon früh gelernt, mich so akzeptieren wie ich bin. Mit allem drum und dran, auch den vermeintlichen Makeln. Dass das alles meins ist, zu mir gehört. Natürlich gibt es auch Tage, an denen man nicht so zufrieden ist, aber das ist ganz normal. Es ist wichtig, dass man dann schnell wieder zu sich zurückfindet und alles Gute an sich zu schätzen weiß. 

In unserer Gesellschaft gibt es gerade ja diesen gegensätzlichen Trend: Sei wie du bist – aber stör dabei bloß keinen! Jede:r darf so sein, wie er:sie ist, trotzdem gelten unrasierte Beine dann immer noch als "Statement", statt einfach normal zu sein. Wie kommen wir da raus?

Für manche gehört die Rasur zum Wohlfühlen dazu, für andere nicht. Da sollte jede Frau für sich entscheiden, wie sie sich wohl fühlt in ihrer Haut. Es schämen sich aber auch viele dafür, dass sie sich rasieren. Als wäre die Körperbehaarung nicht vollkommen natürlich. Und das muss geändert werden. Genau aus diesem Grund mache ich mich jetzt gemeinsam mit Intuition stark gegen Scham. Es ist für uns eine echte Herzensangelegenheit, dass Frauen sich in ihrer Haut wohlfühlen und wenn ich mit meinen Worten und auch meiner Rasierer Limited Edition nur ein klein wenig zu diesem Wohlfühlen und Selbstbewusstsein beitragen kann, sozusagen eine Erinnerung während der Beauty Routine setzen kann, dann freut mich das sehr. 

"X hat so schöne lange Wimpern, Y viel längere Beine und Z sieht irgendwie viel stilvoller gekleidet aus als ich"…. Insbesondere Frauen neigen dazu, sich ständig mit anderen zu vergleichen. In Ihren Sendungen wiederum gehen Sie sehr wertschätzend mit ganz unterschiedlichen Frauentypen um, heben keine über die andere. 

Wir leben in einer Zeit, in der es immer schwieriger wird, mit vermeintlichen Makeln zu leben und das auch frei und offen zu tun. Hierbei geht es aber nicht nur um Frauen, sondern das betrifft die Männer gleichermaßen. Alle wollen den tollsten Körper, durchtrainierte Beine, etc., weil sie es jeden Tag auf Social Media sehen. Ich schaue mir das auch an und frage mich oft, ob dieses Bild tatsächlich die Realität ist, an der wir uns alle orientieren sollten. Diese „Welt“ verführt Menschen dazu, sich ständig zu vergleichen und nach etwas zu streben, was vielleicht im echten Leben auch gar nicht so perfekt ist, wie es über den Bildschirm scheint. Ich persönlich finde Beine schön, weil sie uns durchs Leben tragen, egal ob kurz oder lang, besonders trainiert oder nicht. 

Prinzipiell könnten Frauen die ganze Welt retten, aber wenn sie darauf reduziert werden, lange Beine haben zu müssen, dann ist das auf lange Sicht nicht machbar.

Wie können wir uns davon eine Scheibe abschneiden? 

Ich bin ja großer Fan von anfassen und eincremen. Dann hat man alles am Tag einmal in der Hand gehabt und man weiß: das ist mein Körper, das ist mein jetzt. So entwickelt man einen ganz anderen Kontakt zu seinem Körper. Wenn es einen Tipp von mir gibt, dann wäre es der, dass wir einfach auch das vermeintlich Nicht-Perfekte akzeptieren sollten, bei uns selbst und auch bei anderen. Ich finde, man sollte immer sein eigener größter Fan sein. 

Wir haben das Gefühl, Frauen schämen sich noch viel mehr als Männer, Sie auch? Wieso glauben Sie, ist das so?

Es fängt sehr früh an, dass Frauen auf solche Äußerlichkeiten reduziert werden. Sie haben viel, viel mehr damit zu tun als Männer. Dabei ist Frauenenergie so großartig. Prinzipiell könnten sie die ganze Welt retten, aber wenn sie darauf reduziert werden, lange Beine haben zu müssen, dann ist das auf lange Sicht auch nicht machbar. 

Was antworten Sie denn darauf, wenn ein Mensch mit Dehnungsstreifen, Cellulite oder breiten Oberschenkeln zu Ihnen kommt und sagt: "Ich kann das doch nicht tragen! Ich traue mich das nicht! Ich verstecke mich lieber in langer, weiter Kleidung"?

Wenn sie:er die weite Kleidung gerne trägt und sich darin wohlfühlt, würde ich sagen, dass es völlig in Ordnung ist, das auch zu tun. Wenn es aber nur darum geht, vermeintliche Makel zu verhüllen, bloß alles zu verstecken, damit es ja keiner sieht, dann ist das schade. Dellen, Streifen und auch Orangenhaut sind alles Dinge, die absolut natürlich sind. Und ich glaube, man sollte das akzeptieren und die Menschen, die einen darauf reduzieren, schnellstens meiden. Ich habe noch nie in meinem Leben gedacht: "Guck mal die mit den Dellen da". Ich denke dann oft, ach guck mal was für ein tolles Mädchen. Und zu diesem Mädchen gehören nun mal ihre Beine, warum sollte sie sich nicht in Shorts präsentieren? Jede Frau hat das Recht dazu, sich zu kleiden, wie sie es möchte und sich wohlfühlt. 

Das ganze Leben sollte sich nicht um einen kräftigen Oberschenkel oder ein Bauchröllchen drehen.

Was halten Sie von der Body-Positivity-Bewegung der letzten Jahre? Überall werde ich dazu aufgerufen, meine kleinen Bauchröllchen und Falten zu lieben. Darf ich denn gar nichts an meinem Körper doof finden? 

Für mich ist es eine sinnvolle und wertvolle Entwicklung, weil bestimmte Bilder aufgebrochen werden und viel mehr Menschen merken, dass sie sich nicht verstecken müssen – und es gut ist, sich selbst und seinen Körper zu lieben. Body Positivity heißt auch, den Körper in Gänze zu sehen. Und ja, es ist wichtig an den Dingen, die man nicht gut findet, etwas zu ändern, wenn man das selber möchte. Aber das ganze Leben sollte sich nicht um einen kräftigen Oberschenkel oder ein Bauchröllchen drehen.

 Lange Zeit sah man überall eben nur ein Schönheitsideal, auf den Laufstegen, in den Medien: Lange Beine, große Augen und bitte möglichst dünn! Haben Sie das Gefühl, dass es da auch langsam einen Wandel gibt?

Es gibt sicher einen Wandel, denn aktuell sind es ja auch die Instagrammer:innen, Blogger:innen und Youtuber:innen die, die es vormachen. Bei der Mode geht es zum Beispiel auch nicht mehr so sehr um Designer:innen oder um ein Model – es geht jetzt einfach um die, die es stylen. Ich denke schon, dass auch viele Designer:innen verstanden haben, dass der Markt nicht mehr nur auf das typische 'Model' ausgelegt ist. Und ich hoffe auch, dass viele an den Punkt kommen, Frauen in ihrer Unterschiedlichkeit schön zu finden. Unsere Aufgabe als Designer:innen ist es doch, Frauen in ihrem Wohlfühlen zu unterstützen. Das hatte bei mir schon immer höchste Priorität. Und für mich ist es das größte Geschenk, wenn man sieht, dass einem das auch gelingt. 

Vielen lieben Dank für das Gespräch!

Guido

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