Do it yourself ist für mich gleichbedeutend mit Kreativität und der Sehnsucht, zu gestalten. Meistens jedenfalls. Denn manchmal ist es einfach nur aus der Not geboren, weil sich gerade kein anderer findet, der eine Aufgabe für einen übernimmt. So fege ich dann an einem Samstagvormittag die Einfahrt und versuche mir dabei einzureden, dass es gerade nichts Schöneres für mich geben könnte. Selbermachen ist eben nicht immer kreativ. Und manchmal ist es sogar eine Notwendigkeit, die ein funktionierendes Miteinander ermöglicht.
Meine Großmutter hatte früher still und heimlich einen Getränkehandel in unserem Keller aufgebaut. So wurde ich häufig, wenn ich gerade gedankenverloren mit Nadel und Faden an meiner Designerkarriere nähte, durch das elende "Ding-Dong" unserer Haustürklingel aus meiner Arbeit gerissen. Das ging dann so: "Guten Tag, ich hätte gern zwei Malzbier und vier Flaschen Fachinger." Ich dachte dann immer: Warum muss eigentlich nie eins meiner Geschwister zur Tür? "Weil du am nettesten zu Kunden bist", meinte meine geschäftstüchtige Oma. Da lernte ich: Der Kunde ist und bleibt König. Und: Unterbrechungen gehören zum Leben dazu.
Aber zurück zum Thema. Selbstgemachtem eilt ja der Ruf des Liebenswerten voraus. Wenn ich allerdings die selbst gemachten Geschenke meines doch schon längeren Lebens betrachte, so gibt es da erhebliche Unterschiede in der Fähigkeit, sich gestaltend zu betätigen. Mit Liebe gemacht heißt eben nicht automatisch auch mit Talent vollendet.
Ich habe eine liebe Freundin, die den gesamten Freundeskreis mit Marmelade versorgt, die so fest ist, dass man sie gar nicht erst aus dem Glas bekommt. Aber es macht ihr nun mal Freude. Und die Gläschen sind so liebevoll beschriftet und beklebt, dass sie wenigstens für das Außen in jeder Marmeladenausstellung den ersten Platz bekommen könnte.
Selbstgemachtes schmeckt nicht immer besser und sieht auch nicht immer besser aus, aber es hat den einen, ultimativen Vorteil, dass es so einzigartig ist wie der Wunsch, etwas aus seinem Leben und seiner Begabung zu machen! Denn es gibt reichlich Menschen, die mit ihren Händen nichts erschaffen und im schlechtesten Fall nur an sich selber oder an anderen rumspielen können. Jetzt ist es raus!
Wie armselig sähe unser aller Leben aus, wenn nicht begabte Fingerchen täglich zum Einsatz kommen würden? Die goldenen Hände meiner Schneiderinnen und Schneider sind ein Geschenk, und wer morgens um halb drei Brötchen formt, kann nur gelobt werden. Finger, die Saiten von Instrumenten zum Schwingen bringen, sind genauso zu verehren wie der Wunsch, eines guten Tages etwas Sinnvolles mit seinem Leben anzufangen. Am Anfang jeder großen Karriere steht das Hobby, die Freude, sich auszudrücken, und das Vergnügen, etwas ganz besonders gut zu können. Auch wenn immer wieder einer im falschen Moment auf die Klingel drückt. "Ja, Oma, ich gehe schon!"
Dieser Artikel erschien ursprünglich im Guido Heft Nr. 11/2021.