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Erinnert ihr euch noch an den Tag, als Prinzessin Diana starb? Was habt ihr gemacht, als ihr die Nachricht vom Tod der britischen "Prinzessin der Herzen" erhalten habt, wo wart ihr? Die britische Königin Elizabeth wird sich wohl den Rest ihres Lebens an die Zeit nach dem Tod von Diana erinnern. Es war die Zeit, in der sie den Hass ihres Volkes auf sich zog. Die Zeit, als sie fast abgedankt hätte. Was war passiert, wie konnte es zu diesem fast folgenschweren Entschluss kommen? Die Geschichte ist tragisch - in vielerlei Hinsicht.
London, Sommer 1997. Tony Blair ist gerade durch einen Erdrutschsieg seiner Partei zum Premierminister Großbritanniens gewählt worden. Nervös wie ein Schuljunge fiebert er dem Antrittsbesuch bei der Königin entgegen. Vom höfischen Zeremoniell hat der moderne Politiker keine Ahnung, seine zynische Frau Cherie ist ihm da auch keine Hilfe - sie hält die Monarchie sowieso für veraltet und überflüssig. So geht der erste Kontakt zwischen Blair und Elizabeth denn auch wenig protokollgenau vonstatten - dafür umso komischer. Mit süffisantem Blick und Gesten bugsiert die Königin den jungen Politiker durch die Zeremonie, viel scheint die alte Dame nicht von dem achten Premier ihrer Amtszeit zu halten. So beschränkt sich der weitere Kontakt denn auch nur auf wenige Telefonate.
Es lebe die Queen
Das Protokoll und seine Tücken
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Wochen vergehen, die Königin zieht sich im August mit ihrem Mann, Sohn Charles und den Enkeln William und Harry auf ihr schottisches Gut Balmoral zurück, als Ende des Monats plötzlich die Nachricht von Dianas Tod in das Idyll hereinbricht. Doch wird dieses nicht etwa durch den Unfall zerstört - nein, die Königin denkt gar nicht daran, ihren gewohnten Tagesablauf zu ändern. Das würde der prinzipiengenauen Frau nie in den Sinn kommen, zu sehr ist sie in den steifen Vorschriften und Protokollen des Hofes gefangen, um "revolutionäre", weil ungewohnte Schritte zu tätigen. So weigert sie sich standhaft, die Flagge auf dem Buckingham Palast als Zeichen der Trauer auf Halbmast zu setzen. Die Flagge dürfe eben nur gehisst werden, wenn die Königin im Hause sei - und das ist nun mal nicht der Fall. Und den Körper der toten Lady Di mit dem königlichen Privat-Jet aus Paris nach London überführen, so wie es der erschütterte Charles wünscht, kommt für Elizabeth zunächst auch nicht in Frage, ist Diana seit der Scheidung doch kein Mitglied der königlichen Familie mehr.
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Als diese Handlungen und vor allem das Fernbleiben der Königin aus London bringen das britische Volk immer mehr gegen ihr Staatsoberhaupt auf. Die Zeitungsmeldungen sprechen dabei eine ganz eigene Sprache: "Hat diese Frau überhaupt ein Herz?", "Warum sind Sie nicht hier, Majestät?". Diese Anti-Monarchie-Stimmung ist die große Stunde des Tony Blair: Er gibt sofort nach Bekanntwerden des Todes von Diana eine emotionale Stellungnahme ab, die Menschen im Land sehen in ihm den Führer des Landes in dieser Krise. Doch statt sich ebenfalls gegen die Königin zu stellen, entschließt sich Blair zu einem anderen Schritt: Er verteidigt die Königin in der Öffentlichkeit gegen die bösen Anfeindungen - in Telefongesprächen versucht er gleichzeitig, Elizabeth die explosive Lage zu verdeutlichen und sie zu einer Rückkehr nach London zu überreden. Als der Königin endlich bewusst wird, dass die Sympathie des Volkes ihr gegenüber am Gefrierpunkt angekommen ist, denkt sie in einem Gespräch mit Queen Mum ernsthaft darüber nach, abzudanken und ihrem Sohn Charles die Krone zu überlassen. Doch die Königin entscheidet sich anders und kehrt zurück nach London - die Bilder der fassungslosen Familie vor der Blumenmeer vor dem Buckingham Palast und der Beerdigung Dianas sind bekannt.
Brilliante Hauptdarstellerin
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Der Tod Prinzessin Dianas - dieser Plot schien ein rührseliges Stück verfilmter Zeitgeschichte zu werden, doch der Zuschauer wird überrascht. Stephen Frears' Film beginnt mit viel Humor und Augenzwinkern, diese Aspekte verliert er auch während des weiteren Verlaufes nicht. So können die Taschentücher auch bei den traurigen Szenen getrost in der Tasche bleiben - durch Kommentare der herrlich schrulligen Queen Mum und des scharfzüngigen Prinz Philip wird jede Rührseligkeit und jeder Anflug von Kitsch im Keim erstickt. Viel größere Tragik bekommt der Film durch tiefergründigere Fragen - zum Beispiel die nach der Tragweite des Protokolls. Denn eins wird in "Die Queen" ganz deutlich: Königin Elizabeth ist in den vielen Regeln des höfischen Protokolls gefangen, emotionale Äußerungen in der Öffentlichkeit sind ihr seit frühster Kindheit nicht erlaubt. "Lillibeth" kann gar nicht anders, als höchst zurückhaltend zu reagieren und vermeintliche "Familienangelegenheiten" in der Familie zu belassen.
Was macht die "Die Queen" so besonders? Die Antwort ist schnell und eindeutig gefunden: Die brillianten Schauspieler, allen voran Elizabeth-Darstellerin Helen Mirren. Die große Dame des britischen Kino vermag die Rolle so dermaßen perfekt zu spielen, dass die Grenzen zwischen Schauspielerin und Original schon nach wenigen Szenen verwischen. Mirren berherrscht Gestus und Tonfall - deshalb unbedingt in der Originalfassung anschauen - der Königin perfekt. Diese Rolle ist eine hervorragende Oscar-Bewerbung, es würde schon an ein Wunder grenzen, sollte Mirren den Goldjungen im Februar nicht mit nach Hause nehmen können. Sollte sie gewinnen, wird Helen Mirren diese Rolle sicher nie vergessen. Genauso, wie die Menschen nie vergessen werden, wo sie beim Tod von Lady Diana waren.