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Buchsalon: Unsere Leserinnen über John Updikes letzten Roman

Fünf Userinnen haben für uns vorab "Die Witwen von Eastwick" von John Updike gelesen. Welche Rezension ist die beste?

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Am 27. Januar 2009 starb der US-Schriftsteller John Updike. In seinem letzten Roman treffen wir "Die Hexen von Eastwick" wieder - als "Die Witwen von Eastwick". Fünf unserer Leserinnen haben bereits vor dem Erscheinungstermin des Buches am 4. April erfahren, was aus den Hexen von Eastwick geworden ist. Sie hatten das Glück, in den BRIGITTE-Buchsalon eingeladen zu werden. Wie ihnen "Die Witwen von Eastwick" gefallen hat, lesen Sie auf den nächsten Seiten. Und am Ende sind Sie gefragt: Wer hat die beste Rezension geschrieben? Stimmen Sie ab!

Sie möchten auch gern in die Welt "Der Witwen von Eastwick" eintauchen? Lesen Sie einen Auszug aus dem Roman. Zur Leseprobe

Hexenkunst und Altersflecken - Rezension von Leserin Alexandra Naumann

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"Eine tolle Hommage an alte Damen"

John Updike lässt die Hexen zurückkehren: Mehr als 30 Jahre, nachdem Sukie, Jane und Alexandra den Ort ihrer Missetaten und Ekstasen verlassen haben, sind sie zurück im ruhigen Städtchen Eastwick an der amerikanischen Ostküste. Alle sind mittlerweile verwitwet und unternehmen Reisen nach Kanada, Ägypten und zu dritt nach China. Doch dann treffen sie die verhängnisvolle Entscheidung, einen Sommer gemeinsam in Eastwick zu verbringen - ausgerechnet in dem zu Apartments umgebauten ehemaligen Anwesen ihres früheren Liebhabers Darryl van Horne, dessen junge Ehefrau sie einst mit einem Zauber töteten.

Hier gewinnt das Buch zunehmend an Verve und Spannung, schlägt ihnen doch in Eastwick das Misstrauen und die Verachtung der Bewohner, die sich an sie erinnern, deutlich entgegen. Als Jane bei dem Versuch, den "Kegel der Macht" der drei Hexen wieder zu errichten, stirbt, ist klar, dass ihnen einer ihrer früheren Bekannten an den Kragen will ... Mit seiner detaillierten, wunderbar bildlichen Prosa schildert Updike humor- und liebevoll die Reisen und den Alltag seiner Hexen, in dem sie mit den Problemen des Alterns, mit ihren Zipperlein und Krankheiten und der Angst vor dem Tod kämpfen. Denn darum geht es letztendlich in diesem Buch: drei Frauen, alt, allein und faltig, die durch das Wiederaufleben ihrer Freundschaft neue Kraft, Kreativität und Lebensmut gewinnen. Alexandra Naumann

Wofür sich der Roman eignet: Das Buch ist eine tolle Hommage an alte Damen - Miss-Marple-Fans sollten es unbedingt lesen.

Mein Lieblingssatz: "Denn nur, wenn wir alles aufgegeben haben - unsere schönen Autos, unsere schmucken Häuser, unsere gut gekleideten Kinder und ihre ausgezeichneten Schulnoten, unsere Club-Mitgliedschaften, unsere sexuellen Eroberungen, unsere Bankguthaben, alles, dem wir die Macht einräumen, uns zu definieren - angenommen, wir haben all dem entsagt oder es wurde uns entrissen: Sind wir dann nicht mehr wir selbst?"

Reflexionen über das Altern - Rezension von Leserin Elfi Wieland-Flaig

"Das Buch ist gehaltvoll, doch nie schwer."

Schön, dass Updike die drei Hexen von Eastwick noch einmal wiederkehren lässt. Sie sind dreißig Jahre älter geworden, melancholischer, haben Kinder, Enkel, wurden Witwen. Aus Einsamkeit lassen sie ihre alte Freundschaft wieder aufleben.

Am Anfang des Buches unternehmen sie gemeinsam Reisen durch Kanada, Afrika und China, sie sehnen, erinnern sich und genießen die Freiheit des Alters.

Sie beschließen, eine Reise in die Vergangenheit nach Eastwick zu unternehmen. Updike beschreibt die Altersmelancholie der drei Hexen, die oft mit Zorn und völligem Erstaunen über das gegenwärtige Eastwick reagieren. Die Langeweile des Vorstadtlebens bringt sie fast um den Verstand. Die Begegnung mit der Vergangenheit ist am Ende enttäuschend. Alexandras Tochter formuliert es nüchtern: "Ich glaube, du brauchst weniger Eastwick, nicht mehr. Du und deine Freundinnen, ihr dachtet, eine Rückkehr wurde euch jünger machen, aber natürlich hat sie das nicht. Der Zauber, den du dir erhofft hattest, ist ausgeblieben."

Der Roman ist gelassener, bedächtiger, deshalb aber nicht langweilig. Updike fasziniert mit seiner Beobachtungsgabe, seinen Reflexionen über das Altern und als Chronist des amerikanischen Mittelstandes, der den Alltag humorvoll beschreibt. Das Buch ist gehaltvoll, doch nie schwer. Elfi Wieland-Flaig

Mein Lieblingssatz: "Da trauern alle lauthals über den Tod Gottes; mich bekümmert viel mehr der Tod der Sünde. Ohne Sünde sind Menschen keine Menschen mehr, sie sind nur noch seelenlose Schäfchen."

Frauenfreundschaft - Rezension von Leserin Manuela Müller

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"Ein schönes Buch über Frauenfreundschaft unter der Last des Alters"

Gut 30 Jahre sind vergangen seit Alexandra, Sukie und Jane als die Hexen von Eastwick ihr Unwesen trieben. Jede hat seither ihr eigenes Leben gelebt und erst als alle drei Witwen werden, lebt der Kontakt zwischen ihnen wieder richtig auf. Bei zuerst gelegentlichen Telefonaten kommt irgendwann die Idee auf, zusammen zu reisen. Langsam flackert dabei die Lust an kleinen, harmlosen Hexereien wieder auf. Doch als sie für einen Sommer nach Eastwick zurückkehren und ihren Hexenzirkel wieder aufleben lassen, holt sie die Vergangenheit ein. Denn dort erinnert man sich durchaus noch an sie ... In wahren Bandwurmsätzen, aber mit blumiger Sprache wunderbar anschaulich beschrieben lässt John Updike die Hexen von Eastwick wieder aufleben. Mit ihren sämtlichen Schrullen und Marotten kann man sie sich durchaus als die alten Damen von nebenan vorstellen. Man muss sich keineswegs mit ihnen identifizieren, besonders Jane ist für mich eine wahre Nervensäge. Aber durch die einfühlsam gewährten Einblicke in ihr Seelenleben ist im Leser immer Verständnis für ihr Tun und Lassen vorhanden, ebenso wie die Neugierde auf den nächsten "Coup" der Drei.

Für mich ein schönes Buch über Frauenfreundschaft unter der Last des Alters, immer betrachtet mit einem kleinen Augenzwinkern, das in der zweiten Buchhälfte richtig an Fahrt gewinnt.

Wofür sich der Roman eignet: Für ein langes faules Frühlingswochenende

Mein Lieblingssatz: "Kein Mann kann so lieben wie eine Frau, sie haben nicht die inneren Organe dafür."

Schuld und Sünde - Rezension von Leserin Andrea Holzwarth

"Gelungener Spagat zwischen anspruchsvoller Sprache und Lesbarkeit"

Natürlich ist es bei den "Witwen von Eastwick" von Vorteil, wenn man den ersten Teil gelesen hat. Eine Grundvoraussetzung ist es auf keinen Fall! Auffallend ist der gelungene Spagat zwischen anspruchsvoller Sprache und Lesbarkeit. Wir alle kennen doch die "guten" Bücher, die sich im Schrank gut machen, aber einen absolut fitten und wachen Geist neben zig Litern Kaffee fordern, um gelesen zu werden. Hier trifft das nicht zu - und deswegen eignet sich dieses Buch ganz besonders für die kommende Strand- und Freibadsaison.

Nachdem die "selbst gemachten" Ehemänner das Zeitliche gesegnet haben, treffen die drei Freundinnen Alexandra, Sukie und Jane wieder zusammen. Sie reisen nach Ägypten und China, um ihrem Witwendasein zu entfliehen, und entdecken dort ihr Zusammengehörigkeitsgefühl wieder. Schließlich kehren sie nach Eastwick, dem Ort ihrer Schandtaten, zurück. Natürlich hat jede der Frauen eine unterschiedliche Sicht auf die Vergangenheit und mehr oder weniger große Schuldgefühle.

"Die Witwen von Eastwick" handelt unter anderem von Schuld und der Perspektive alternder Frauen auf ihre Vergangenheit - und von der Frage ob nach 40 Jahren eine solch direkte Auseinandersetzung mit den begangenen Sünden notwendig ist. Daneben gibt es einiges an Landeskunde, die einzigen Momente, in denen das Buch etwas langatmig wird. Andrea Holzwarth

Mein Lieblingssatz: "Ihr jüngeres Ich von Schuld beschädigt wie von Wasser, das in eine abgedichtete Schiffskabine strömt; die Ereignisse jener Zeit verworren, aber unbestreitbar; ihr rasender Wunsch, Geschehenes ungeschehen zu machen, abgelehnt; ihre Seele für immer in Schuld gefangen wie ein Fötus in Formaldehyd."

John Updike- ein Frauenversteher? - Rezension von Leserin Friederike Flügel

"Absolut lesenswert"

Um es vorweg zu sagen: Das Buch hat mir gut gefallen und ist absolut lesenswert, ich kann es nur empfehlen. Auch die Übersetzerin hat wahrlich gute Arbeit geleistet, trotzdem werde ich das Buch nochmal im Original lesen, z.B. kommt das Wort "bumsen" im Text so oft vor, das verwendet heutzutage kein Mensch mehr, weder alt noch jung, im Kontext wirkt das unerotisch, jedenfalls auf mich.

Sehr schön und interessant fand ich die Reisebeschreibungen nach China und Ägypten mit den geschichtlichen Hintergründen und den Interaktionen der Frauen während ihrer gemeinsamen Reisen. Wunderbar das Blinzeln von Mao! Auch die Rückkehr nach Eastwick nach vielen Jahren, sehr spannend und aufschlussreich, die ganzen Veränderungen und Entwicklungen der Menschen und der Infrastruktur, klasse. Besonders berührt hat mich die Begegnung von Alexandra und ihrer Tochter nach langer Zeit.

Nur in die tiefe Seele älterer Frauen ist Updike meiner Meinung nach nicht hinabgestiegen (bin selbst 62), das kann selbst so ein genialer Schriftsteller wie er nicht. Friederike Flügel

Wofür sich der Roman eignet: Für alle, die wissen wollen, was aus den Hexen geworden ist, ein großes Lesevergnügen!

Mein Lieblingssatz: "Welch einer kuriosen Prüfung uns die Natur doch Tag für Tag aussetzt, wenn wir das Bewusstsein an den Nagel hängen und uns Träumen ausliefern, in denen wer weiß welche Angriffe und Peinlichkeiten drohen!" (Seite 113)

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