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"Nur der Teufel weiß, warum Menschen Angst vor Gedichten haben - aber sie haben Angst; deshalb sollen Gedichte kurz und lustig sein und sich reimen, damit man sie leicht schlucken kann, ohne sich den Magen zu verderben. Aber es gibt eben auch lange sperrige Gedichte, die einem im Hals stecken bleiben und unter die Haut gehen. Alle Gedichte haben etwas mit dem Körper zu tun, mit einem körperlichen Gefühl. Früher war es ein Gott, der durch den Mund des Dichters sprach, heute spricht der Dichter selber, manchmal noch mit Engelszungen. Aber wer auch immer redet oder mitredet, die heutigen Gedichte wenden sich an heutige Menschen, die für einen Moment aufhorchen sollen auf eine Stimme, die anders klingt als der Text, der uns umgibt. Wenn man nur genau hinhört, hat auch der Teufel nichts mehr zu sagen."
Gedicht von Michael Krüger
Das Bett für Ariane Als du weggegangen warst, habe ich dein Bett abgezogen. Die Matratze sah aus wie ein abgerissener Sträfling. Wenn ich jetzt das Licht lösche, bin ich mir nicht mehr sicher, auf welcher Seite ich liege. Mit einem Bein im Gefängnis, mit dem anderen in der Freiheit, an Schlaf ist nicht zu denken.
Aus: Nachts, unter Bäumen. Residenz-Verlag, 1996
Bücher von Michael Krüger (Auswahl)
Brief nach Hause. Gedichte. Residenz Verlag, 1993 / CW Niemeyer Verlag, 1995 Himmelfarb. Roman. Residenz Verlag, 1993 Nachts, Unter Bäumen. Gedichte. Residenz Verlag, 1996 Wettervorhersage. Gedichte. Residenz Verlag, 1998 Die Cellospielerin. Roman. Suhrkamp, 2000 Wer das Mondlicht fängt. Gedichte mit Bildern von Quint Buchholz. Sanssouci Verlag 2001 Archive des Zweifels. Gedichte aus drei Jahrzehnten. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Kurt Drawert. Suhrkamp Taschenbuch Verlag, 2001 Das falsche Haus. Eine Novelle. Suhrkamp Verlag, 2002
Weitere Autorenporträts
Lutz Rathenow
Jutta Richter
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