Was muss das für ein Roman sein, wenn das israelische Bildungsministerium ihn von den Leselisten für Abiturienten streicht? Ein propagandistisches Hetzwerk? Nein, Dorit Rabinyan hat von der Liebe geschrieben, von der stürmischen Liebesgeschichte zwischen Liat, einer Jüdin aus Tel Aviv, und von Chilmi, einem Palästinenser aus Ramallah. Zwei Menschen, die sich in ihrer durch Soldaten und eine Mauer getrennten Heimat niemals begegnet wären, lernen sich in New York kennen. Die Übersetzerin Liat wird zur Muse des Malers Chilmi, sie begehrt seinen Körper, seine Berührung, seine Worte. Sie streiten nur, wenn es um ihre Heimat geht: um Chilmis traumatisierende Erfahrung mit der israelischen Armee, um Liats Loyalität ihrem Land gegenüber - eine gemeinsame Zukunft dort scheint unmöglich. Chilmi ist Liats Geheimnis, sie verheimlicht ihn ihrer Familie, ihren jüdischen Freunden, und das entfernt sie nach und nach von ihrem Land. Ihre Beziehung ist nur in New York möglich, einem neutralen Ort, an dem sie ausleben können, was sie verbindet. Gemeinsam ziehen sie durch die Straßen Manhattans und Brooklyns, über den schwitzenden Asphalt eines Sommers, durch die klirrende Kälte eines Winters. Doch als der Frühling kommt, kehrt Liat nach Israel zurück, und Chilmi entscheidet sich, ihr zu folgen. Eine Entscheidung, die ihrer Liebe zum Verhängnis wird. Ein modernes Romeo und Julia ist dieser Roman, dessen zart formulierte Sätze aufwühlen, und dessen schockierendes Ende einen noch lange beschäftigt. Die Begründung des Bildungsministeriums, der Roman befürworte Beziehungen zwischen Juden und Nicht-Juden und gefährde so die "separate Identität", sorgte nicht nur für einen Sturm der Entrüstung in der israelischen Kulturszene, sondern auch dafür, dass das Buch zum Verkaufserfolg wurde. (Ü: Helene Seidler, 379 S., 10,99 Euro, Kiepenheuer & Witsch) Hier könnt ihr das Buch bestellen