
Kein fließend Wasser, kein Strom und ein harter Arbeitstag - so sah der Alltag auf dem Land vor hundert Jahren aus. In "Abenteuer 1900" haben sich Menschen aus der Gegenwart auf eine spannende Zeitreise begeben. Sie nahmen die große Herausforderung an, für zwei Monate in die Vergangenheit zu reisen, mit allen Konsequenzen, die dieses Leben für sie bereithielt.
Die Dreharbeiten fanden im Frühjahr 2004 auf dem Gutshaus Belitz in Mecklenburg-Vorpommern statt. Für das Projekt wurden keine Schauspieler gecastet. Es wurde eine Familie gesucht, die die Welt des Landadels vor hundert Jahren erleben wollte. Und dazu Menschen, die es wagen wollten, sich als Dienstmädchen oder Stallbursche in die strenge Hierarchie einzugliedern. Jeder musste entsprechend seiner Rolle in dem sozialen Gefüge agieren - ohne Drehbuch und ohne Regieanweisungen.
20 Frauen, Männer und Kinder stellten sich schließlich dem Abenteuer. Damit der Ausflug in die Vergangenheit so realistisch wie möglich war, wurde das Gutshaus auf der Grundlage von Geschichtsbüchern umgestaltet und mit Museumsmöbeln und -geräten ausgestattet. Auch die Protagonisten mussten während der zwei Monate in historische Kostüme schlüpfen - wie unbequem sie auch waren.
Interview mit Sarah Wiener

Die Köchin Sarah Wiener war eine der Protagonistinnen, die sich dem "Abenteuer 1900" stellte. Im wahren Leben ist sie Chefin einer Catering-Firma und besitzt in Berlin drei Restaurants. Im Gutshaus war sie als Mamsell für die Organisation des gesamten Haushalts zuständig. Am 9. November erscheint ihr erstes Kochbuch "Kochen mit Sarah Wiener", in dem es unter anderem Rezepte aus dem "Gutshaus 1900" gibt. Brigitte.de: Sie wurden für zwei Monate um ein Jahrhundert zurück versetzt. Was war dabei die größte Herausforderung?
Sarah Wiener: Die Herausforderung war, dass ich die Mamsell, also die Hauswirt- schaftlerin und Köchin, spielte. Einerseits musste ich unter den Bedingungen von 1900 kochen, anderseits meinen Protagonisten das Gefühl geben, dass sie wirklich eine Zeitreise machen. Ich war deren Vorgesetzte und musste ihnen sagen, was sie zu tun und zu lassen haben. Und das in einem Ton streng nach Etikette.
Brigitte.de: Haben Sie sofort zugesagt, als man Sie fragte, ob Sie bei dem Projekt teilnehmen?
Sarah Wiener: Ich habe nicht sofort zugesagt, sondern lange überlegt. Der entscheidende Punkt war schließlich, dass der Regisseur Volker Heise und die Produktionsfirma Zero Film für Qualität und Vertrauen stehen.
Brigitte.de: Hätten Sie nach dieser Erfahrung gern vor 100 Jahren als Mamsell gelebt?
Sarah Wiener: Einiges fand ich sehr schön: Teig, Kernseife und Bohnerwachs selbst herzustellen, Kaffee zu rösten und zu mahlen. Ein wunderbares Erlebnis war auch, mit der Kutsche zum Einkaufen ins Dorf zu fahren. Allerdings hatte ich eine privilegierte Position. Mir sind die harten, unerfreulichen Arbeiten auf Grund meiner Stellung erspart geblieben. Deshalb kann ich es mir gut vorstellen, in jener Zeit gelebt zu haben. Die Schattenseite des Lebens wie im Jahr 1900 war die strenge Hierarchie. Ich fand es zwar gut, dass die Konvention es nicht erlaubte, jemandem ins Gesicht zu sagen, was man von ihm hält. Anderseits musste man sich unter Umständen von Leuten, die dümmer waren als man selbst, befehlen lassen, ohne die Chance zu haben, jemals aufzusteigen.
Brigitte.de: Was haben Sie bei Ihrem Ausflug ins Jahr 1900 am meisten vermisst aus der Gegenwart?
Sarah Wiener: Neben meinem Sohn und meinen Freunden habe ich frisches Obst und gute Schuhe sehr vermisst!
Info
"Abenteuer 1900": 16-teilige Doku-Serie in der ARD, die Folgen werden jeweils dienstags bis freitags um 18.50 Uhr gesendet, Folge 1 am Dienstag, den 9. November.