Jetzt im Kino: Julia Roberts findet in "Eat, Pray, Love" den Weg zu genussvollem Leben, innerem Frieden - und vielleicht einer Zukunft mit dem charmanten Javier Bardem. BRIGITTE-Filmexpertin Stefanie Hentschel hat sie im Kino auf der Selbstfindungsreise begleitet.
Wir reden hier nicht von einem Film, sondern von einem Mega-Ereignis. Wenn Hollywood ein Zoo ist, dann ist "Eat, Pray, Love" so ein bunter Elefant wie der, dem Julia Roberts hier die Stirn krault. 60 Millionen Dollar hat er gekostet (der Film, nicht der Elefant). Und die Macher (u.a. Brad Pitt) dürften jeden einzelnen Cent viele Male zurück bekommen. Schließlich haben acht Millionen Menschen die Romanvorlage gelesen. Und wenn ein Buch von seinen Fans einen Kosenamen bekommt, nämlich "EPL", darf man die Sache wohl als sichere Bank betrachten.
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In den USA hat "Eat, Pray, Love" schon am ersten Wochenende ein Drittel seiner Produktionskosten eingespielt. Und auch das Merchandising läuft: Rund 400 Produkte aus der "EPL"-Welt gibt es zu kaufen, von dem Fahrrad (oben), mit dem Liz durch Bali fährt bis hin zur Eismaschine für original italienisches Gelato. Und die Fans kaufen und kaufen.
Was ist eigentlich mit den Frauen los, dass ein Buch wie "Eat, Pray, Love" sie zu einer Art Sekte zusammen schweißt? Wenn eine Szene, in der eine Frau zu einer anderen sagt, dass es total okay ist, mal mit Lust ein Stück Pizza mit ganz viel Käse zu essen, wie eine Offenbarung aufgenommen wird? Sind wir wirklich so verschreckte Häschen, dass wir für alles erst mal ein aufmunterndes „Go!” brauchen? Und: Wird die Pizza hier nicht kulinarisch grotesk überbewertet?
Andererseits: Es ist natürlich Julia Roberts, die uns an der Hand nimmt und in ein glücklicheres Leben führt. Und aus deren Mund klingt keine Lebenshilfe zu banal. 133 Minuten dauert der Film, kaum eine Szene kommt ohne ihr Gesicht aus, und am Ende hat man sich immer noch nicht satt gesehen an ihr. "Eat, Pray, Love" ist Julias erste Hauptrolle seit "Mona Lisas Lächeln" vor sieben Jahren. Jetzt ist sie fast 43 und attraktiver denn je.
Der autobiografischen Geschichte von Elizabeth Gilbert folgend, spielt Julia in "Eat, Pray, Love" eine Frau, die eigentlich alles hat: einen guten Job, einen liebenden Mann und beste Gesundheit. Aber, leider, auch: ein nagendes Gefühl der Unzufriedenheit.
Sie trennt sich von ihrem Mann und beginnt eine Beziehung mit dem viel jüngeren David (James Franco, Bild). Aber auch das bewahrt sie nicht davor, eines Morgens weinend aufzuwachen und den "Funken" zu vermissen, der sie antreibt und begeistert.
Immerhin hat sie durch David die Freuden der Meditation kennen gelernt. Der Mann bringt sie zwar nicht weiter, weshalb sie auch ihn zurück lässt, aber das mit dem Meditieren fühlt sich gut an, darum bleibt sie dabei.
Weil es ihr gut tut, wenn ihr Inneres auf Reisen geht, beschließt Liz, auch ihre äußere Hülle ein bisschen um die Welt zu schicken. Die erste Station ist Rom, weil sie italienisches Essen mag. Danach ein Ashram in Indien, wegen David und der Meditation, und dann noch Bali. In dieser Reihenfolge nimmt sich an unglaublich pittoresken Orten des Essens, des Betens und des Liebens an.
Im Folgenden macht sie das, was Touristen eben so machen: Sie sieht sich staunend ihre Umgebung an, belegt Kurse (italienische Sprache, innere Einkehr etc.), kostet landestypische Spezialitäten (Pizza, Nudeln, später: Fladenbrot) und nimmt ein bisschen zu. Darüber führt sie Tagebuch in ihrem Laptop.
Vor allem aber trifft sie überall andere nette Touristen, mit denen sie beim Reisen gewonnene Erkenntnisse über das Leben austauscht: eine Schwedin in Rom (Tuva Novotny, ganz rechts)....
... und einen Brasilianer auf Bali (Javier Bardem). Der ist dann auch derjenige, der für das "Lieben" im Titel zuständig ist. Was aber gar nicht so einfach ist, denn der meint es perfiderweise so richtig ernst mit ihr. Oder so ähnlich - so richtig erschließt es sich nämlich nicht, was genau so schlimm daran ist, wenn ein gut aussehender, sensibler, reicher Mann es aus tiefstem Herzen ernst meint mit einer Frau, die ihn auch gut findet. Okay, Felipe sagt mal, dass er Phil Collins mag, aber das scheint nicht Liz' Kernproblem zu sein. Aber so genau darf man vielleicht auch nicht nachfragen - der Film lebt ja davon, dass Liz es sich nicht leicht macht.
Aber wer wollte auch ständig fragen und nach Haaren in der Pasta oder sonst wo suchen: "Eat, Pray, Love" tut nicht weh und man bekommt Lust, auch mal wieder ein wenig zu reisen (oder, je nach Verfassung, sich scheiden zu lassen). Und das Wiedersehen mit Julia Roberts ist herzlich und warm. Wenn jemand am Ende ein paar tiefere Erkenntnisse über das Essen, das Beten und/oder das Lieben gewonnen haben sollte, ist das doch toll. Wenn nicht: Man kann sich ja immer noch das Original-Julia-Roberts-Fahrrad bestellen und damit rumradeln wie ein Superstar. Oder man holt sein eigenes altes Rad aus dem Keller, fährt zu einer stinknormalen Eisdiele, kauft sich ein Eis und freut sich, wenn das Leben auch ohne Dramen schön und lebenswert ist.
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