
Was ist eigentlich mit Madonna los? Früher setzte diese Frau Maßstäbe. Tanzte im weißen Hochzeitskleid zu "Like a Virgin" und verführte im Video von "Like a Prayer" einen schwarzen Jesus. Madonna erschuf sich mit jedem Album neu, schockierte, provozierte - und die Popwelt hielt jedes Mal den Atem an.
Meine Schwester Madonna
Dass sie einmal für ihre Musik geliebt wurde, ist heute fast vergessen. Spätestens seit ihrer schlagzeilenträchtigen Trennung von Guy Ritchie steht eine andere Madonna im Mittelpunkt: Die Ex-Queen of Pop als knochiger Kontrollfreak, völlig vernarrt in Yoga, Kabbala und makrobiotische Ernährung. Für Guy und die Kinder gab es im Hause Ritche angeblich weder Milch noch Zucker. Fernsehen war sowieso tabu. Und wenn Guy mal ein Steak essen wollte, verließ Madonna - so berichten es die berühmten "Freunde der Familie" - angewidert den Raum, um draußen eine Miso-Suppe zu löffeln.
Wer hätte das gedacht: Madonna, die strahlend Schöne, ist zu einer Karikatur ihrer selbst geworden. Auf Gedeih und Verderb - und mit unerbitterlichem sportlichem Ehrgeiz - versucht sie, jung zu bleiben. Und sieht gerade deshalb furchtbar alt aus.
Ein Madonna-Buch zur rechten Zeit
Nun hat auch noch Madonnas jüngerer Bruder Christopher Ciccione ein Buch über seine Schwester geschrieben. Jahrelang war er Madonnas Tänzer, Garderobier und Regisseur ihrer Tanz-Shows. Er kennt sie also wie kaum ein anderer. Und hat eindeutig einen Madonna-Komplex. Aus dem er jetzt Kapital schlägt. Das Buch ist zwar nicht wirklich böse gemeint und amüsant geschrieben. Aber so richtig gut kommt Madonna auch nicht weg. Christopher beschreibt seine Schwester als eine Person, die nur auf einen einzigen Menschen hört: sich selbst. Bleibt zu hoffen, dass Madonnas innere Stimme ihr möglichst bald rät, zu ihrem Alter zu stehen. Und ganz entspannt weiter Musik zu machen.
Madonna & ihr Bruder
Zitate aus Christopher Ciccones Buch:
"Mit ihrer Vorliebe für Listen und Ablaufpläne hätte Madonna in einem anderen Leben mühelos ein Gefängnis führen, den Flughafenverkehr regeln oder Feldmarschall werden können."
"Ein Lieblingssatz von Madonna lautet: 'Das ist keine Demokratie hier.' Außerdem ist sie völlig unfähig über sich selbst zu lachen. Deshalb beeindruckt es mich, dass sie darauf besteht, den Abend mit ihrem Team zu verbringen, statt ihn mit anderen Berühmtheiten zu feiern."
Madonna ist zwar für ihre nicht vorhandenen Hemmungen bekannt, aber privat ist sie viel zu schüchtern und prüde, um sich einem Fremden aus nächster Nähe nackt zu zeigen."
"Ob es nun um Yoga, Freundschaften oder Kabbala geht, meine Schwester muss immer die Beste sein, die Größte - die Frau, die ihr Bein 25 Mal um ihren Körper schlingen kann und dann auf einem Finger steht."
"Bei jeder Tour verbringt ein Tänzer etwas mehr Zeit mit ihr als die anderen, wird besonders bevorzugt und hat eine intimere Beziehung zu ihr - und dieser Mensch ist ein heterosexueller Tänzer. Es geht nicht darum, ob sie miteinander schlafen, er ist einfach ihre Versicherung gegen die Einsamkeit des Tourlebens."
Christopher Ciccone mit Wendy Leigh Meine Schwester Madonna und ich Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag 352 Seiten 19,90 Euro