In Ruhe ankommen
Auf der Taxi-Fahrt vom Flughafen in die Stadt singt die St. Petersburger Band "La Minor" im Radio ihre Ganovensongs. Lange Straßenzüge, von Bauten aus Sowjet-Zeiten gesäumt. Das soll die Stadt sein, die wegen ihrer Schönheit gerühmt wird, und – vom Flussufer der Newa aus betrachtet – türkisfarbene Prachtbauten mit vergoldeten Elementen aneinanderreiht? Moment! Im Zentrum halten wir am historischen Witebskij-Bahnhof, um uns für eine Viertelstunde in die kammermusiksaalgroße Halle im ersten Stock zu setzen: Jugendstilwandverzierungen, Kerzenleuchter, auf dem Parkett ein alter Flügel, ein wartender Soldat auf einer Holzbank. Willkommen im alten St. Petersburg!
Alle an Bord?
Bei der Weiterfahrt ändert sich der Eindruck von der nach europäischen Vorbildern errichteten Stadt: Gold, Marmor, Licht und Größenwahn dominieren jetzt das Bild. Am besten zu entdecken vom Wasser aus. Für eine Rundfahrt auf den Kanälen Fontanka, Griboedowa und Moika liegen zum Beispiel an der Anitschkow-Brücke Ausflugsboote bereit.
Mitternachtssonne
Die alte Zarenstadt auf dem 60. Breitengrad, die Peter der Große 1703 wegen der Sümpfe auf Pfahlbauten errichten ließ, schimmert besonders in den "Weißen Nächten" von Mitte Juni bis Anfang Juli in einem silbrig-violetten Licht. Im Sommer wird es kaum richtig dunkel. Einheimische und Gäste treffen sich auf dem Schlossplatz oder am nahegelegenen Ufer der Newa, feiern das prächtige Licht, den Sommer und sich selbst. In der magischen Tiefe des imposanten Schlossplatzes (Dworzowaja pl.), wo die Oktoberrevolution begann, zeigen Akrobaten ihre Kunststücke. Hier mischen wir uns unter die Nachtfalter und versäumen später auf keinen Fall das Spektakel, bei dem gegen zwei Uhr in der Nacht die Brücken der Newa hochgezogen werden, um die großen Schiffe passieren zu lassen. "Ein ganzer Moment der Freude! Ist das nicht für ein vollkommenes menschliches Leben genug?", fragte schon Fjodor Dostojewski, der, in Moskau geboren, als Student nach St. Petersburg kam.

Spazieren wie ein Zaren-Paar
Die über vier Kilometer lange Flaniermeile Newskij Prospekt ist der zentrale Boulevard der Stadt. Barock, Klassizismus, Jugendstil – überbordende Architektur! Sie soll Wladimir Putins Lieblingsstraße sein. Wir schlendern über die Anitschkow-Brücke mit den vier Bronze-Skulpturen der Rossbändiger, an der Kasanskij-Kathedrale vorbei in die Straße Bolschaja Konjuschennaja. Hier reihen sich ältere Häuser aneinander – mal befindet sich darin eine Bäckerei aus den 50er Jahren, mal eine Filiale von Dior.
Köstlich essen
Wegen der Überfischung und der dezimierten Stör-Bestände ist echter Kaviar selbst in Russland keine Selbstverständlichkeit mehr. Wer dazu ein "Wässerchen", also einen guten Wodka probieren möchte, wählt die Lobbybar des "Grand Hotel Europe". Ein Degustations-Teller mit drei Kaviar- und sechs Wodka-Sorten kostet 60 Euro. Die traumhaft schöne Bar hat insgesamt 60 verschiedene Wodkas im Angebot (Newskij pros. Ecke Michajlowskaja ul., www.belmond.com/grand-hotel-europe-st-petersburg).
Das russische Restaurant mit Weinbar "Sadko" in unmittelbarer Nachbarschaft des "Mariinskij-Theaters" ist bekannt für seinen Kamtschatka-Krabbensalat. Reservieren! (Glinki ul. 2, Tel. 007/812/903 23 73, www.sadko-rst.ru)
Reisende mit schmalen Geldbeuteln suchen in einer der sieben Stolle-Filialen leckere, gefüllte Piroschki aus (zum Mitnehmen oder gleich Verzehren, www.stolle.ru).
Russische Spezialitäten und eine bunte Auswahl frischer Früchte türmen sich in der Markthalle "Kusnetschnyj rynok" (Kusnetschnyi per. 3) nahe der Wladimir-Kathedrale: eingelegte Auberginen, Gläser mit sibirischem Waldhonig und Aprikosen aus Usbekistan. Letztere leuchten wie die Zwiebeltürme einer Basilika. Und die "Krupskaya"-Schokolade gilt als die beste der Stadt. Die in buntes Papier gewickelten Pralinen tragen klingende Namen wie "Morgenröte" oder "Stern der Hauptstadt".

Der Rubel rollt
Große Marken und kleine Läden - in den Einkaufszentren der Stadt ist die Auswahl groß. An einem einzigen Vormittag das Kontingent der Kreditkarte ausschöpfen – kein Problem. Aber auch Schnäppchen in der Kategorie geblümte Damennachthemden sind möglich. Wem es nicht nur ums Shoppen geht, hat sicher Freude an den teilweise historischen Zentren wie ”Gallery", "Kaufhaus" oder "Passage".

Kunst und Katz und Maus
Katharina die Große wollte ihre Kunstsammlung nicht nur mit den Mäusen teilen. Die von ihr initiierte "Eremitage" ist neben dem Louvre und dem Prado eines der bedeutendsten Kunstmuseen der Welt. Um den Reichtum der barocken Säle und ihrer 60.000 Exponate zu erfassen, bräuchte man annähernd 70 Jahre. (Um nicht die längsten Stunden draußen vor der Tür in der Warteschlange auf dem Schlossplatz zu verbringen, unbedingt vor Reiseantritt Karten bestellen!). Für die Russen hat die "Eremitage" ungefähr den Stellenwert wie der Vatikan für die Katholiken. Nicht nur deshalb wird dieser Schatz auf ungewöhnliche Weise gepflegt: Ein Teil der 2500 Angestellten des Museums kümmert sich um die Hauskatzen des Museums, die wiederum die diversen Mäuse in Schach halten...
Schön übernachten
Am Ufer der Newa gelangen wir in einer Seitenstraße zum Hotel "Sonya" mit Bar und Restaurant "Metamorfos". DZ/F ab 134 Euro (Litejny pros.1/16, Tel. 007/812/406 00 00, www.radisson.ru/en/sonyahotel-stpetersburg).
Kaiserlicher Ausflug
Mit dem Tragflächenboot erreichen wir die imposante Zaren-Residenz "Peterhof". Dieses russische Versaille am Meer mit drei Kaskaden und 144 Fontänen sind genau das Richtige nach Stadt und Museumsluft. Beim Lustwandeln stoppen wir auf einen Kaffee oder ein Eis am holländischen Sommerhaus "Monplaisir" Peters des Großen.

Informationen
Für Russland ist ein Visum erforderlich, das rechtzeitig bestellt werden muss.
Kurzeisen nach St. Petersburg bietet zum Beispiel "Dertour" an.
Infos über aktuelle Veranstaltungen in der Stadt: www.visit-petersburg.com