Anzeige
Anzeige

Schneeschuhwandern: Spuren im Weiß

BRIGITTE-Mitarbeiterin Tinka Dippel entdeckte beim Schneeschuhwandern nahe Berwang im Skigebiet Zugspitz Arena eine neue Form der Meditation.

image

Ich fühle mich wie der erste Mensch, zumindest an diesem Morgen, die weiße Fläche vor mir ist unwiderstehlich unberührt. Dicker Puder bedeckt den Hang, der sich vor meinen Fußspitzen in eine Talsenke neigt, die Tannen und die Dächer der hölzernen Heuhütten. Nur ein Wesen, das gleichmäßig immer zwei parallele und dann zwei leicht hintereinander versetzte Tupfer im Schnee hinterlassen hat, muss gerade meinen Weg gekreuzt haben. "Ein Hase", sagt Gerd, der mich auf den Berg geleitet und gelegentlich davon abhält auszuscheren, weil ich wieder ein unberührtes Feld entdeckt habe.

Denn eigentlich will ich nur eins: losrennen, mich mitten in den weißen Puder werfen, durch die Makellosigkeit kugeln. Verschneite Hänge sind wie Sanddünen, sie wecken in mir ein nicht sehr tief verbuddeltes Kind.

image

Nur: Meine Spuren zeugten dabei bisher nicht gerade von Respekt vor der Unberührtheit - wie beim Hasen, der ein lang gezogenes gleichmäßiges Muster hinterlassen hat -, sondern von einem ungestümen und unbedachten Wesen. Jetzt trage ich zwei krallenartige Gebilde aus Plastik und Stahl an den Füßen, und die ermöglichen mir nicht nur, querfeldein zu laufen, dorthin, wo außer dem Hasen noch keiner vor mir war. Sie zwingen mich auch, immer schön gleichmäßig einen Schritt vor den anderen zu setzen, Schneeschuhe verheddern sich sonst schnell in Hosenbeinen.

Gerd und ich sind aufgestiegen, von der Straße zwischen Brand und Mitteregg nahe Berwang auf dem Weg zur "Kögele Hütte". Wir haben die Schneeschuhe an unsere Wanderschuhe geschnürt und uns an den Aufstieg gemacht - ich anfangs noch wackelig- ungläubig, weil ich den Plastiktellern mit Steigeisen nicht zugetraut habe, dass sie mir in Puder und Kristalldecke Halt geben. Dann wurde ich immer sicherer, bin steil einen Hang nach oben gelaufen, in einen gleichmäßigen Tritt gekommen. Die Straße ist aus unserem Blick, die Geräusche sind aus unserem Ohr verschwunden, nur noch das "Krrkzz, Krrkzz" der Krallen auf der Schneedecke ist zu hören.

Jetzt stehe ich vor dieser Talsenke, laufe los, das weiße Meer teilt sich entlang meiner Spur, meine Schritte federn gleichmäßig. Anstrengung? Wenn da eine ist, dann spüre ich sie nicht, bin in einem meditativen Zustand. Mit Schneeschuhen sinkt man kaum ein, ich fühle mich wie auf Siebenmeilenstiefeln, möchte weiterlaufen und immer weiter.

image

Aber Gerd lenkt mich von den Hängen der ringsum aufragenden Berge weg: in den Mulden sammele sich bis zu fünf Meter dick der Schnee, sagt er, das sei gefährlich, weil diese Massen plötzlich als Lawine runterkommen könnten. Er lotst mich zur "Kögele Hütte", wo wir die Skipiste kreuzen und uns für einen Tee auf der Sonnenterrasse niederlassen. Dann sagt er, meinen enttäuschten Blick ignorierend, es sei genug für heute, und macht sich an den Abstieg. Erst an der Straße, als ich anhalte, merke ich es: Da ist ein wenig Pudding in meinen Beinen. Dem Kind in mir ist das egal, das würde ewig weiterlaufen.

Reise-Info Zugspitz Arena

image

Übernachten "Sporthotel & Spa Singer". Familiengeführtes Haus mit großen gemütlichen Zimmern. Riesiger Wellnessbereich in eigenem Gebäude mit tollem Ausblick. Erstklassiges Restaurant. DZ/HP ab 130 Euro (A-6622 Berwang, Tel. 056 74/81 81, Fax 81 81 83, www.hotelsinger.at).

Schneeschuhwanderungen mit Gerd Amann, ab rund 25 Euro/Person, über das Hotel zu buchen (und über www.bergerlebnis-zugspitze.at). In der gesamten Zugspitz Arena bieten diverse Skischulen Schneeschuhwanderungen an.

Genießen "Kögele Hütte". Sonnenterrasse für eine Pause inmitten von Skipisten. Einfache Küche, Übernachtung in Mehrbettzimmern (Tel. 06 64/ 283 80 55, www.koegele-huette.at).

Info Tourismusregion Tiroler Zug spitz Arena, Am Rettensee 1, A-6632 Ehrwald, Tel. 056 73/ 200 00, www.zugspitzarena.com.

Weitere Schneeschuhreviere Rund um den Ort Bartholomäberg auf dem Sonnenbalkon vom Montafon in Vorarlberg ca. 25 Kilometer ausgeschilderte Routen. Viel Sonne und Ruhe.

Tipp: etwa fünfstündige Tour von der Barockkirche Bartholomäberg zur gut versteckten Jagdhütte mit grandiosem Panoramablick (Bartholomäberg Tourismus, Dorf 16, Tel. 055 56/731 01, www.bartholomaeberg.at).

Das Kötschachtal im Salzburger Land gehört zum Nationalpark Hohe Tauern; hier führt Ranger Hans Naglmayr und liest für Schneeschuhwanderer die Spuren der Tiere (Wieden 55, Bad Hofgastein, Mobil-Tel. 06 64/ 916 47 75).

Text: Tinka Dippel Fotos: Stephanie Füssenich Ein Artikel aus BRIGITTE 25/10

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel