Stromanbieter wechseln: mehr Rechte für die Verbraucher

Immer wieder gab es in der Vergangenheit Schwierigkeiten beim Wechsel des Stromanbieters: Verzögerungen, fehlende oder falsche Abrechnungen. Das hat viele Verbraucher verunsichert und davon abgehalten, den Stromanbieter zu wechseln. Dank einer Neuregelung durch die Bundesregierung (seit April 2012) soll es damit nun vorbei sein.
Die wichtigsten Änderungen:
- Der Wechsel soll deutlich schneller gehen. Drei Wochen nachdem ein Anbieter seinen neuen Kunden beim Netzbetreiber angemeldet hat, muss alles abgewickelt sein.
- Halten die Unternehmen die Frist nicht ein, müssen sie dem Verbraucher Schadensersatz leisten.
- Verbraucherbeschwerden müssen vom Unternehmen innerhalb von vier Wochen beantwortet werden.
- Werden die Streitigkeiten nicht geklärt, können sich Verbraucher an eine Schlichtungsstelle wenden, die kostenlos weiterhilft: Schlichtungsstelle Energie e.V., Tel. 030/27 57 240-0, info@schlichtungsstelle-energie.de
Wer bietet wirklich "grünen" Strom?
Die Zahlen klingen beachtlich: Drei Millionen Haushalte beziehen bereits Ökostrom. 730 Anbieter haben "grünen" Strom im Angebot mit insgesamt 1700 verschiedenen Tarifen - ganz schön verwirrend. Viele Angebote sind regional begrenzt und nicht vergleichbar. In einem aktuellen Test (2/2012) hat Stiftung Warentest deshalb 19 bundesweite Ökostromtarife ausgewählt und untersucht. Die Ergebnisse: Alle Anbieter liefern tatsächlich zu 100 Prozent Ökostrom. Doch nur 13 von 19 Angeboten garantieren einen "Zubau" - dass zum Beispiel neue Windkraftwerke gebaut und nicht nur die vorhandenen Anlagen genutzt werden.
12 von 19 Anbietern zeigen starkes Umweltengagement
Um gute Noten im Test zu erhalten, mussten die Anbieter aber noch mehr leisten: "Lichtblick" installiert beispielsweise in Privathäusern Mini-Blockheizkraftwerke, die gleichzeitig Wärme und Strom liefern. "Greenpeace Energy" bietet eine Vor-Ort-Beratung zur Modernisierung der Heizung und ein Carsharing-Projekt mit Elektroautos. Und bei den "Elektrizitätswerken Schönau" können die Kunden Mitglied in einer Genossenschaft werden. Am Ende vergaben die Warentester für 12 der 19 Tarife das Urteil "sehr starkes" oder "starkes Umweltengagement."
Nur vier Ökostromanbieter sind wirklich unabhängig
Es gibt kaum mehr einen Energieversorger in Deutschland, der keinen Ökotarif anbietet. Doch tatsächlich gibt es nur vier überregionale Anbieter, die in keiner Weise mit den großen Energieversorgern verflochten sind: Naturstrom, Lichtblick, Elektrizitätswerke Schönau und Greenpeace Energy. Wer also mit der Politik der großen Konzerne nicht einverstanden ist (z.B. dass sie Schadensersatz für den Atomausstieg fordern oder sich am Bau neuer Atomkraftwerke im Ausland beteiligen oder weiter massiv auf klimaschädliche Energie aus Kohle setzen) kann mit einem Wechsel zu einem unabhängigen Anbieter ein politisches Zeichen setzen.
Es gibt auch immer mehr Stadtwerke, die regional begrenzt Ökostrom anbieten (z.B. Hamburg Energie). Informieren Sie sich auf der Homepage, ob sie wirklich eigenständig sind oder an einem der großen Konzerne beteiligt sind und woher der Strom kommt.
Wie zufrieden sind die Kunden?
Stiftung Warentest stellte schon früher fest: Die vier unabhängigen Anbieter schneiden auch bei der Beratung von Neukunden und beim Service am Besten ab. Nahezu 100 Prozent der Kunden sind "zufrieden" oder "sehr zufrieden".
Energiewende: Woher kommt eigentlich unser Strom?
Die Energiewende kommt voran: 21 Prozent unseres Stroms stammen bereits aus erneuerbaren Quellen wie Wasser, Wind, Sonne und Biomasse - ein Wert, den viele Kritiker noch vor kurzem noch als utopisch einschätzten. Und es ist mehr, als wir durch Steinkohle (19 Prozent), Atomenergie (18 Prozent) und Erdgas (14 Prozent) gewinnen. Lediglich die Braunkohle liegt mit 25 Prozent noch vor den erneuerbaren Energien.
Eine Stromlücke muss trotz Atomausstieg niemand fürchten. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen kam schon 2011 in einem Gutachten für die Bundesregierung zum Ergebnis: Ohne jeglichen Komfortverlust kann Deutschland bis zum Jahr 2050 seinen gesamten Energieverbrauch aus erneuerbaren Quellen decken, dies sei "realistisch und bezahlbar."
Als Gerücht hat sich entpuppt, dass wegen der Energiewende bereits massiv Strom aus dem Ausland eingekauft werden musste, weil sonst die Versorgung zusammengebrochen wäre. Dies hatte offenbar betriebswirtschaftliche Gründe, denn gleichzeitig waren mehrere deutsche Gaskraftwerke nicht ausgelastet.
Nach Fukushima: Nein zu Atomkraft
In den ersten Wochen nach der Reaktorkatastrophe war die Nachfrage nach Ökostrom riesig. Mittlerweile ist das Interesse naturgemäß wieder etwas abgeflaut. Doch insgesamt haben die vier unabhängigen Ökostromanbieter seit März 2011 nahezu eine Million neue Kunden gewonnen. An der Spitze liegt Lichtblick mit nunmehr 530 000 Kunden.
Wie kann man Strompreise vergleichen?
Die Strompreise hängen von vielen Faktoren ab: Der Region, in der man wohnt, der Haushaltsgröße und dem jährlichen Verbrauch. Als erstes sollten Sie also auf der letzten Stromrechnung nach Ihrem Jahresverbrauch sehen. Generell gilt: Wer noch nie den Tarif gewechselt hat, kann fast immer sparen, denn die ursprüngliche Grundversorgung ist meist am teuersten. Deshalb ist es auch gut möglich, dass Sie mit Ökostrom nicht nur etwas für die Umwelt, sondern auch etwas für Ihren Geldbeutel tun.
Stiftung Warentest hat berechnet: Eine Familie mit einem Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden zahlt beim örtlichen Anbieter in der Grundversorgung durchschnittlich 1.046 Euro, für einen Ökotarif mit Gütesiegel nur 1.010 Euro. Zum Vergleich nutzen Sie am besten einen Tarifrechner im Internet, z.B. www.verivox.de oder www.toptarif.de. Wer auf alle Fälle einen konzernunabhängigen Anbieter wählen möchte, nimmt das Portal www.atomausstieg-selber-machen.de. Dort wird der Interessent gleich Schritt für Schritt zur neuen Anmeldung geleitet.
Und keine Angst: Sobald Sie einem neuen Anbieter den Auftrag erteilt haben, kümmert der sich um alles. Der alte Anbieter schaltet den Strom auch nicht ab - noch nie saß jemand wegen eines Wechsels im Dunkeln.
Welche Label gibt es für Ökostrom?
Viele Verbraucher gehen davon aus, dass es klare Vorschriften gibt, was Ökostrom eigentlich ist. Tatsächlich ist der Begriff gesetzlich nicht geschützt. Eine Orientierung bieten Gütesiegel, mit denen einige Angebote ausgezeichnet sind:
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OK Power-Siegel: Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, das Öko-Institut und die Umweltorganisation WWF stecken hinter diesem Label, mehr als 50 Tarife haben das Zertifikat. Ein Drittel des Stroms muss aus Anlagen stammen, die jünger als sechs Jahre sind, ein weiteres Drittel aus Anlagen, die jünger als zwölf Jahre sind. So sollen Anreize zum Neubau geschaffen werden.
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Grüner Strom Gold: Es wird von sieben Umweltorganisationen (u.a. BUND, Nabu) vergeben, Angebote von 100 Energieversorgern - wurden damit bislang ausgezeichnet, darunter auch viele kleine, regionale Anbieter. Die Kriterien sind besonders streng: Der Strom muss zu 100 Prozent aus regenerativen Quellen stammen, für jede Kilowattstunde fließt Geld in einen Fördertopf für Ökoprojekte.
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TÜV-Siegel: Die Prüfkriterien sind nicht einheitlich, die TÜV-Organisationen vergeben verschiedene Siegel. Das macht einen Vergleich für Kunden schwierig und verwirrend.
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RECS-Siegel ("Renewable Energy Certificate System"): Das Zertifikat ist handelbar. Auch eine Firma, die nur Atom- oder Kohlestrom erzeugt, kann es kaufen und dann "Ökostrom"anbieten.
Strom: Was ist beim Vertrag zu beachten?
Wenn Sie neuen Strom beantragen, sollten Sie beim Vertrag auf Folgendes achten:
-kurze Laufzeit, maximal ein Jahr, um flexibel auf Änderungen reagieren zu können -kurze Kündigungsfrist (z.B. vier Wochen) -keine Vorauskasse - sollte die Firma pleitegehen, sehen Sie Ihr Geld sonst nicht wieder -keine Extra-Gebühr für Zwischenabrechnungen
Vergleichen Sie die Tarife ohne den Bonus, den viele Lieferanten bieten, um neue Kunden anzulocken. Und deaktivieren Sie das voreingestellte Häkchen bei den Internetrechnern.