
Sie finden, wer eine Putzfrau beschäftigt, sollte Rücksicht auf ihre Gefühle nehmen? Das ist oft nicht der Fall. Was die polnische Putzfrau Justyna Polanska unter deutschen Betten so findet und beim Saubermachen zu hören und zu sehen kommt, erzählt sie in ihren Büchern "Unter deutschen Betten" und "Nicht ganz sauber". Hier lesen Sie Auszüge.
Sagt eine Kundin zu mir, während ich bei ihr bügle: »Justyna, Sie sehen aber heute gar nicht gut aus. So blass.« »Ach, ich habe nur eine leichte Erkältung. Das vergeht schon wieder. Bin nur noch ein bisschen schwach auf den Beinen.« »Also wirklich, Sie muten sich zu viel zu. Sie müssen kürzertreten. Denn tot nützen Sie mir ja nichts. Ach ja, helfen Sie meinem Mann gleich bitte noch, die Waschmaschine aus dem Keller hochzutragen und auf die Straße zu stellen? Danke.«
Eine Kundin fragte mich, als ich zum ersten Mal zu ihr putzen kam:
»Justyna, wollen Sie sich erst einmal umziehen?«
»Nein, kein Problem, ich ziehe nur meine Hausschuhe an.«
»Sind Jeans und Top nicht zu eng? Stört Sie das nicht bei der Arbeit?«
»Nein, lieb, dass Sie sich sorgen, aber mein Outfit schränkt mich nicht ein.«
»Ach so. Aber wollen Sie sich vielleicht erst einmal abschminken?«
»Wieso sollte ich mich abschminken?«
»Na ja, sonst verläuft ja alles, wenn Sie schwitzen und so. Ich gehe ja auch immer ohne Make-up ins Fitnessstudio.«
»Justyna, können Sie heute mal die Pornokiste auswischen und neu sortieren?« »Wie wollen Sie Ihre Filme denn sortiert? Nach dem Alphabet?« »Nein, nach dem Genre.«»Nach dem was?« »Na, nach der Art. Ich habe Pornos mit Gruppen, mit Lolitas, Asiatinnen, von hinten. Sie wissen schon.« »Hm, da kenne ich mich nicht so gut aus. Wie wäre es, wenn ich die Filme abstaube, die Kiste auswische und Sie dann die Pornos nach Ihren Vorstellungen sortieren?« »Okay. Und? Welchen von den Filmen würden Sie gerne sehen? Soll ich mal einen einlegen, und wir gucken den so nebenbei?« »Nein danke. Kein Bedarf.« »Schade. Sind Sie s ...?« »Ja, ich bin sicher.«
»Justyna, da ich im Büro sein werde, wenn Sie zum Putzen kommen: Schicken Sie mir bitte eine SMS, wenn Sie das Haus betreten. Und dann wieder eine, wenn Sie es verlassen. So kann ich mir Ihren Arbeitsbeginn und Ihr Ende notieren. Und bitte denken Sie daran, dass die Sportsocken von Adidas und die von Reebok getrennt voneinander geschichtet werden müssen. Sonst passiert wieder so ein Riesenchaos wie vor sechs Wochen, Sie erinnern sich?«
»Martin, ganz ehrlich: Ich habe dich doch schon so oft gebeten. Kannst du deine gebrauchten Kondome, wenn du fertig bist, nicht selbst entsorgen? Weißt du, wenn ich das dann Stunden oder Tage später wegmachen muss, das finde ich ziemlich eklig.« »Na, bei dir muss ja einiges schiefgelaufen sein in der Kindheit.« »Was bitte soll das denn jetzt heißen?« »Na, weil du total aggro und verklemmt reagierst. Benutzt ihr zu Hause keine Kondome?«
Ich putzte gerade die Badewanne, als ich hinter mir ein Geräusch hörte. Ich drehte mich um. Da stand Markus mit heruntergelassener Hose. Und lachte.
Auch, wenn er ein wenig pedantisch war, konnte der Herr Doktor doch sehr nett sein. An Weihnachten fand ich einen kleinen Plastikweihnachtsbaum mit meinem Namen. Daran hatte er viele kleine Geldscheine mit Geschenkband befestigt, so dass dieser über und über damit bedeckt war. Ich fand das rührend. Zwar dachte ich erst, das sei mein Weihnachtsgeschenk und fand beim Zählen heraus, dass es »nur« mein Lohn war, der mir aber immerhin mit Achtsamkeit präsentiert wurde.
Als ich wegen der Abrechnung mit ihr am Küchentisch saß, stand darauf eine große Schale mit etwa 100 Ferrero Rochers. Als ich fragte: »Darf ich mir eines nehmen?« war ihre Antwort: »Nein, die sind für meinen Kleinen.«
Hier ist meine persönliche Top-Ten-Liste von Dingen, die ich unter deutschen Betten gefunden habe: Platz 10: Zwei Milchpackungen. Die eine leer, die andere halbvoll und vergoren. Platz 9: Ein Viertel verschimmelte Pizza. Platz 8: Ein halbes Hähnchen. Platz 7: Benutzte Tampons mit Zeichen der Verrottung. Platz 6: Ein Kondom – benutzt. Platz 5: Ein Häufchen Hundekotze. Platz 4: Ein ganzer abgefallener Nagel des großen Zehs. Platz 3: Zwei frisch entfernte Weisheitszähne. Vom Vortag. Platz 2: Eine lebende Natter. Die war entkommen ... Platz 1: Die mumifizierten Überreste eines schon seit Wochen vermissten Hamsters.
Einmal hatte ich einen Kunden eine Zeitlang nicht mehr beputzt, weil er Geldprobleme hatte und sich eine Putzfrau nicht mehr leisten konnte. Als es ihm finanziell wieder besser ging, rief er mich an, und ich kam nach Monaten wieder in seine Wohnung. Da war ich nicht allein ... Hundertschaften von Kakerlaken waren über die Küche hergefallen. Überall wimmelte und kroch es.
Vielleicht lag es an seiner Ausbildung, einer gewissen Zwanghaftigkeit oder einem ausgeprägten Spieltrieb. Fest steht: Jedes Mal, wenn ich einen Schrank oder eine Schublade öffnete, hörte ich ein leises, aber deutliches Schnappgeräusch. Das kam von den langen Kopfhaaren, die der findige Herr mit Tesafilm über die geschlossenen Türen geklebt hatte. Um zu überprüfen, welche ich öffnete und welche nicht.
Anfangs machte es mir nichts aus, dass sie mich selbstverständlich duzte, ich sie aber im Gegenzug siezen musste. Einmal schlüpfte mir ein »Du« heraus, da wies sie mich sofort zurecht, dass sie das nicht wolle. Das sei ihr zu privat.
Einmal putzte ich die Treppe, als sie laut schreiend aus dem Schlafzimmer gerannt kam und zwei Stilettos dicht neben meinem Kopf in die Wand knallten. Die Absätze hinterließen tiefe Krater im Putz. Begleitet wurde die Attacke von: »SCHEISSE, MANN! FUCK! PUTZ SAUBER, DU SCHLAMPE!!!«
Hier kommt zum Abschluss noch meine persönliche Hitliste der besten Weihnachtsgeschenke. Ich kann Ihnen versichern, ich habe sie alle tatsächlich bekommen. Manchmal sogar mit einem netten Spruch garniert ...: Eine Packung Lebkuchen - vom Vorjahr; Ein Buch mit Putztipps - »Fachliteratur«; Ein Langenscheidt Deutsch - »Bildung ist so wichtig«; Eine Steige Obstkonserven - »Für Polen«; Ein Fresskorb - Alles eine Woche vor dem Ablaufdatum; Ein Teelicht und einen Teebeutel - »Für einen entspannten Feierabend!«; Ein Beutel Kräutermischung - »Leckere Salatkräuter«; Ein 5-Euro-Gutschein für H&M - Reicht für einen Haargummi ...; Ein Zwei-Euro-Stück - »Gehen Sie mal schön was trinken!«; Ein Würfel Traubenzucker - »Damit Sie auch immer viel Energie beim Putzen haben!«; Ein Kugelschreiber - von der Deutschen Bank; Zwei Flaschen Aldi-Wasser - ohne Kohlensäure ...; Ein Notfallnähset - aus dem Hotel.
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Ale Zitate stammen aus den Büchern >> Unter deutschen Betten und >> Nicht ganz sauber der polnischen Putzfrau Justyna Polanska (Knaur TB, 8,99 Euro).