Zweisamkeit oder doch zusammen in einer Gruppe?
Als Maren und Jens ihre gemeinsame Wohnung bezogen hatten, gaben sie eine Einweihungsparty für ihre Freunde. Eigentlich waren es zwei Feste in einem. Denn obwohl Maren und Jens schon fast ein Jahr zusammen waren, sahen die meisten von Marens Freunden jetzt Jens zum ersten Mal, und nur ein einziger von Jens’ Freunden kannte Maren. Auch an diesem Abend vermischten sich die Freundeskreise kaum. Später passierte dies ebenfalls nicht. Und noch später erst recht nicht, denn da hatten sich Maren und Jens schon wieder getrennt.

Ich will nicht behaupten, dass es daran lag, dass sie keine gemeinsamen guten Freunde hatten. Aber es war schon auffällig, wie isoliert die beiden als Paar waren. Und im Grunde spiegelte ihr streng geteilter Freundeskreis auch etwas aus ihrer Beziehung wider: dass sie nie die Auseinandersetzungen geführt hatten, die jedes Paar führen muss, um nicht nur zwei zu bleiben, sondern auch eine Einheit zu bilden.
Jeder braucht eigene Freunde, klar. Auch wenn niemand versteht, was uns mit Babsi verbindet, die nur für ihre Kunst lebt und furchtbar schnell beleidigt ist, oder wieso wir uns immer wieder mit Herbert treffen, dessen einzige andere Freunde Netflix und sein Smartphone sind. Aber wenn wir einen Freundeskreis haben, an dem der Partner nicht teilnimmt, besteht immer die Gefahr, dass er sich ausgeschlossen fühlt. Ein sehr bedrohliches Gefühl, weil irgendwo tief in uns noch die Angst unserer Ahnen steckt: Wer von der Gruppe ausgeschlossen wurde, der hatte wenig Chance, allein zu überleben. Mit guten gemeinsamen Freunden dagegen entsteht keine Eifersucht. Und sie sind die wichtigen Zeugen unserer Beziehung: Sie sprechen an, wenn sie Spannungen in unserer Partnerschaft wahrnehmen. Wir können sie fragen, ob sie unseren Liebsten in letzter Zeit auch so abwesend wahrnehmen. Wenn wir uns als Paar gemeinsam mit Freunden erleben, entdecken wir Seiten aneinander, die in unserer Zweisamkeit nicht auftauchen. In den Partnerschaften unserer gemeinsamen Freunde respektieren wir auch unsere eigene Beziehung: Gehen sie einfühlsamer miteinander um als wir? Fehlt ihnen unser Humor? Könnten wir uns auch, wie sie, deutlicher voneinander abgrenzen?
Durch gemeinsame Freunde fühlen wir uns einfach wohler
Doch vor allem stecken gemeinsame gute Freunde das Feld ab, in dem wir leben, lachen und uns aufgehoben fühlen. Das Eingebundensein in eine soziale Gemeinschaft, die Unterstützung durch andere und verlässliche nahe Beziehungen haben mehr Einfluss auf unser Wohlergehen als Bio-Vollkost und jedes Fitness-Training. Und durch gute gemeinsame Freunde entkommen wir den Schrecken der Kleinfamilie am besten. Wir fahren gemeinsam in die Ferien, wir feiern mit ihnen, unsere Kids entdecken in ihnen andere wichtige Erwachsene für sich. Und nicht zuletzt nehmen sie eine Überforderung aus unserer Beziehung: Der Liebste muss nicht mehr unser alleiniger Glücksspender sein.