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Göttergatten - die Leseprobe

Was fühlen Männer für ihre Frauen? Was nervt sie, was lieben sie? Im neuen BRIGITTE-Buch "Göttergatten" von Martina Rellin kommen sie zu Wort. Lesen Sie hier exklusiv einen Auszug.

Yoga für die Seele

Richard, 38, Kellner/Verwaltungsangestellter, 9 Jahre verheiratet, kinderlos

Andere Männer würden jubeln: Bei Richard und Beate läuft der Alltag friedlicher, seit die forsche Pharmaverkäuferin ein paar Gänge zurückgeschaltet hat. Der Grund dafür: Beates Yogafreund, der ihr Sakral-Chakra aktivierte

Ich hab immer gedacht: Wenn mal was sein sollte mit einem anderen Mann bei Beate, dann geh ich hin, stell den zur Rede. Nun ist schon seit anderthalb Jahren was, und ich, was tu ich? Ich koche Konny Kaffee, wenn er zu Besuch ist.

Konny ist Beates Yogafreund, so haben wir ihn Bekannten und Freunden vorgestellt. Alles hat damit angefangen, dass Beate und ich Rückenprobleme hatten. Sie ist Pharmareferentin, sie fährt mit dem Auto durch die Gegend und schwatzt möglichst vielen Ärzten in möglichst wenig Zeit möglichst viel von ihren Medikamenten auf. Sie ist ziemlich erfolgreich in diesem Job, das heißt entsprechend: Kilometer schrubben. Sie hängt hinterm Steuer und katzbuckelt bei den Medikussen, ich sitz mir 'n Wolf im Katasteramt. Das Ergebnis ist das Gleiche: Rückenprobleme. Beate kam irgendwann mit einem Flyer nach Hause: Yoga für jeden – auf Krankenkassenkosten, da haben wir uns zusammen angemeldet.

Was wusste ich vorher von Hatha-Yoga? Beim Inder hab ich immer die Nummer hundertsechsundfünfzig bestellt, Bharati Baigan oder so ähnlich, Auberginen mit Käse gefüllt und einer klasse Soße. Dann brachte Beate ein Programm für ein Yoga-Wochenende mit. Ich hatte meinem Bruder zugesagt, ihm beim Carport-Aufbau zu helfen, ich wollte ihn nicht hängen lassen, und ob ich wirklich achtundvierzig Stunden Ommmmms und tiefes Atmen wollte... Nicht wirklich.

Beate hatte Zeit und Lust dazu, da hab ich gesagt: "Selbst ist die Frau..." Beate und ich haben schon immer viel auch alleine gemacht, wir finden das normal. Wir beide waren immer ein Paar ohne großen Streit, böse Geschichten, ich hätte immer gesagt: "Also bei uns ist alles in Ordnung." Das war's auch wirklich, eigentlich sehe ich das immer noch so...

Ich habe ehrlich gesagt nicht im Traum dran gedacht, dass Beate beim Yoga jemand kennenlernen könnte. Beim Yoga gibt's doch eigentlich sowieso nur Frauen. Bis auf die special effects – entweder völlig indiskutable Esoterik-Spökis, gläubige Wassertrinker oder eben Frauenversteher. Konny ist so'n Frauenversteher. Er hat Beate beim Yoga-Wochenende das Programm persönlich nahe gebracht, sein Programm hieß: Yoga für die Seele, und praktische Übungen unterm Bauchnabel fürs Sakral-Chakra.

Ich habe gleich am Sonntagabend, als sie wiederkam, gemerkt, dass was anders war als sonst. Sie war so lalala und säusel, säusel, hat noch nicht mal gemeckert, dass die Spülmaschine nicht ausgeräumt war. Ich hab gesagt: "Sag mal, biste krank?" Da bringt sie diesen Hammersatz: "Nö, verliebt." Ich denke: Hä? Hallo? Sie sagt: "Ich wollte es dir sowieso sagen, ich möchte ehrlich mit dir sein."

Ehrlich mit mir sein, na toll! Sie macht Yoga für ihre Seele, und meine kriegt die Keule. Ich wusste gar nicht mehr, dass ich weinen kann. Ich hab geheult, und wie. Natürlich nicht, als sie da war.

Ich wusste gar nicht mehr, dass ich weinen kann.

Wir sind uns die nächsten Tage aus dem Weg gegangen, ich habe aber nachgedacht. Sie hatte gesagt, sie hätte sich verliebt. Das hat ein anderes Bedrohungspotenzial als: "Ich war mit einem in der Kiste...", so was hätte sie besser gleich für sich behalten. Beate hat dann die nächsten Monate immer mal 'ne Nacht auswärts gehabt und hat das gar nicht groß erläutert, ich wusste ja Bescheid. Wenn sie Anläufe gemacht hat, mir was zu erzählen, hab ich das abgewürgt. Ich fand nicht, dass unser Alltag nun groß anders war – das Einzige, was mir auffiel: Beate war wesentlich pflegeleichter als sonst, das fand ich natürlich nicht schlecht.

Irgendwann hatte ich Yogafreund Konny dann am Telefon, er war in der Stadt. Sollte er doch abends vorbeikommen. Er war aber vor Beate da, erst wollte ich ihm Tee anbieten, wir haben dann aber beide Bier getrunken. Ich konnte keine feindlichen Gefühle in mir feststellen.

An dem Abend hat Beate mal wieder einen Anlauf gemacht, mit mir zu schlafen. Als sie Konny gerade neu kennengelernt hatte, war das ganz schlimm mit ihr, das waren regelrechte Attacken auf mich, ehrlich gesagt war mir das zu viel, nach ein, zwei Wochen wollte ich gar nicht mehr – der Gedanke, dass sie mit einem anderen und mit mir... Mir fehlt nichts, wenn ich mal monatelang keinen Sex habe, das war schon immer so. Jedenfalls hab ich an dem Abend dann gesagt: "Wir sollten das lassen, solange du anderweitig engagiert bist." Den Satz hatte ich mir schon vorher so zurechtgelegt, ich wollte auch mal ein bisschen austeilen.

Unser Zusammenleben im Alltag ist die letzten anderthalb Jahre nicht schlecht. Früher war es so, dass Beate ständig gefordert hat: Ich sollte mehr machen, konkrete Sachen erledigen, aber auch Ideen haben, mich einbringen, sie hat manchmal moniert: "Immer bin ich hier diejenige, die alles in die Hand nehmen muss." Wenn es sich zugespitzt hat, hat sie nach Aussprache gedrängelt, das sah dann meistens so aus: Sie legt los – und ich sag irgendwann einfach gar nichts mehr, bei mir sind dann die Schotten dicht, ich sitz da, sie redet, ich lasse alles abperlen. Wenn sie anfängt zu weinen, ist bei mir alles aus, dann sag ich zu allem Ja und Amen, nur um den Flüssigkeitsanfall einzudämmen – an meine Versprechungen halt ich mich dann natürlich nicht.

Was sie nicht alles bei solchen Gesprächen rausgekramt hat, manchmal Sachen, von denen ich null Ahnung hatte, da sollte ich vor sechs Wochen, sechs Monaten oder sechs Jahren das und das gemacht haben... Oder eben nicht gemacht haben.

Ich kann mich an Ereignisse aus grauer Vorzeit nicht erinnern, wirklich nicht. Sie hat gesagt: "Es ist Missachtung, es ist Desinteresse, dass immer nur ich hier einkaufe, mir überlege, was wir essen können, koche..." Nein, ist es nicht, das ist Arbeitsteilung. Ich wäre nie auf die Idee gekommen zu ihr zu sagen: "Es ist Missachtung, dass du dein Auto nicht selbst zum TÜV fährst." Oder: "Ich ziehe deine Winterreifen auf, weil du es mir wert bist, ich stelle deine Telefonanlage ein, weil ich dich schätze, und dein Fahrtenbuch trag ich aufs Computerprogramm um, weil ich mich für dich interessiere." Mein Gott, das sind Dinge, die macht man für den anderen, und dann ist gut.

Frauen glauben, Männer ahnen, was Frauen wollen. Darum erwarten Frauen von uns bestimmte Handlungen. Ich sag mal ein Beispiel: Was machst du, wenn deine Frau einen Schwung Töpfe auf dem Küchentisch stehen lässt, abgewaschen? Du weißt, die Töpfe gehören in verschiedene Regale, die sind unterschiedlich hoch, zum Teil unter der Decke, deine Frau ist einen Meter fünfundsechzig groß. Sie hat nicht gesagt: "Stell die Töpfe weg", du weißt ja auch nicht, welchen wohin, vielleicht ist ein Spargeltopf dabei, und der gehört in die hinterste Ecke, weil der nur im Mai und Juni gebraucht wird – aber ist das der Spargeltopf oder doch ein Spaghettitopf? Und will sie wirklich, dass du die Töpfe verstaust – wenn ja, hätte sie vielleicht einen Zettel hingelegt. Die Erfahrung sagt dir: Was du machst, es wird falsch sein, also machst du erst mal gar nichts, man kann ja drüber reden. Falls sie dir denn das Wort lässt, wenn sie das entdeckt, und nicht gleich anfängt: "Du achtest meine Arbeit nicht, ich schrubbe die Töpfe, da kannst du die wenigstens wegstellen." So läuft das. So lief das.

Dieses Rumrechten ist ganz weggefallen. Auch dieses Denken, was sagen die anderen, was denken die von mir, das hat bei Beate auch sehr nachgelassen, seit sie ihren Yogafreund hat. Ich finde das gut, das macht sie freier, lockerer. Konny hat bei ihr was bewirkt, er redet mit ihr anders, als ich das tue, das Stichwort ist: Frauenversteher. Er arbeitet in einer Buchhandlung, die so ein bisschen esoterisch angehaucht ist...

Ich hab nichts dagegen, dass Beate ihre Interessen, die nicht meine sind, mit jemand anders teilt, meinetwegen auch mit dem Yogafreund. Dass das nicht überhandnimmt, dafür sorgt schon die Existenz von Konnys Freundin, die ahnt sicher auch, dass das mit der Yogafreundin Beate nicht rein platonisch ist, und Konny hat nicht vor, seine Beziehung aufzugeben, das macht er ziemlich deutlich. Beate sagt mir auch immer noch, dass sie mit mir alt werden will. Ich bin nicht beunruhigt im Ganzen, bis heute.

Für mich wäre eine andere Frau nie infrage gekommen, ich war mit Beate immer glücklich, so wie ich das verstehe.*

* Nach Redaktionsschluss schickte Richard folgende Mail: Die Yogastunden sind vorbei – Beate hat die Pille abgesetzt, wir wollen es jetzt noch mal wissen...

Aus: Martina Rellin, Göttergatten. Was Männer wirklich über ihre Frauen denken. 288 Seiten, 16,95 Euro, Diana-Verlag.

Die Autorin

Martina Rellin, geboren 1962 in Hamburg, lebt mit ihrer Familie bei Berlin. Sie absolvierte die Hamburger Journalistenschule, war Chefredakteurin der Zeitschrift "Das Magazin" und zählt zu den er-folgreichsten Sachbuchautorinnen in Deutschland. Mit ihren Büchern "Ich habe einen Liebhaber" und "Klar bin ich eine Ost-Frau!" stand sie wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste, ebenso mit ihrem Buch "Die Wahrheit über meine Ehe. Frauen erzählen" (2008, Diana Verlag). www.martinarellin.de

Martina Rellin auf Lesetour – die Termine

24.2.10, 20.15 Uhr, Thalia-Buchhandlung in den Hallen am Borsigturm, 13507 Berlin

2.3.10, 20.15 Uhr, Thalia-Buchhandlung, Obere Königsstraße 30, 34117 Kassel

3.3.10, 20.15 Uhr, Thalia-Buchhandlung in der Europapassage, Ballindamm 40, 20095 Hamburg

4.3.10, 20.30 Uhr, Lehmanns Buchhandlung Georgstraße 10, 30159 Hannover

8.3.10, 20.00 Uhr, Thalia-Universitätsbuchhandlung, Breite Straße 15-17, 18055 Rostock

9.3.10, 19.30 Uhr, Zeughaus, Ulmenstraße 15, 23966 Wismar

10.3.10, 20.30 Uhr, Buchhandlung Weiland, Marienplatz 21, 19053 Schwerin

17.3.10, 19.30 Uhr, Stadtbibliothek Heinrich Heine, Orangerie, Friedrichstraße 6, 99867 Gotha

18.3.10, 11.30-12.00 Uhr, Buchmesse Leipzig, LVZ Autorenarena, Halle 5, A100

19.3.10, 19.30 Uhr, Der Anker, Renftstraße 1, 04159 Leipzig

4.5.10, 20.00 Uhr, Zentralbibliothek, Hollestraße 3, 45127 Essen

5.5.10, 20.15 Uhr, Thalia-Buchhandlung, Westliche Karl-Friedrich-Straße 27-29, 75172 Pforzheim

18.5.10, 20.15 Uhr, Thalia-Buchhandlung, Leutragraben 1, 07743 Jena-Mitte

19.5.10, 20.00 Uhr, Thalia-Buchhandlung, Schillerstraße 5a, 99423 Weimar

20.5.10, 20.00 Uhr, Buchhandlung Peterknecht, Anger 28, 99084 Er-furt

27.5.10, 19.30 Uhr, Stadtbibliothek Magdeburg, Breiter Weg 109, 39104 Magdeburg

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