Menschen, die in einer echten Beziehung sind – oder waren –, wissen, dass eine so enge Bindung mit einem anderen Menschen nicht viel gemein hat mit den Märchen, die uns viele Filme und Serien erzählen. Beziehungen, egal ob romantisch oder platonisch, sind anstrengend, eine Menge Arbeit, voller Konflikte, Missverständnisse, Frust und Tränen.
Aber sie sind all diese Mühen auch wert, zumindest, wenn wir uns in einer Beziehung mit einem Menschen befinden, der uns nimmt, wie wir sind, uns den Rücken stärkt, uns aber auch manches Mal herausfordert, hinterfragt und spiegelt.
Wer eine echte, tiefe Verbindung mit einer anderen Person hat, der:die lernt hierbei auch die ein oder andere unangenehme Wahrheit, die uns die Disney-Filme unserer Kindheit genauso wenig beibringen konnten wie die romantischen Komödien es heute können.
Beziehungen sind harte Arbeit
In der Anfangszeit einer Beziehung scheint alles so einfach: Die andere Person ist interessant, alles ist aufregend und neu. Das Miteinander voller schöner erster Momente, vielsagender Blicke, zarter Berührungen … Doch über kurz oder lang kommen die ersten Wolken am rosaroten Liebeshimmel: Wenn wir nämlich feststellen, dass die Person vor uns keine bloße Idee, kein wahrgewordener romantischer Traum ist – sondern ein Mensch mit Ecken, mit Kanten, mit Meinungen, mit einer Vergangenheit, Traumata, Triggerpunkten.
Eine Beziehung kann nicht ohne Zwist und Streit wachsen – auch wenn das vielleicht auf den ersten Blick paradox klingen mag. Doch erst im Konflikt können wir voneinander lernen: Was die andere Person braucht und auch, ob und in welchem Ausmaß wir bereit sind, auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Eine Beziehung verlangt von uns, dass wir uns öffnen, dass wir vertrauen, dass wir verzeihen, unser Ego hintenanstellen, zu echten Kompromissen bereit und in der Lage sind.
Kurzum: Eine Beziehung kostet uns immens viel Energie, verlangt eine Menge harte Arbeit von uns und kann uns so manches Mal an unsere Grenzen bringen. Hierbei liegt es an uns – und uns allein – sich immer wieder die Frage vor Augen zu führen: Ist mir diese Partner:innenschaft die Mühen weiterhin wert?
Jede Beziehung ist einzigartig
Unsere Großeltern führen eine andere Art von Beziehung miteinander als unsere Eltern, unsere Eltern führen eine andere Form als wir und wir führen eine andere Art von Beziehung als die Generation nach uns. Selbst innerhalb unseres eigenen sozialen Umfelds gibt es teils signifikante Unterschiede, die aus einer Vielzahl von Faktoren heraus entstanden sind. Es gibt schlicht nicht "die eine" Art von Beziehung.
Und trotzdem neigen wir dazu, uns zu vergleichen. "Die beiden streiten sich ziemlich oft in der Öffentlichkeit", sagen wir vielleicht über ein uns nahestehendes Paar und meinen damit eigentlich: "Wir haben eine gesündere Art miteinander umzugehen, weil wir uns vor anderen nicht so angiften." Dabei kann es für das andere Paar genau die Art von Kommunikation sein, die für sie die beste ist und vielleicht würde es uns auch guttun, ab und an mal unsere Wut auf unsere:n Partner:in in einer Situation nicht herunterzuschlucken, nur weil andere Menschen im Umkreis sind.
Genau wie wir gelernt haben, dass kein romantisches Verhältnis miteinander – und schon gar keine Ehe – unbedingt eine Bindung auf Lebenszeit sein muss, so wie es bei der Generation unserer Großeltern war, so werden neue Generationen ganz andere Dinge lernen, die für sie zu einer gesunden Beziehung dazugehören. Alles ist im Wandel, auch unser Miteinander.
Irgendwann müssen wir die Angst überwinden, uns auf jemand anderen einzulassen
Wie gesagt: Eine Beziehung verlangt eine Menge von uns ab. Für manche ist das spürbarer als für andere, nämlich für die, die Probleme damit haben, sich auf eine feste Bindung mit einer anderen Person einzulassen. Die in ihrem Leben – vielleicht durch ihre Erziehung, vielleicht durch Erfahrungen mit (Ex)Freund:innen – gelernt haben, dass es gefährlich ist, sich auf andere Menschen einzulassen. Dass die Gefahr, verletzt zu werden, sehr hoch ist.
Der Mensch ist ein soziales Wesen und sicherlich muss sich niemand (entgegen des Narratives der Gesellschaft) unbedingt in einer romantischen Beziehung befinden, um glücklich zu sein – doch kaum ein Mensch kann ohne jede Art von sozialem Miteinander leben. Von uns allen wird also über kurz oder lang abverlangt unsere Bindungsangst zu überwinden und uns zu öffnen – so verletzlich und angreifbar uns das machen mag.
Liebe allein reicht nicht
Die Liebe hat viele Facetten und unsere (deutsche) Sprache ist kaum dazu in der Lage, jede Nuance der Liebe in Worte zu fassen, die ihr gerecht werden. Und trotzdem ist sie allein nicht genug, um eine Beziehung aufrechtzuerhalten. Es braucht mehr als das: Es braucht Respekt, Freundschaft, Verständnis, Vertrauen, Ehrlichkeit und Kommunikation.
Wir werden mit der Zeit automatisch feststellen, dass unser:e Partner:in nicht perfekt ist. Dass wir nicht in allem harmonisieren, dass dieser Mensch nicht immer unseren Ansprüchen entspricht. Die Liebe kann viel davon ausblenden, aber nicht alles. Es ist an uns, diesem Menschen trotzdem mit dem Maß an Respekt zu begegnen, dass wir uns selbst von anderen wünschen. Ihm mit Wohlwollen und Nachsicht zu begegnen. Genauso müssen wir aber auch selbst den Mut aufbringen, ihnen offen und ehrlich zu begegnen – auch wenn es beide Seiten schmerzen mag.
Alles endet
Ob durch Trennung, Krankheit oder Tod: Alles, jede noch so tiefe und glückliche Beziehung, jedes noch so schöne und erfüllte Leben, ist dazu verurteilt, zu enden. Irgendjemand wird die andere Person verlassen, ob euch nun zehn oder 100 Jahre des gemeinsamen Wegs vergönnt sind. Dass eure Zeit begrenzt ist, ist ein unumstößlicher Fakt – wie ihr diese Zeit nutzt, ist jedoch euch überlassen.