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Scheidungskrimi "Mein Mann ist ein Narzisst aus dem Lehrbuch"

Frauenkolumne: Zwei paar Hände liegen gefaltet links und rechts von einem Dokument, auf dem Eheringe liegen
© krivinis / Adobe Stock
Diese Geschichte schreibe ich unter Pseudonym. Der Grund dafür: Mein Ex-Mann nutzt gern jede Information, die er bekommen kann, gegen mich. Um mir, meinem neuen Lebenspartner, meinen Freundinnen zu schaden. Ich habe sogar ein paar Details verfremdet, um ihn nicht auf meine Spur zu bringen. Ich weiß, klingt wie eine schlechte Netflix-Serie. Doch in dem Scheidungskrimi, den ich erlebt habe, stecken hilfreiche Tipps – für alle, die vor einer ähnlichen Situation stehen.

An dem Tag, an dem mir klar wird, dass meine Ehe nichts für die Ewigkeit ist, rieselt leise der Schnee. Wir stapfen durch ein Winter-Wonder-Land, das alles in ein sanftes Grundrauschen taucht, als mein zukünftiger Ex-Mann sagt: "Du gehst unelegant. Du musst kleinere Schritte machen. Und du lachst zu laut." Ich antworte: "Ich gehe und lache seit 31 Jahren so, und es hat nie jemanden gestört. Ich denke nicht, dass ich das ändern könnte, selbst wenn ich wollte." – "Dann werde ich dich so lange erinnern, bis du es gelernt hast." Unser Sohn, ein paar Wochen alt, fängt an zu weinen, während sich in mir etwas zusammenzieht. Denn dieser Tag ist der Anfang vom Ende. Tatsächlich gehen noch zwei Jahre des Ausharrens ins Land, wir sind junge Eltern, das erste Kind, da wirft man ja nicht einfach so das Handtuch. Außerdem hat alles so magisch angefangen.

Mein Mann ist ein Narzisst aus dem Lehrbuch. Das Beziehungsmuster eines solchen Menschen ist fast immer das gleiche: Erst heben sie dich auf einen Sockel und beten dich an, dann stoßen sie dich runter, denn eigentlich ist ja er der Star, der anschließend deinen Wiederaufbau gestaltet, um sich als Held feiern zu lassen. Hinzu kommen viele Geheimnisse, Nachfragen unerwünscht. Finanzen, Vergangenheit, seltsame Seilschaften, Affären.

Es wird Zeit

Ich schlafe noch 24 Monate neben dem Feind in meinem Bett. Bis ich eines Morgens mit meiner Freundin telefoniere und mich plötzlich sagen höre: "Ich lasse mich scheiden!" – "Gott, bin ich froh", platzt es aus ihr heraus. "Hast du mal in den Spiegel geschaut? Es wird Zeit. Hast du einen Anwalt?" – "Nein, brauche ich einen? Vielleicht geht es auch ohne? Ich will sein Geld auch überhaupt nicht." – "Oh doch!", insistiert meine Freundin. "Kardinalfehler Nummer eins. Du fängst ein neues Leben an. Allein, mit Kleinkind. Du kannst jedes Polster brauchen. Du zückst jetzt dein Handy und fotografierst alles an Kontoauszügen und Finanzunterlagen, was du finden kannst, und dann suchen wir dir einen Terrier."

Ich lege auf und sehe eine magere Frau mit traurigen Augen im Spiegel. Ich will das nicht. Scheidungskrieg. Und doch ist es der Auftakt meiner Tour de Anwalt. Nicht nur, weil meine Familie und Freundinnen finden: Schmerzensgeld muss sein. Sondern, weil mein Mann mir eine Einverständniserklärung zur Unterschrift vorlegt, in der ich freiwillig auf alles verzichten soll, bis auf einen mickrigen Kindesunterhalt.

Erster Erkentnissgewinn

Im Mikrokosmus Scheidung muss man sich erst mal freischwimmen. Nur den Kopf über Wasser halten reicht nicht, wenn man finanziell und emotional nicht untergehen will. Zumindest bei einem Ex-Mann wie meinem. In jedem Fall gilt: Der Gang zum Anwalt lohnt sich immer, und wenn es auch nur die Erstberatung ist, die nicht mehr als rund 200 Euro kostet und übrigens häufig auch Rechtsschutzversicherungen übernehmen. Wer wirklich gar kein Geld zur Verfügung hat, kann beim Bundessozialgericht eine Verfahrenskostenhilfe beantragen (bsg.bund.de). Vielleicht steht danach auch nur die Erkenntnis, was man nicht will, aber es bringt einen auf jeden Fall weiter.

Zweite Erkenntnis: Augen auf bei der Anwaltswahl

Mein Anwalt Nummer eins ist ein Wald- und Wiesenanwalt, eine Empfehlung einer Bekannten meiner Eltern, er ist mir nicht mal sympathisch. Er behandelt mich wie eine Abiturientin, die unvorbereitet in die Leistungskursklausur gelaufen ist. Schon da hätten meine Alarmglocken läuten müssen. Immerhin lerne ich bei ihm: "Ihnen steht nicht nur Kindes-, sondern auch Ehegattenunterhalt zu. Auch wenn Sie gearbeitet haben. Durch die Kinderbetreuung konnten Sie als Selbstständige nicht alle Angebote wahrnehmen. Ihr Ex-Mann aber schon. Wir fordern jetzt erst mal alle Gehaltsnachweise an." Dank dieses ersten Termins erhielt ich schon bald eine monatliche Summe für meinen Neustart. Courtage, Kaution, Umzug, neue Möbel, das wäre anders kaum machbar gewesen. Der Auszug ist für mich ein Befreiungsschlag.Als hätte ich seit Langem erstmals wieder Luft zum Atmen. Vor meiner neuen Wohnungstür verbrenne ich am Abend mit Freundinnen meinen getrockneten Brautstrauß. Das neue Leben kann kommen.

Dritte Erkenntnis: Wenn’s ums Geld geht –Waffen schärfen!

Nächste Station ist der Zugewinnausgleich, also das, was man in einer Ehe zusammen an Vermögen erarbeitet hat. Dazu gehört der Kontostand am Tag der Trennung, Immobilien, aber auch Negativvermögen wie Kredite. Was ich noch nicht weiß: Abbezahlte Schulden gehören ebenfalls dazu. Selbst wenn man von ihnen nichts wusste. Meine neue Anwältin ist eine Frau Ende 50, unglaublich nett, vielleicht zu nett? Eine, mit der ich sofort einen Kaffee trinken gehen würde – was wir auch tun, über den Unterlagen und Briefen sitzend. Manchmal weine ich ein bisschen, weil ich es nicht fassen kann, wie mein Ex-Mann sein Vermögen und seine Einkünfte mithilfe seines Wadenbeißer-Anwalts kleinrechnet. Nicht mal die Androhung einer eidesstattlichen Versicherung, eigentlich ein guter Anwaltstipp, hilft. Eines Tages sagt meine Anwältin zu mir: "Nehmen Sie sich einen Privatdetektiv!" Ihr Ernst? Ich dachte immer, so was tun höchstens betrogene Ehefrauen in US-Filmen. Und doch frage ich: "Ist das nicht wahnsinnig teuer?" – "Günstig ist es nicht", antwortet die Anwältin, "aber in Ihrem Fall würde ich es tun."

Ich brauche ein paar Tage und Tritte, dann sage ich zu. Der Detektiv, den wir beauftragen, hat beste halbseidene Kontakte, und so erfahre ich bald, dass mein Ex-Mann bereits vor unserer Ehe Schulden hatte und sie mit mir zusammen (ohne mein Wissen) abbezahlt hat. Dass Geldbeträge im sechsstelligen Bereich auf seinem Konto und in seinem Handschuhfach, vorbei an der Steuer, ein- und ausgehen. "Darf ich diese Informationen überhaupt haben?", frage ich meine Anwältin. "Wir können ja nichts dafür, wenn sie nun mal zufällig in Ihrem Briefkasten lagen, oder?", zwinkert sie mir zu. Sie ist doch nicht zu nett, wie ich gedacht habe. Diesem Schritt verdanke ich, dass der Ehegattenunterhalt angepasst wurde; zusätzlich muss er alle Anwaltskosten tragen.

Vierte Erkenntnis: Immer etwas mehr fordern, als man haben will

Die Gegenseite, wie es so schön im Anwaltsdeutsch heißt, will ja schließlich immer sparen. Und so trifft man sich in der Mitte. Deshalb definiert die Summe, mit der ich ins Rennen gehe, die Mitte mit. Die Anwaltsschreiben kommen langsam zum Ende, ich fange an, mein neues Leben zu genießen, und bin bald sogar neu verliebt und wieder glücklich. Dafür tun sich neue Baustellen auf: Unser Sohn kommt zunehmend verstört und übermüdet von den Papa-Wochenenden wieder. Vielleicht ist es das Freizeitprogramm, vielleicht spricht mein Ex-Mann auch nicht allzu positiv über mich, herausfinden können wir es nicht. Er ist einfach noch zu klein.

Das Umgangsrecht, rät meine Anwältin, sollte immer im Sinne des Kindes gestaltet werden, nicht im Sinne der Eltern. Mit viel Hin und Her einigen wir uns auf einen dreiwöchigen Umgang, dafür länger in der Zeit, fünf Tage. Damit sind alle zufrieden. Mehr Regeneration durch größere Abstände.

Fazit

Unsere Scheidung ist inzwischen Jahre her. Mein Ex-Mann ist immer noch nicht in der Lage, mir "Guten Tag" zu sagen. Er bezahlt das, was er muss, nach Abzug des geteilten Kindergelds, auch wenn ich von Zeit zu Zeit mit einem Anwaltsschreiben nachhelfen muss. Ansonsten weiß ich nicht viel über ihn. Unser Sohn sieht ihn gern und kommt nach Papa-Tagen gut gelaunt nach Hause, mehr muss ich nicht wissen. Als Vater eignet er sich auf jeden Fall besser als als Ehe- oder Ex-Mann. Ich hätte mir gewünscht, unsere Scheidung wäre friedlicher verlaufen. Aber dann hätte ich aller Wahrscheinlichkeit nach den Kürzeren gezogen. Ich hatte keine Ahnung, zu was ich fähig bin. Mein dritter Anwalt – Nummer zwei ist inzwischen in Rente – formulierte es einmal so: "Es hängt alles vom Konfliktlevel ab. Was Sie erlebt haben, ist schon eher ungewöhnlich. In diesem seltenen Fall war die Hilfe durch den Privatdetektiv richtig und auch mal einen Schritt vorzupreschen und ihn erst hinterher legalisieren zu lassen. Die Gerichte können so eine Situation nicht erfassen und analysieren."

Am Ende hängt alles vom Umgang miteinander und vom gegenseitigen Respekt ab. Das gilt fürs Zusammenleben wie fürs Sichtrennen. Sollten Sie also belogen und betrogen werden: Gehen Sie zum Anwalt, bevor Sie sich trennen. Fürs Leben lernen nimmt da ganz neue Dimensionen an. Oder besser: Heiraten Sie den Richtigen. Und in keinem Fall einen Narzissten.

Brigitte

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