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3 Generationen erzählen Sollte man heute noch heiraten?

3 Generationen erzählen: Sollte man heute noch heiraten?
© OlgaStrelnikova/AdobeStock
Die Institution "Ehe" löst sehr unterschiedliche Reaktionen aus: manche können es nicht erwarten und heiraten direkt mit 18 Jahren, andere nie. Drei Frauen aus drei Generationen erzählen, was sie über die Ehe denken.

Unsere Serie "3 Generationen erzählen"

In der Redaktion diskutieren wir regelmäßig über Themen, die uns selbst bewegen – die Liebe, Erziehung, Job, Schönheit, das Altern oder den Sinn des Lebens. Dabei fällt immer wieder auf, wie unterschiedlich die verschiedenen Generationen ticken.

Daher haben wir die Serie "3 Generationen erzählen" ins Leben gerufen, in der Frauen aus dem erweiterten BRIGITTE-Kosmos zu Wort kommen. Es lohnt sich, immer wieder reinzuschauen!

Anna (20) ist sich (noch) unsicher, ob sie heiraten möchte

Ich kann mich nicht zu 100% für oder gegen die Ehe entscheiden. Ich bin mit meinem Partner seit vier Jahren zusammen und fühle mich oft unsicher, wenn im Freundeskreis scherzhaft gefragt wird, wann wir denn endlich heiraten. 
 

An sich bin ich der Meinung, dass eine standesamtliche oder kirchliche Hochzeit keinen Einfluss auf eine Beziehung hat und sehe auch keinen Sinn dahinter, meine Liebe durch eine Urkunde bestätigen zu lassen. Dazu kommt, dass im Falle einer Trennung, von der man natürlich nicht ausgeht, die aber dennoch passieren kann, eine Scheidung sehr viel aufwändiger ist. 

Andererseits ist als verheiratetes Paar vieles einfacher. Zum Beispiel, wenn es darum geht, in Notfällen Entscheidungen für den:die Partner:in zu treffen, wenn er:sie es selbst nicht kann. Auch finanziell gesehen gibt es viele Vorteile einer Eheschließung. Doch da frage ich mich häufig: Möchte ich mich in meiner Entscheidung von Dingen wie Steuern abhängig machen, wenn ich doch gar nicht unbedingt heiraten will? Deswegen bin ich mir selbst unsicher, ob ich heiraten möchten und letztendlich macht es vielleicht gar keinen so großen Unterschied wie man denkt. 

Julia (37) ärgert sich über die Vorteile, die nur Verheirateten zukommen


Direkt vorab: das Konzept Ehe ist für mich komplett antiquiert. Nur hoffnungslose Romantiker glauben noch an die eine große Liebe. Es ist nicht so, dass ich es nicht schön finde, wenn sich zwei Menschen das Ja-Wort geben und sich ewige Treue schwören, nur wird etwa die Hälfte davon wieder geschieden und ein sehr hoher Prozentsatz nimmt das mit der Treue auch nicht ganz so ernst – nichts mit Ewigkeit. Für mich ist das vollkommen nachvollziehbar: während das Konzept Ehe aus einer Zeit stammt, in der Menschen wesentlich früher starben und der Zweck dieser Verbindung wirtschaftliche Absicherung war, leben wir heute viel zu lange für nur eine einzige Beziehung und sind wirtschaftlich so aufgestellt, dass wir die Wahl haben, ob wir bleiben oder gehen. Wir entwickeln uns ständig weiter, verändern uns. Es ist nur logisch, dass wir an einen Punkt kommen, wo wir möglicherweise nicht mehr zusammenpassen. Natürlich gibt es Ausnahmen und Paare, die sich arrangieren und es gibt solche, die sich eigentlich nur noch nerven und trotzdem zusammenbleiben.

Geheiratet wird meist aus romantischen Gründen, mit einer Idealvorstellung von Liebe. Nur leider bleibt die Romantik nicht. Ergo geben viele erst sehr viel Geld für die Hochzeit aus und dann nochmal für die Scheidung. Andere Menschen verdienen sich daran eine goldene Nase. Was mich am meisten ärgert, ist, dass man immer noch gezwungen wird, zu heiraten, um in den "Genuss“ diverser Vorteile, sowohl steuerlich, als auch rechtlich zu kommen, egal, wie lange man bereits mit dem:der Partnerin zusammen ist. Sicherlich kann man einiges auch anders absichern, mit viel mehr Aufwand natürlich, aber beispielsweise gelten Mitversicherungen häufig nur für Verheiratete, ebenso Steuererleichterungen, Auskunft im Krankenhaus ist schwierig, ebenso das Thema Adoption, Erbschaft und und und. Mich macht vieles daran sehr wütend, vor allem weil das Konzept Ehe zwar immer noch als Nonplusultra gesehen und gelebt wird, aber eine Reklamationswahrscheinlichkeit von 50 Prozent hat.

Für Julia (49) ist die Ehe genau richtig gewesen – als Zeichen nach außen und auch nach innen


Ich weiß noch genau, wie ich vor dem Standesamt dachte: "Ach, ist ja nur ein formaler Akt!“, und es dann doch sehr einschneidend fand. Es war ja klar, dass Sich-Trennen, dann nicht mehr so einfach gehen würde, sondern rechtliche Konsequenzen hätte. Das gab der Sache für mich schon nochmal mehr Gewicht , und das fand ich auch gut. Ich fühlte mich danach sicher. Ich weiß als Scheidungskind und Tochter einer Alleinerziehenden, die ständig dem Unterhalt hinterherlaufen musste, dass das natürlich am Ende nicht stimmt. Aber es war auch mehr eine gefühlte Sicherheit als eine finanzielle, um die es mir ging. 

Wir haben dann auch noch kirchlich geheiratet, was mir nochmal näher ging; ein Versprechen vor Gott bedeutete mir viel und meinem Mann auch. Heute sind wir 20 Jahre verheiratet, haben drei Kinder und so manche Krise hinter uns, aber wir sind immer noch freundlich miteinander und zugewandt. Manchmal ahne ich auch, wie schwer es sein wird, sich wieder neu zu finden, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Aber für mich ist die Ehe genau richtig gewesen als Zeichen nach außen und auch nach innen. Ich mag das Verbindliche daran.

Brigitte

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