Willenskraft ist eine tolle Sache. Dank ihr können wir zum Beispiel unser Geld für einen schönen Urlaub sparen, anstatt es ständig mit beiden Händen für kurzfristige Glücksimpulse aus dem Fenster zu werfen. Wir können uns davon überzeugen, mehrheitlich Gemüse, Vollkornprodukte und gesunde Fettlieferanten zu essen, statt drei Mal am Tag Schokolade und Käsekuchen. Und wir können mithilfe unserer Willenskraft treu sein, selbst wenn uns dieser heiße Mensch an der Bar mit seinen Blicken ein eindeutiges Angebot macht.
Kurzum: Unsere Willenskraft hilft uns dabei, uns selbst zu kontrollieren und der Mensch zu sein (oder zu werden), der wir sein möchten. Zu blöd, dass wir unsere Willenskraft mit einer Gewohnheit schwächen, die für die meisten von uns fester Bestandteil des Alltags ist: Multitasking!
Multitasking kostet uns Willenskraft
Wie der Hirnforscher Prof. Dr. Martin Korte in seinem Buch "Hirngeflüster" erklärt, lässt Multitasking bzw. der Versuch dazu den sogenannten Stirnlappen in unserem Kopf ermüden (kurz gefasst). Damit knockt unsere "Lieblingsangewohnheit" genau den Teil unseres Gehirns aus, der unter anderem für bewusste Entscheidungen und unsere Willensstärke zuständig ist.
Je mehr wir also mit Aufgaben jonglieren und alle paar Sekunden von einem To-Do zum nächsten und wieder zurück switchen, umso geringer wird unsere Widerstandskraft gegenüber Versuchungen und umso schlechtere Entscheidungen treffen wir – weil wir schlicht und ergreifend keine Power mehr haben, unterschiedliche Optionen im Kopf durchzuspielen und über Konsequenzen nachzudenken.
Multitasking-Trigger minimieren
Um dem zu entgehen und nicht irgendwann wie willenlose Gestalten durch die Gegend zu laufen, rät Korte, unseren Alltag, so gut es geht, so einzurichten, dass uns während einer Tätigkeit möglichst wenig ablenkende Einflüsse umgeben. Also z. B. das Handy ausstellen und weglegen, statt offen auf den Tisch. Oder Outlook geschlossen haben und es lediglich in bestimmten Zeitabständen (bspw. einmal pro Stunde) gezielt öffnen, um E-Mails zu lesen, statt bei jeder eingehenden zu unterbrechen, was wir gerade tun.

Abgesehen davon, dass wir durch solche Gewohnheiten Multitasking reduzieren können, vermeiden wir auf diese Weise, für unnötige Entscheidungen wie "ich ignoriere jetzt die WhatsApp von Mama und konzentriere mich auf meinen Job" Willenskraft aufwenden zu müssen –da sie auch durch ständige, überflüssige Beanspruchung geschwächt wird, ein doppelter Gewinn für die Qualität unserer Entscheidungen.
Zugegeben: Sich in einer Ära der Großraumbüros, High-Speed-Kommunikation über zig Kanäle, Informationsfülle und 24/7-Universal-Verfügbarkeiten vorzunehmen, Multitasking aus seinem Alltag zu verbannen, wäre illusorisch. Doch das eigene Leben einmal zu beobachten und kritisch zu reflektieren, was wir tun können, um zumindest ein bisschen weniger all over the place zu sein, wäre wohl für viele eine kluge Entscheidung.